Sternenzitadelle
infrage, Eure Eminenz«, sagte Xaphox und verneigte sich. »Jedoch hat der Ethikrat in Venicia Euch eine Botschaft zukommen lassen …«
»Der Ethikrat hat keine Ahnung von den speziellen ökologischen Gegebenheiten auf Ephren! Wer weiß schon, welche Schäden diese geflügelten Monster im Inneren des Korallenschilds anrichten werden?«
»Unsere Tiere sind keine Monster!«, sagte einer der Schlangenjäger. »Wir haben sie abgerichtet, damit sie die Schlangen jagen, nicht, um die Umgebung zu zerstören.«
»Die Wälder Nouhennelands sind mit dem Korallenschild nicht zu vergleichen!«, entgegnete der Kardinal heftig.
»Das mag sein. Aber unsere Tiere sind derart geschmeidig, so etwas habt Ihr noch nie gesehen. Sie können in Löcher eindringen, in die Ihr niemals eindringen könntet … wie zum Beispiel in den Bauch einer Frau.«
In diesem Moment verlor Kardinal d’Esgouve seine autopsychische Selbstkontrolle. Sein kantiges Gesicht wurde zu einer hassverzerrten wütenden Maske.
»Entschuldigung«, sagte der Barbar. Ihm fiel ein, dass die Kreuzler überhaupt keinen Sinn für Humor besaßen. Er hatte doch nur auf das Keuschheitsgelübde der Geistlichen anspielen wollen.
»Noch eine solche Bemerkung, und es wird Ihnen leidtun, mir jemals begegnet zu sein!«
Der Mann war sprachlos. Nervös kramte er in seiner Tasche, zog eine kleine Blechdose hervor, öffnete sie, entnahm ihr ein paar braune Blätter und steckte sie in den Mund.
»Dieser Aufwand scheint mir im Verhältnis zum erstrebten Ergebnis doch etwas übertrieben«, fuhr der Kardinal mit ruhiger Stimme fort, in der unterdrückter Zorn mitschwang.
»Schon viel zu lange führt diese Frau mit ihrem Kind die geistlichen und weltlichen Autoritäten des Ang-Imperiums an der Nase herum«, entgegnete Xaphox.
Ein Windstoß riss ihm fast die Kapuze vom Kopf und enthüllte sein hässliches, zernarbt aussehendes Gesicht und seine gelben, pupillenlosen Augen.
»Sie stören uns in keiner Weise! Außerdem werden sie derart strikt überwacht, dass sie auf keinen Fall mit den Bewohnern dieses Planeten in Kontakt treten können.«
»Aber beide sind Feinde des Glaubens, Eure Eminenz. Sollten wir sie in Freiheit lassen, werden sie zu Idolen, zu Symbolen einer krankhaften Verehrung und Keimzellen einer ketzerischen Bewegung.«
»Die Auslöschungsämter wurden geschaffen, um gerade solche Verhaltensweisen zu korrigieren. Es gibt also keinen ausreichenden Grund, diese … diese Raubtiere in den Korallenschild loszulassen.«
»Wir haben schwerwiegende Gründe, diese Riesenschlangen
zu eliminieren, Eure Eminenz. Zum einen ihre Zahl. Außerdem verhindern sie durch ihre ständige Wachsamkeit, dass wir dieser ehemaligen Thutalin Oniki Kay und ihres Sohnes habhaft werden können. Und sie haben alle Pritiv-Söldner verschlungen, die wir in den Korallenschild geschickt haben.«
»Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht, Männer als eine willkommene Mahlzeit für diese widerlichen Reptile dorthin zu schicken? Das menschliche Leben ist ein kostbares Gut, Inquisitor.«
»Also gibt es einen Grund mehr, dass uns die Schlangenjäger von diesen Kriechtieren befreien. Sie sind ebenso gefährlich wie unnütz. Ganz zu schweigen davon, dass sie Oniki Kay und ihren Sohn zu beschützen scheinen. Allein diese Tatsache lässt darauf schließen, dass sie über übernatürliche Kräfte verfügen.«
»Hütet Euch vor einer Blasphemie! Nur das Wahre Wort ist übernatürlich!«
»Wie wahr, Eure Eminenz. Ich wollte eher sagen, es handelt sich dabei um geheime, der Hexerei verwandte Praktiken. Das Tribunal der Heiligen Inquisition hat in den Köpfen der Ephrenier einen zunehmenden Abfall vom Glauben entdeckt, der wohl in direktem Zusammenhang mit der wie durch ein Wunder erfolgten Rettung Oniki Kays steht.«
Der Kardinal nickte und ging mit schnellen Schritten zu dem ersten der hundert am Kai in einer Reihe aufgestellten Käfige. Sein brüskes Erscheinen – oder die leuchtenden Farben seiner Kleidung – erschreckte den eingesperrten Schlangenfresser. Er schlug mit den Flügeln und bohrte seine spitzen Klauen zwischen die Gitterstäbe.
Das Tier erweckte keinerlei Sympathie. Es war etwa drei
Meter hoch und fünf oder sechs Meter lang. Die Ränder seines langen gebogenen Schnabels waren so scharf wie Klingen. Sein Kopf ähnelte dem eines Raubvogels, gekrönt von einem grauen gezackten Kamm. Die Augen waren rund und schwarz, Hals und Beine waren mit Flaum und einzelnen blaugrünen Federn bedeckt.
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