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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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einen seltsamen Kontrast zu ihrem vom Alter gezeichneten Körper.
    »Ich bin Mâa, die Älteste aller Reisenden von El Guazer und wurde während der ersten Tage dieser Reise geboren. Meine Mutter starb, als ich noch nicht einmal sieben war. Meinen Vater habe ich nie gekannt. Zwar wurde er von der nuklearen Pest verschont, aber er zog es vor, auf der Erde zu bleiben, während er seiner schwangeren Frau befahl, mit den anderen Exilanten abzureisen. Obwohl ich mich dem Prinzip der relativen Zeit beuge, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass mein Vater schon seit fast zehntausend Erdjahren tot ist. Ehe meine Mutter starb, erzählte sie mir oft von der Erde. Trotz meines hohen Alters habe ich dank der Kryptogame noch manche ihrer Erzählungen in Erinnerung …«
    Die ebenfalls in Sari-ähnliche Gewänder gekleideten
Adeptinnen der alten Frau tranken förmlich ihre Worte, ebenso die Priester und alle Übrigen.
    »Aber wir sind nicht zusammengekommen, um über die Vergangenheit zu sprechen, kleine Ghë. Wie wir alle hast du gehört, was Kwin gesagt hat. Er sprach von einem schleichenden Übel, das die Erde zerstöre. Und er sprach von den zwölf Erwählten, den Repräsentanten der zwölf Kasten. Er behauptet, das Kastensystem sei von unserem Schutzherrn El Guazer etabliert worden. Das stimmt nicht. Die verschiedenen Aufgaben wurden je nach Begabung und Neigung von den Menschen übernommen. Erst dreißig SALG-Jahre später kam es unter dem Einfluss der herrschenden Familien zur Kastenbildung, damit sie ihre Vormachtstellung festigen konnten. Und deshalb verbreiteten sie auch die Legende der zwölf von der Erde geliebten Söhne. Aber die Herrschenden wissen noch immer nicht, welche Wahrheit sich hinter diesem Mythos verbirgt …«
    »Und was habe ich mit alledem zu tun?«, unterbrach Ghë Mâas’ Rede ungeduldig, worauf die Zuhörer ihr vorwurfsvolle Blicke zuwarfen.
    »Etwas Geduld, junge Frau. El Guazer war ein Seher, ein Weiser und eine der Säulen der Inddikischen Wissenschaft …«
    »Dann haben diese Männer also existiert?«
    »Hast du jemals daran gezweifelt?«, sagte Mâa lächelnd. »El Guazer sah voraus, dass ein fürchterlicher Krieg die Erde heimsuchen würde – ein Krieg des Denkens, ungleich zerstörerischer als alle konventionellen Kriege oder sogar ein Atomkrieg. Und unter diesem Übel, einer Versündigung gegen die Götter, leiden die Erde und alle anderen Planeten unserer Galaxie. Die Menschen haben mit unbeherrschbaren Kräften gespielt und werden sich durch
eigene Schuld im Nichts auflösen. Doch El Guazer hatte eine Vision: die Vision, dass die Menschheit nicht zum Untergang verurteilt sein würde, wenn sie von den zwölf Erwählten gerettet werde, zwölf einander in einer heiligen Union verbundene Menschen würden den Lauf der Zeit umkehren …«
    Ghës Herz schlug schneller. Mâas Worte bohrten sich wie Pfeile in ihre Brust. Sie hatte das Gefühl, aus einer langen Starre zu erwachen, endlich den Sinn ihres Lebens zu erkennen.
    »Aus Angst, von den Menschen, die an der nuklearen Pest erkrankt waren, angesteckt zu werden, wurde beschlossen, die Kranken zu töten. Also wurden mehrere hundert Millionen in Krematorien verbrannt; doch El Guazer gelang es, Zehntausende zu retten, die er an Bord eines Zuges aus Weltraumschiffen ins All schickte. Als Visionär wusste er, dass von den zwölf Erwählten auch eine junge Frau unter den Exilanten sein werde, die sich zehntausend Jahre später den anderen elf anschließen werde. Vor dem Abflug betraute er einige, mit außersinnlichen Wahrnehmungen besonders begabte asiatische Frauen, die Erwählte zu identifizieren. Meine Mutter und deine Großmutter gehörten zu diesen Frauen, Ghë. Sie traten die ihnen verliehene Macht an die herrschenden Familien ab und wirkten im Geheimen und in der Stille, wie einst die Hexen, wenn sie sich in Vollmondnächten trafen.«
    »Vollmondnächten?«
    »Der Mond ist ein Trabant des Planeten Erde, und Priester früherer Zeiten bezeichneten ihn als die Mutter des Universums, die Mondin. Diese Frauen – unter ihnen eine mit Namen Virnâ – haben auch die Kunst der Vision mittels der Kryptogame vervollkommnet. Die Priester haben
sie jedoch ermordet und sich ihres Namens und des Kults bemächtigt, um zu herrschen. Seitdem bekämpfen sie uns und zwingen uns, ständig im Untergrund zu leben.«
    »Und er? Und die da?«, fragte Ghë und deutete auf ihren Führer und die drei um den Kupferkessel kauernden Männer, aus dem der würzige

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