Sternhagelgluecklich
gingen uns die Witze aus.« Sie waren ohnehin immer gemeiner, schmutziger und sexistischer geworden – sodass die ersten Frauen drohten, den Lachclub wieder zu verlassen.
»Ich bat sie, mir noch einen Tag Zeit zu geben«, sagt Kataria. »Ich versprach ihnen: Morgen werden wir ohne Witze lachen. Und als sie mich fragten, wie das gehen sollte, sagte ich nur: Das weiß ich auch noch nicht.«
Über Nacht entwickelte er sein Konzept des »Lachens ohne Grund« 27 – eine Mischung aus Atemtechniken (daher der Namensbestandteil Yoga), Lachübungen (wie das Handylachen) und rhythmische Gesänge (»Hoho! Hahaha! Hoho! Hahaha!«) – nicht zu vergessen der Schlachtruf aller Lachyogis: »Veeerygood, veeerygood, yay!«
Vom erfolglosen Geschäftsmann zum gefeierten Guru
Die andere, nicht ganz so märchenhafte Variante von Katarias Lebensweg beschreibt das Magazin »The New Yorker«: Kataria sei als Arzt einfach nicht erfolgreich gewesen. Er habe zeit seines Lebens immer davon geträumt, Schauspieler zu werden, berichten in einem Artikel einige seiner Weggefährten und Verwandten, doch auch die Schauspielkarriere sei nicht in Gang gekommen. Jahrelang habe er eine Geschäftsidee nach der anderen in den Sand gesetzt: Auf die Idee einer mobilen Klinik in einem Lieferwagen folgte ein Wohnprojekt für Bettler, die als Ausgleich für ihn arbeiten sollten (von dieser Abmachung aber nicht so recht etwas wissen wollten). Die Pläne für eine eigene Arzneifirma scheiterten ebenso wie die einer Spezialklinik für Schönheitschirurgie mit eingeflogenen Spezialisten aus den USA . »Er hat eine Menge Geld verschwendet«, äußert sich seine Schwester in dem Artikel.
Seine Mutter forderte ihn Anfang der Neunziger auf, sein Glück nicht länger in Mumbai zu versuchen, sondern endlich wieder in seine Heimat zurückzukehren und dort als Dorfarzt zu arbeiten. Als letzten Ausweg gründete Kataria das Medizinmagazin für Laien und schrieb den Artikel über Lachen als Medizin, der ihn auf die Idee des Lachyoga brachte.
Das Heft war anfangs leidlich erfolgreich, machte dafür aber immens viel Arbeit, »so viel, dass mir darüber die Haare ausfielen«, wie sich Kataria heute erinnert. Auf Fotos aus jener Ära sieht man ihn mit einem rötlich gefärbten, in der Mitte gescheitelten Toupet; seine Frau hatte zu jener Zeit mehrere Fehlgeburten. Bis heute hat Kataria keine Kinder. »Ihr seid alle meine Kinder«, sagt er im Lauf des Kurses mehrmals zu uns. Es sind die wenigen Momente, in denen der Lachguru durch und durch ernst wirkt. Nicht mal ein Lächeln streift sein Gesicht.
Doch ganz egal welche der beiden Varianten der Wahrheit näher ist: Der Siegeszug, den Lachyoga seither weltweit angetreten hat, ist unbestreitbar. Nach ersten Fernsehberichten auf CNN und BBC wurden immer mehr Medien auf den Kicherguru aufmerksam. Die US-Talkshow-Legende Oprah Winfrey beschäftigte sich mit seinen Theorien, die Schauspielerin Goldie Hawn organisierte eine Gala für ihn, das Monty-Python-Mitglied John Cleese reist bis heute regelmäßig als Lachyogabotschafter durch die Welt. Vor einigen Jahren erhielt Kataria sogar ein sogenanntes »Genius Visa« – ein Visum, das Menschen mit außergewöhnlichen Talenten den langfristigen Aufenthalt in den USA erlaubt. Auch die Liste der Unternehmen, die Madan Kataria bereits als Lachyogacoach für ihre Mitarbeiter angeheuert haben, ist lang und umfasst von Volvo über SAP und Hewlett-Packard bis zu Google namhafte Firmen.
Trotzdem: Die glücklichsten Momente in dieser Woche erlebe ich nicht während der Lachyogasitzungen. Nicht beim Löwenlachen und auch nicht bei »Veeerygood, veeerygood, yay!«, sondern eher bei den morgendlichen Meditationsübungen, wenn der sanfte Morgenwind von draußen das Vogelgezwitscher hereinträgt. Oder am letzten Abend des Kurses: Vier indische Musiker mit stattlichen Turbanen und nicht minder stattlichen Schnurrbärten sind ebenfalls für einige Tage in der »School of Ancient Wisdom« zu Gast. Bei einem abendlichen Konzert in einem kleinen Pavillon am Ufer eines Teichs voller Lotusblüten interpretieren sie die Verse des indischen Mystikers Kabir auf herzzerreißende Weise. »Wem soll ich meine Liebe schenken, Freund?«, singen sie, und: »Die beste Gesellschaft ist die der Suchenden / Umgib dich mit denen, die reinen Herzens sind.«
Ich verstehe natürlich kein Wort, aber sie sind so nett, Zettel mit Übersetzungen auszulegen. Die Nacht bricht herein, es ist warm, und ich spüre die Wärme
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