Sternhagelgluecklich
wenig so, als spiegelte sich das Glück in den Menschen, mit denen man es teilt, und strahlte sogar noch verstärkt wieder auf einen selbst zurück.
Als ich mich später etwas intensiver mit dem Thema Glück beschäftige, stelle ich fest, dass diese Erkenntnis alles ist, nur nicht neu. Schon Aristoteles ging davon aus, dass für ein glückliches Leben (das er »eudaimonia« nannte) das Glück anderer Menschen und ein »Leben in der Verflochtenheit« nötig seien. Geteiltes Glück sei die geistige Voraussetzung für das Erreichen gemeinsamer Ziele und gleichzeitig die Voraussetzung, um andere zu verstehen oder sich mit ihnen identifizieren zu können. Von den vielen Denkern, die in den nachfolgenden Jahrhunderten darauf aufbauten, formulierte es wohl niemand so prägnant wie Albert Schweitzer, der schrieb: »Das Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.«
Die vielen Wege zum Glück
Doch welche anderen Rezepte gibt es für ein glückliches Leben – abgesehen davon, die richtige Person zu heiraten und allein schon dieses Glück mit anderen zu teilen? Die Reihen der Ratschläge, der Studien, der Ratgeberbücher und Fernsehsendungen, die sich dem Thema widmen, sind endlos. Es gibt die Theorie von der »Bestellung beim Universum« und den Büroseufzer: »Ich brauch dringend Schokolade – die macht ja glücklich!« ProSieben sendet den »Glücksreport«, und die neugegründete Zeitschrift »happinez«, die sich selbst als »Mindstyle Magazine« bezeichnet, rät unter anderem: »Flüstern Sie sich heute mehrmals zu: Ich liebe das Leben, und das Leben liebt mich.« Und sie empfiehlt als Glücksrezept, sich mit den Fingern auf die »13 Entspannungspunkte Ihres Körpers« zu klopfen, bis ein »Pop-up« erscheint – ein Gefühl, das angeblich so plötzlich auftaucht wie ein Werbefenster im Internet.
Jeder scheint andere Tipps aus dem Hut zu zaubern, wenn es darum geht, wie ein zufriedenes Leben am besten zu erreichen sei. Selbst die antiken Philosophen hatten mehr als eine Meinung dazu: Während Aristoteles oder Stoiker wie Seneca davon ausgingen, dass man Glück durch geistig-philosophische Tätigkeit, durch Tugendhaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein erreiche, setzten hedonistische Glücksphilosophen wie Epikur eher auf individuelle und körperlich-sinnliche Lust.
Doch wer Epikur nur als genusssüchtigen Hedonisten darstellt, dem es ausschließlich um körperliche Freuden und schnelle Befriedigung der Bedürfnisse ging, tut ihm unrecht. So schrieb er in einem Brief an seinen Freund Menoikeus: »Es ist unmöglich, ein lustvolles Leben zu führen, ohne dabei auch vernünftig, edel und gerecht zu leben. Und es ist ebenso unmöglich, vernünftig, edel und gerecht zu leben, ohne dabei lustvoll zu sein.« Es gibt also mindestens ebenso viele Glücksrezepte wie unterschiedliche Kekssorten in einem der gigantischen Supermärkte von Las Vegas.
Natürlich kann niemand jeden Glücksratschlag ausprobieren – schon allein, weil es scheint, als kämen täglich fünf neue dazu. Ich habe mir für dieses Buch aber vorgenommen, zumindest von den Glücksrezepten, die mir sinnvoll erscheinen, so viele wie möglich auszuprobieren. Und damit es am Ende keine Tränen gibt: Nein, die »Bestellung beim Universum« ist nicht darunter. Meine Leidensbereitschaft und meine Toleranz für Quatsch haben Grenzen.
Trotzdem soll das Spektrum der Dinge, die ich dem Realitätstest unterziehe, möglichst breit sein: alte Weisheiten und moderne Theorien, fernöstliche Ideen und modern-pragmatische, Langzeitversuche und einmalige Experimente, Abstraktes wie Meditation und Handfestes wie Psychopharmaka. Ein Jahr lang will ich versuchen, an verschiedenen Schrauben zu drehen, um herauszufinden, wie ich mein Leben glücklicher und zufriedener leben kann – wenn es irgendwie geht, am Ende sogar »sternhagelglücklich«. Denn das ist es doch, was sich jeder von uns wünscht.
Wenn ich Menschen von meinem Unterfangen erzähle, möglichst viele Glückstrategien und -tipps ausprobieren zu wollen, um so glücklich wie möglich zu werden, sagen viele: Was für ein Unsinn! Du machst doch schon einen extrem zufriedenen Eindruck! Was zwei Dinge beweist: dass sie mich nicht so gut kennen, wie sie glauben. Und dass ich ein ganz passabler Trickser und Schauspieler bin. In Wirklichkeit bin ich nämlich ein muffliger Miesepeter, dessen Inneres man sich am besten so vorstellt wie den kleinen, rundlichen alten Mann in dem Animationsfilm »Up!«, der
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