Sternhagelgluecklich
unterwegs zu sein, könnte sich zum Beispiel auf weniger anstrengende Kreuzfahrten verlagern, sobald die Kraft nicht mehr reicht, um stundenlang im Sattel zu sitzen. Jemand, dessen Oberziel »sich mit Technik beschäftigen« ihn für das Motorradfahren begeistert hat, wird – wenn es irgendwann mit dem Selberfahren nicht mehr klappen sollte – auf dem Kreuzfahrtschiff vermutlich unglücklich und ist in Auto- und Motorradmuseen oder beim Basteln in der Werkstatt möglicherweise besser aufgehoben.
Je mehr unterschiedliche Oberziele ein Mensch im Leben habe, schreibt Irle in seinem Buch, desto weniger schlimm sei es für ihn, wenn einige davon irgendwann einmal nicht mehr erreichbar sind. Oft sei es auch nötig, die Verbindung zwischen den Ober- und manchen Unterzielen sukzessive zu kappen – und seine Ziele möglichst nicht zu konkret und starr zu formulieren. »Nun werden nach Schätzungen von Wissenschaftlern nur maximal fünf Prozent aller Menschen im Alter weise. Dennoch gelingt es auch dem überwiegenden Teil des Rests, sich irgendwann von den alten Zielen, die nicht mehr erreichbar sind, zu lösen. Die bemerkenswerte Nachricht ist die, dass dies den meisten von uns so gut gelingt, dass wir auch im Alter bis mindestens zum achtzigsten Geburtstag eine Lebenszufriedenheit verspüren werden, die es mit der in jungen Jahren aufnehmen kann.«
Hilfreich sei dabei, dass sich auch unsere Emotionen im Alter verändern: So hat beispielsweise Ursula Staudinger, eine der führenden deutschen Gerontologinnen, nachgewiesen, dass im Alter die Zahl negativ erlebter Emotionen abnimmt, die Zahl der leicht positiv gefärbten Emotionen hingegen zunimmt, während die Zahl der intensiven positiven Emotionen gleich bleibt. Unterm Strich also eine ganz erfreuliche Bilanz.
Auch Frau Knapp, kaum noch mobil und halb blind, antwortet, wenn man sie fragt, ob sie glücklich ist: »Ich bin sehr zufrieden! Worüber soll ich mich denn beklagen? Die Leute können mich leiden, ich komme mit allen gut aus. Gibt auch viele hier, die meckern immer nur den ganzen Tag. Aber was bringt mir das denn? Ich kann meine Sportsendungen im Radio hören und ab und zu ein Hähnchen essen. Mehr brauche ich gar nicht.« Dann rollen wir zum Grillimbiss an der Ecke. Alleine würde sie den Weg über die diversen Kreuzungen nicht mehr schaffen. Sie zu ihren Geschäften und ein wenig unter Leute zu bringen und mit ihr anschließend noch eine Tafel Schokolade zu kaufen (»Eigentlich wollte ich ja abnehmen, aber vielleicht ist es auch schon egal …«), ist also mein bescheidener Beitrag zu ihrem bescheidenen Glück. Manchmal braucht es viel weniger, als man denkt.
10 Kirchgänger seien übrigens ein Sonderfall, schreiben die Autoren der Studie »Positive Moods Derived From Leisure and Their Relationship to Happiness and Personality«. Einerseits leiden sie im Durchschnitt seltener an psychotischen Störungen, seien also schon mal dadurch tendenziell seltener unglücklich. Andererseits lügen sie aufgrund sozialer Erwünschtheit bei Befragungen häufiger.
11 Denn leider macht die Ehe nicht nur glücklich, sondern auch dick. Die Forscherinnen Argys, Averett und Sikora untersuchten 2008 rund zwölftausend Frauen und Männer zwischen achtzehn und fünfundvierzig. Ihr Ergebnis: Nach der Heirat legen Männer im Schnitt 1,5 Punkte und Frauen 2,0 Punkte im Body-Mass-Index (BMI) zu – zusätzlich zu der normalen Gewichtszunahme durch das höhere Alter. Eine andere Studie der University of North Carolina ergab, dass Verheiratete etwa dreimal so oft übergewichtig sind wie Singles. Bei Menschen, die ohne Trauschein zusammenleben, waren es immer noch doppelt so viele.
12 Kahneman stützte dieses Ergebnis mit einer weiteren Studie, in der eine Darmspiegelung, die für kurze Zeit sehr schmerzhaft war und danach mäßiger schmerzhaft weiterging, von den Probanden als angenehmer empfunden wurde als eine, die für kurze Zeit sehr schmerzhaft war und danach sofort endete.
13 Deshalb ärgern sich Menschen auch häufiger über Filme, die ein schwaches oder unglaubwürdiges Ende haben – nur selten beschwert sich jemand: »Der Film war großartig, aber der Anfang ein wenig zu schmalzig.«
Zehn kleine Glücksmomente
• Bei einem nächtlichen Sommergewitter zu Hause im Bett liegen und Blitz und Donner durch das geöffnete Fenster beobachten
• Der Moment am Nachmittag, in dem sich ein besonders schlimmer Kater verflüchtigt und man zum ersten Mal wieder Hunger bekommt
• Wenn
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