Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
Vom Netzwerk:
Kreditkarte, mit der er den Kurs und die Übernachtung bezahlt hat. Er verrät ihn aber niemandem. Baba ist dünn wie ein Zaunpfahl, hat lange blonde Locken, und nach seiner Vorstellung denke ich nur kopfschüttelnd: »Was für ein Freak mit Jesus-Komplex.« Doch sosehr er mir am Anfang auf die Nerven geht mit seiner schmalen Leinenweste, mit seinen spontan zitierten Gedichten und seiner Art, geschlagene fünf Minuten an einer Blüte zu schnuppern, die er auf dem Weg zum Mittagessen von einem Baum gepflückt hat – nach einer Weile ist er derjenige aus der ganzen Gruppe, der mir am meisten ans Herz wächst. Vielleicht weil er in seiner hippiesken Schusseligkeit (»Hat jemand meine Ukulele gesehen?«) und mit seiner unambitionierten Ziellosigkeit (»Meistens bringe ich Kindern in Thailand Englisch bei, bis ich wieder genug Geld zum Reisen habe«) so ganz anders wirkt als die anderen Teilnehmer des Kurses – und letztlich auch so ganz anders als ich. Er wirkt glücklich.
    Eines Abends, als ich vom nächtlichen Grillenkonzert begleitet zu meinem Zimmer gehe, sehe ich ihn in einem der Bäume, die den Weg säumen. In einer Astgabel liegt er auf dem Rücken und lacht leise den Mond an. Ohne sich zu fragen, wie man Harzflecken aus Baumwollhosen wieder rausgewaschen bekommt. Ohne sich zu fragen, was jemand denken könnte, der so wie ich unter ihm vorbeigeht. Ohne sich zu fragen, wie viele Mücken, Fledermäuse und Spinnen eigentlich in so einem Baum wohnen.
    »Fall nicht runter«, rufe ich ihm zu, ein wenig neidisch auf seine Unbedarftheit und auf die Freiheit, die er sich einfach zu nehmen scheint.
    »Keine Angst«, antwortet er. »Bevor ich einschlafe, klettere ich runter. Das passiert mir nicht noch mal!«
    Die Erfindung des Lachens
    Am nächsten Tag erzählt uns Kataria nach einer morgendlichen Meditationsübung und einer kurzen Lachyogasitzung von seinen Plänen, eine große Lachyogauniversität zu gründen. Das Gelände in einem Außenbezirk von Bangalore hat er bereits gekauft, in einem halben Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen. Es soll Übernachtungsmöglichkeiten für die Studenten geben, Supermärkte und Restaurants. »In den Restaurants und Cafés wird alles irgendwie lustig oder verrückt sein«, schwärmt Kataria, »von der Speisekarte bis zum Besteck. Nur das Essen nicht, das Essen ist natürlich richtig gut.« Neben Lachyoga soll es Tanzkurse und Gesangsunterricht geben, denn Musik ist neben der vielbeschworenen »kindlichen Spielfreude« ein wesentlicher Bestandteil eines Lebens voller Lachen. Außerdem soll es einen zentralen Platz geben, auf dem sich jeden Morgen und jeden Abend alle versammeln und gemeinsam lachen können. »Wir beginnen jeden Tag mit gemeinsamem Gelächter und beenden ihn mit einer gemeinsamen Party«, sagt er.
    Madan Kataria stammt aus einem kleinen Dorf namens Mohrewala im Norden des Landes, wo die indische Region Punjab an Pakistan grenzt. Er wuchs in einem Haus aus Kuhdung ohne jede Elektrizität als jüngstes von vierzehn Kindern auf. Seine Eltern waren Bauern und konnten weder lesen noch schreiben. Unter großem finanziellem Aufwand wurde Kataria trotzdem erst zur Schule und anschließend an die Universität geschickt, um Medizin zu studieren und Dorfarzt zu werden. Doch er entschied sich gegen das Dorfleben und zog nach seinem Abschluss in die Millionenmetropole Mumbai.
    Es gibt zwei Varianten der Geschichte, wie er dort vom einfachen Arzt zum »Guru of Giggles« wurde. Die Variante, die Kataria selbst erzählt, geht so: Da er sich weigerte, die nötigen Bestechungsgelder zu zahlen, damit andere Ärzte ihm Patienten überwiesen, lief seine Praxis so schlecht, dass er sich schließlich zur Gründung eines medizinischen Ratgebermagazins mit dem Namen »MyDoctor« entschloss. Als er 1995 an einem Artikel mit dem Titel »Lachen ist die beste Medizin« arbeitete, hatte er nach eigenen Angaben eine Erleuchtung: Wenn Lachen tatsächlich so gesund war – warum dann nicht einfach einen Lachclub gründen? Doch alle Menschen, die er am nächsten Tag im Morgengrauen in einem öffentlichen Park Mumbais fragte, ob sie mit ihm lachen wollten, gaben ihm einen Korb. Nur seine Frau und drei Freunde willigten schließlich ein, sich eine halbe Stunde mit ihm in einen Kreis zu stellen und Witze zu erzählen.
    »Nach einer Woche war der Kreis auf fünfzig Personen angewachsen«, erzählt Kataria, während draußen in der indischen Nachmittagssonne die Vögel singen. »Doch nach einer weiteren Woche

Weitere Kostenlose Bücher