Sternhagelgluecklich
Kataria uns immer wieder ermuntert – im Liegen besonders entspannt ist. Vielleicht auch, weil wir alle an die Decke schauen und ich mich dadurch nicht beobachtet und unter Lachzwang fühle.
In den verschiedenen Lachyogasitzungen, die sich mit Atemübungen und Meditationstechniken abwechseln, lernen wir in den folgenden Tagen zahlreiche verschiedenen Lachstile: Beim »Handylachen« zum Beispiel laufen wir alle kreuz und quer durcheinander und lachen lauthals in ein imaginäres Mobiltelefon. Überhaupt wird viel kreuz und quer gerannt bei diesen Übungen. »Blickkontakt und kindliche Spielfreude sind wichtig, wenn man richtig lachen will«, schärft uns der Kicherguru immer wieder ein.
Es gibt das »Schimpflachen«, bei dem man einander mit mahnendem Zeigefinger ausschimpft und gleichzeitig anlacht. Es gibt das »Löwenlachen«, bei dem man wild durcheinanderrennt und die Hände wie Klauen neben den Kopf hält, die Zunge herausstreckt und das Lachen eher einem Fauchen gleicht. Beim »Milchshake-Lachen« schüttet man erst unsichtbare Milch zwischen zwei unsichtbaren Gläsern hin und her, bis man sie schließlich mit donnerndem Lachen nacheinander austrinkt.
»Lachen kann auch in Situationen helfen, in denen uns eigentlich gar nicht fröhlich zumute ist«, sagt Kataria und demonstriert das »Kreditkartenlachen«: Eine unsichtbare Kreditkartenabrechnung in der Hand, reißt er zuerst die Augen auf, erschrickt über den hohen Betrag – und bricht dann in schallendes Gelächter aus. Ähnlich funktioniert das »Pleitelachen«, bei dem man seine leeren Hosentaschen nach außen krempelt und lauthals lachend kreuz und quer durcheinanderläuft. Nach jeder Übung folgt – natürlich – ein lautes »Veeerygood, veeerygood, yay!«.
Das Lachen der anderen
In den Pausen gibt es Tee und vegetarisches Essen. Fleisch ist auf dem Campus der »School of Ancient Wisdom« ebenso verboten wie Alkohol, Zigaretten oder Drogen. Eine Familie vietnamesischer Abstammung, die inzwischen in Kalifornien lebt, hat trotzdem zwei große Schachteln Chicken McNuggets aus einem McDonald’s in der Stadt eingeschmuggelt. Daniel, der zwölfjährige Sohn, kann sich nur schwer mit der indischen Küche anfreunden. Er will Lachyogalehrer werden, seine Schule hat ihm für diesen Kurs extra freigegeben.
Ich bin von beidem gleichermaßen überrascht, für Daniel und seine Familie ist aber sowohl sein Berufswunsch als auch die flexible Schule scheinbar völlig normal. Seine Hausaufgaben muss er trotz des Indienaufenthalts machen. Jeden Abend leiht er sich den kleinen Internet-Stick von Katarias Assistenten und schickt sie per E-Mail in die Heimat.
Auch von den anderen Teilnehmern haben einige Ambitionen, das Lachyoga mittelfristig zum Beruf zu machen. Manche haben schon kleine Gruppen und Lachyogaclubs in ihren Heimatstädten gegründet. Für sie ist diese Reise eine Mischung aus Selbsterfahrungstrip und Geschäftsreise, die Kosten sind ein Investment.
»Ich würde wahnsinnig gerne mein Geld mit Lachyoga verdienen«, sagt Nihat, ein vierzigjähriger Engländer mit griechischen Wurzeln, der für eine große Bank arbeitet. »Dann gäbe es einfach mehr Gelächter in meinem Leben, das könnte ich gut gebrauchen. Und ich müsste mich nicht mehr von meiner Chefin anschnauzen lassen.«
So wie er machen manche im Kurs einen tendenziell eher traurigen, suchenden Eindruck. Michael, ein Schotte um die dreißig, erzählt von seiner Vergangenheit mit klinischer Depression, Alkoholismus und dem Selbstmord eines Freundes. »Meine Mutter hat mich zu einer Lachyogasession mitgenommen«, erinnert er sich. »Ich fand es zuerst völlig bescheuert, aber dann habe ich gemerkt, dass es mir tatsächlich hilft.« Auch er hat bereits einen eigenen Lachyogaclub gegründet. Tausende gibt es laut Kataria inzwischen weltweit. Auch Michael könnte sich vorstellen, das Lachen irgendwann zum Beruf zu machen.
Ein kleiner Teil der Gruppe ist weniger ambitioniert: Er will, ähnlich wie ich, einfach mehr über diese Technik herausfinden. Im Gegensatz zu den »Profis«, die meist extra für die fünf Kurstage angereist sind, verbinden sie das Lachtraining mit einem längeren Indienurlaub.
Baba ist so seiner. »Ich heiße Rumi Hallelujah Baba«, hat er sich in der Eröffnungsrunde vorgestellt. »Ich komme aus Jerusalem und bin immer noch Student – auch wenn ich nicht mehr so genau weiß, was ich eigentlich studiere.« Rumi Hallelujah Baba – sein richtiger Name steht auf der goldenen
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