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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Ephren,
»Lebensweisheiten«

    E s herrschte eine ungewohnte Betriebsamkeit im Hafen von Koralion. Das blaue Licht des Gestirns Xati Mu fiel in majestätischen Strahlenbündeln vom Korallenschild auf die Stadt. Die schaumgekrönten Wellen des Ozeans Gijen brandeten gegen die rostbraunen Stützpfeiler der Korallenbäume. Heulend tobte der Stolze Wind durch die Röhren der Großen Orgeln und trieb die über den Straßen schwebenden Lichtkugeln vor sich her. Müßiggänger standen am Ende des Kais, dort, wo die Aquakugeln der Fischer festgemacht hatten.
    Erst vor ein paar Minuten hatten sich die großen Käfige rematerialisiert. In ihnen waren Tiere gefangen, seltsame Tiere, die mit ihren vier Flügeln und vier Beinen und dem Schnabel riesigen Insekten oder federlosen Vögeln glichen. Allein ihre Größe und ihr wilder Blick waren derart erschreckend, dass man unwillkürlich an Ungeheuer dachte. Hätten sie sich nicht in den Käfigen befunden, die Gaffer hätten die Tiere wohl kaum angestarrt. Doch so drängten sie sich hinter der Absperrung, die von einem Kordon aus Interlisten und Pritiv-Söldnern gebildet wurde.
    In dieser Schutzzone standen plaudernd Männer in Gruppen zu dritt oder viert zusammen. Sie waren in Leder gekleidet, hatten fettiges, verfilztes Haar und ebensolche Bärte und wirkten dreckig und ungepflegt. In ihren Gürteln steckten Peitschen. Ihr äußeres Erscheinungsbild
war ein Hohn der Kirche des Kreuzes gegenüber, und normalerweise hätte man sie sofort zum Tod am Feuerkreuz verurteilen oder wenigstens einem totalen mentalen Auslöschungsprogramm unterziehen müssen.
    Die provozierend zur Schau gestellte Überheblichkeit dieser Barbaren war mehr als ein Ärgernis für den Kardinal d’Esgouve. Mit finsterer Miene marschierte der Gouverneur des Planeten Ephren am Kai auf und ab. Der heftige Wind blähte sein Gewand auf und verlieh ihm das Aussehen einer rotvioletten Fledermaus. Seine beiden Gedankenhüter, ein paar in safranfarbene Kutten gekleidete Missionare und sein Privatsekretär, der Vikar Grok Auman, hielten respektvoll Distanz.
    Die zwanzig Bittschreiben um Versetzung, die der Kardinal an die Kirchenleitung geschickt hatte, waren bisher nicht beantwortet worden, so als hätten die Verantwortlichen ihn auf diesem verlorenen Planeten ein für alle Mal vergessen. Auch die Wahl des Muffis hatte nicht zur Verbesserung seiner Lage beigetragen, denn er verfügte nicht über genügend Einfluss, die Kardinäle dazu zu bewegen, ihr vorher gegebenes Versprechen einzulösen, ihn auf einen anderen, prestigeträchtigeren Planeten zu berufen. Die kurze Zeit des Konklaves auf Syracusa hatte in ihm den Wunsch verstärkt, nach Venicia zurückzukehren, dorthin, wo Komplotte geschmiedet wurden und wo er seinen Teil dazu betragen könnte, den verhassten Marquisatolen zu eliminieren. Doch je mehr Zeit verstrich, umso geringer wurde diese Hoffnung. Und seitdem litt er zunehmend unter unkontrollierbaren Wutausbrüchen, die ihn erschöpften und an den Rand des Wahnsinns brachten.
    Er hatte vehement gegen den Import dieser drachenähnlichen Flugechsen auf den von ihm regierten Planeten
gekämpft. Diese Ungeheuer – sie stammten vom Planeten Nouhenneland, im Sternhaufen Neorops gelegen – jagten ihm eine höllische Angst ein, seit er eins dieser Exemplare im Zoologischen Garten Venicias gesehen hatte. Und was diese Drachenbändiger betraf, sie ekelten ihn an und machten ihn gleichermaßen wütend. Sobald diese Barbaren hier ihre Aufgabe erledigt hatten, würde er ihnen schon ihre Überheblichkeit austreiben.
    Am Tag zuvor hatte ein Messacode auf seinem Schreibtisch gelegen. Der vom Seneschall Harkot geleitete Oberste Ethikrat der Kirche des Kreuzes bat ihn, das klerikale Rechtswesen nicht zu behindern und sich den Anordnungen des Großinquisitors Xaphox zu fügen. Also hatte er sich damit abfinden müssen, dass die Drachenbändiger mit ihren Bestien im Hafen gelandet waren. Diese Tiere waren auf die Jagd der Anakondas in den tropischen Wäldern Nouhennelands abgerichtet worden, denen man wegen ihrer schillernden Haut nachstellte. Nicht dass das ökologische Gleichgewicht Ephrens dem Kardinal besonders am Herzen lag – manchmal dachte er sogar, dass nur eine Naturkatastrophe seine Verbannung beenden könne –, aber er hasste es, seine Autorität von Scaythen, diesen Karikaturen menschlicher Wesen, untergraben zu sehen.
    Er blieb stehen und musterte zwei Drachenbändiger, die sich ein paar Schritte entfernt mit

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