Sternhagelgluecklich
Mangobäume und Bougainvilleen, mehrmals im Jahr seine Kurse ab.
Drei freundliche Hunde stromern über das Gelände. Hinter dem Wohnhaus, in dem sich mein spartanisch eingerichtetes Zimmer befindet, weiden ebenso heilig wie friedlich drei Kühe, und in den Bäumen konzertieren tagsüber die Vögel und nachts die Grillen. Grundsätzlich also schon mal ein äußerst geeigneter Ort, um das Glück zu finden.
Die Gruppe, die sich für eine Woche konzentrierten Gelächters hier versammelt hat, ist bunt gemischt. Die Teilnehmer sind aus Japan, Thailand, Kalifornien, England und Uruguay angereist. Einige Inder sind auch dabei. Ich bin der einzige Deutsche. Das Alter der meisten liegt zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig Jahren; Frauen und Männer halten sich zahlenmäßig die Waage. Die meisten der Anwesenden haben schon mal einen Lachyogaclub in ihrer Heimat besucht, haben also einen leichten Wissensvorsprung. Meine Unerfahrenheit sei aber kein Hindernis, wurde mir vorab versichert. Jeder sei willkommen. Keine Vorbildung nötig.
Madan Kataria, der »Guru of Giggling«, wie ihn eine englische Zeitung getauft hat, begrüßt uns standesgemäß mit einem Kichern. Der Mittfünfziger sieht mit seiner blankpolierten Glatze ein wenig aus wie Yul Brynners gut gelaunter Bruder.
»Diese Woche wird euer Leben verändern«, verspricht er uns, dann beginnt die Anmeldung. Siebenhundertfünfundneunzig Dollar kostet der fünftägige Kurs, dazu noch mal etwa halb so viel für Essen und Unterkunft. Zusammen mit dem Flug nach Indien kommen so leicht zweitausend Euro zusammen. Nicht gerade wenig – vor allem wenn man bedenkt, dass Lachen im Grunde sowohl umsonst als auch keine allzu schwer zu erlernende Tätigkeit ist. Aber eine Woche, die das ganze Leben verändert, gibt es nun mal nicht zum Nulltarif, denke ich mir und liefere höflich lächelnd meine Geldscheine ab.
Veeerygood, veeerygood, yay!
Nachdem alle Teilnehmer registriert sind, setzen wir uns in einen großen Stuhlkreis. »Mein Name ist Madan Katariahahahahaha«, eröffnet der Guru die Vorstellungsrunde. »Ich bin Arzt und habe das Lachyoga erfunden, hohohohoooo«, geht es weiter. »Ich lebe in Bangalore, Indihihihihihihien!«
Nach und nach stellt sich nun jeder der Teilnehmer auf diese Weise vor – eine Architektin aus Tokio, ein Ladenbesitzer aus Kalifornien, eine Studentin aus Uruguay, ein Angestellter aus London. Das gemeinsame Lachen nach jedem Satz, das in der Theorie stark befremdlich wirkt, funktioniert in der Praxis erstaunlich gut. Statt der üblichen Befangenheit, die bei solchen Vorstellungsrunden oft herrscht, ist die Stimmung von Anfang an positiv bis ausgelassen. Das gemeinsame Lachen signalisiert sofort: Alles nicht so wichtig, alles nicht so ernst. Niemand muss Angst haben, aufgrund seines Berufs oder seines Akzents schräg angesehen zu werden, denn jede Vorstellung wird mit einem lauten »Veeerygood, veeerygood, yay!« quittiert. Dieser Jubelruf, bei dem man am Ende die Arme mit ausgestreckten Daumen nach oben reckt, ist einer der Grundpfeiler des Lachyoga. Mit ihm wird so gut wie alles kommentiert, und ich werde ihn in der folgenden Woche bestimmt knapp tausendmal zu hören bekommen. Noch finde ich ihn ganz amüsant. Noch.
Nach der Vorstellungsrunde schart Madan Kataria uns um sich. Er trägt eine Kurta, ein lilafarbenes indisches Ganzkörpergewand. Statt in einem Stuhlkreis sollen wir nun nah beieinander auf dem Boden sitzen. Alle sehen den Kicherguru erwartungsvoll an. »Lasst mich euch das Geheimnis des Lachyoga erklären«, sagt dieser feierlich. Doch dann, nach einer langen Pause, kommt keine Erklärung, sondern nur ein glucksendes Lachen. Mit weit hochgezogenen Augenbrauen schaut Kataria lachend in die Runde – er ist ein ausgezeichneter Schauspieler, denn das wie auf Knopfdruck angeschaltete Lachen wirkt keine Sekunde lang gespielt. Er kann das komplette Programm abrufen, vom Kichern übers Prusten bis zum donnergrollenden Schenkelklopfen.
Mir selbst fällt das Lachen auf Befehl nicht so leicht. Sosehr ich mich auch anstrenge, bei mir kommt meist nur ein zaghaftes »Hehehe, ähh … hehe« heraus. Zu viele Gedanken bremsen mich: Ist das nicht echt albern? O Gott, wie künstlich mein Lachen klingt! Gibt es irgendetwas Peinlicheres als geheucheltes Lachen? So lacht man doch nur, wenn der Chef im Aufzug einen Witz gemacht hat und man ihn später noch um eine Gehaltserhöhung bitten will. Meine Mundwinkel sind schon ganz verkrampft! Wie lang
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