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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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fröhliche New Yorker. Das sieht man. Aber er ärgert sich nicht über mich, sondern über sich selbst. Es kommt dennoch kein negatives Wort über seine Lippen. »Das war schon ganz gut«, sagt er stattdessen. »Aber ich muss das Klebeband schneller abrollen und fester andrücken.«
    Die siebenundfünfzig Sekunden erweisen sich als wahnsinnig schwer zu knacken. Entweder braucht Ashrita zu lange – oder ich plumpse zu schnell von der Wand, sobald er den Hocker wegzieht, auf dem ich während des Festklebens gestanden habe.
    Was anfangs noch wie ein Spiel an einem Kindergeburtstag aussieht, wird nach einer Reihe von Versuchen tatsächlich anstrengend – zumindest für denjenigen, der abrollen und kleben muss. Als uns irgendwann das Klebeband ausgeht, beschließen wir, es für heute gut sein zu lassen. Wir hängen die von Sri Chinmoy gemalten Bilder wieder auf, die wir vorher abgenommen hatten, um genügend Platz an der Wand zu schaffen, ebenso wie die Fotos, auf denen der Guru zu sehen ist, wie er Nelson Mandela, Muhammad Ali und Yoko Ono in die Luft hebt. 17
    Keine Kategorie fürs Hopsen
    Am nächsten Tag treffen wir uns vor Ashritas Haus. Es liegt ganz in der Nähe von seinem Reformhaus und den beiden Cafés, in denen wir gestern waren. An der Hauswand lehnt der weltgrößte Hula-Hoop-Reifen. Sein Umfang: 15,8 Meter. Ashrita hat ihn vor einigen Jahren selbst gebaut und immerhin eine Minute lang um seine Hüften kreisen lassen. Es gibt bestimmt viele Menschen, die auch allergrößten Spaß daran hätten, solche Dinge zu konstruieren, im Sackhüpfen gegen ein trabendes Yak zu gewinnen oder eine Stunde am Tag Briefmarkenweitpusten zu veranstalten. Aber es gibt nur wenige wie Ashrita, die sich auch trauen, es zu realisieren. Die meisten fühlen sich vermutlich für solchen Kinderkram zu alt.
    »Ich langweile mich wahnsinnig schnell«, sagt Ashrita, als er mir seinen Garten mit diversen Trainingsgeräten und einem Samuraischwert zum Apfelteilen zeigt. »Ich bin froh, dass ich ständig für verschiedene Rekorde gleichzeitig trainieren kann und somit Abwechslung in meinem Leben habe. Einfach nur joggen zu gehen, wäre für mich die Hölle. Ich muss dabei etwas Besonderes, etwas Verrücktes tun.«
    Heute steht Skipping auf dem Programm – ein Hopserlauf, wie ihn Kinder die Straße entlang machen, wenn sie gute Laune haben. »Man muss sich das mal vorstellen«, sagt Ashrita kopfschüttelnd. »Es gab das Guinness-Buch schon über fünfzig Jahre lang – und sie hatten keine eigene Kategorie fürs Hopsen.« Es macht ihn fassungslos.
    Natürlich hat er die Leute vom Guinness-Buch überzeugt, dass Skipping eine eigene Kategorie verdient – und prompt den Rekord für den schnellsten Marathon im Hopserlauf aufgestellt (fünf Stunden fünfundfünfzig Minuten). Aber das ist schon sieben Jahre her. Jetzt muss er wieder trainieren, um den Rekord über zehn Kilometer zurückzuerobern, den ihm jemand abgejagt hat.
    Es sieht kurios aus, wenn ein erwachsener Mann im Trainingsanzug eine winterliche Straße auf und ab hüpft wie ein kleines Mädchen, das gerade eine Puppe geschenkt bekommen hat.
    »Hey, alter Mann«, ruft eine Gruppe Jugendlicher, die im Park herumlungern, provozierend herüber. »Bist du glücklich oder was?«
    »Oh ja«, ruft Ashrita atem-, aber furchtlos zurück. »Und wie!«
    Die Jungs in den dicken Jacken spüren wohl, dass er die Wahrheit sagt – denn sie lassen ihn in Ruhe weiterhopsen.
    Kindliche Begeisterung statt Sponsorengelder
    Nach der Trainingseinheit gehen wir zurück zum »Panorama Café«. Es steht noch ein anderer Rekord auf dem Programm: Kniebeugen auf einem Balanceboard. Ein Balanceboard ist eine Art Skateboard, nur ohne Räder. Stattdessen liegt es lose auf einer großen Walze. Sagen wir so: Ich schaffe es nicht einmal, zehn Sekunden darauf stehen zu bleiben. Ashrita will darauf mehr als zweiundfünfzig Kniebeugen in einer Minute machen – denn das ist nun mal der gegenwärtige Rekord.
    Sein Ehrgeiz richtet sich dabei wie immer nur gegen ihn selbst: »Wenn jemand anders einen meiner Rekorde bricht, freue ich mich für die Person.« Auch Sponsorengelder kommen für den New Yorker nicht infrage: »Ich bekomme immer wieder Angebote von Firmen, die mich finanziell unterstützen wollen. Aber daran habe ich kein Interesse. Es würde für mich den Sinn zerstören, wenn ich mich für meine Rekorde bezahlen ließe.«
    Ich frage ihn, was ihn stattdessen antreibt, so viel von seiner Freizeit für das Training

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