Sternhagelverliebt
Mal ist unterschwellige Schadenfreude dabei.
»Du gehst in die Entzugsklinik.«
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3. Kapitel
Houston, wir haben ein Problem
T ja, hier sitze ich nun einen Tag nach meinem Treffen mit Bob, dem Philip-Seymour-Hoffman-Doppelgänger, in dem kleinsten Flugzeug, in dem ich jemals gesessen habe. Alkoholische Getränke werden in fünf Minuten gereicht, die gesamte Flugdauer beträgt 42 Minuten. Flughöhe 6700 Meter, und, ja, der Flug wird die ganze Zeit über so turbulent bleiben. Vergessen Sie nicht, sich die Sauerstoffmaske fest auf den Mund zu pressen und ganz normal weiterzuatmen, falls sie wegen Druckabfalls in der Kabine von der Decke fällt.
Mal schauen … Habe ich noch irgendetwas vergessen?
Ach ja … Ich bin auf dem Weg in die Entzugsklinik.
Es hat sich herausgestellt, dass Bob nicht nur Redakteur bei
The Line
ist, sondern auch der Chefredakteur von
Gossip Central,
einem aufstrebenden Klatschmagazin in einer Welt voller aufstrebender Klatschmagazine.
Gossip Central
allerdings liefert jede Woche einen extrem tiefen Einblick in das Leben der jeweiligen Stars und Sternchen. Das Magazin hat sich einen Namen gemacht, als es eine Reporterin als Nanny bei einer Filmdiva eingeschleust hat, die einen Hang dazu hat, Kinder aus Dritte-Welt-Ländern zu adoptieren. Offensichtlich wollen sehr viele Leute wissen, wie ihre bevorzugte Unterwäschemarke heißt. Indem das Magazin genau solche Informationen liefert, wächst
Gossip Centrals
Marktanteil rasant, und die Auflagenzahl übersteigt mittlerweile die Einwohnerzahl Neuseelands. Zumindest steht das auf der Website zu lesen.
Anscheinend versucht Bob seit Jahren, etwas über DM V N herauszufinden. Das Problem ist, dass Amber Sheppard sich nicht mit Leuten abgibt, die nicht auch quasi berühmt sind – einschließlich ihrer Hairstylistin, ihrer Visagistin und ihrer Pressesprecherin. Nach einigen ergebnislosen Versuchen wurde dieser Plan also zurückgestellt, und
Gossip Central
wandte sich anderen, etwas leichter zugänglichen Zielen zu.
Doch dann ging DM V N in die Entzugsklinik.
Niemand wusste so recht, wer auf die Idee kam. Irgendjemand warf sie in der wöchentlichen Redaktionssitzung in den Raum (Bob erzählte mir, dass ein paar Leute das jetzt für sich in Anspruch nehmen), und die Anregung wurde sofort begeistert aufgenommen. »Wir sollten ihr in die Klinik folgen.« »Das ist perfekt!« »Wer auch immer darauf gekommen ist, verdient eine Beförderung!« »Das war mein Einfall.« »Nein, es war meine Idee!«
Nachdem Bob alle beruhigt hatte, verbrachten sie sehr viel Zeit damit, zu besprechen, wen sie überhaupt schicken sollten. Es musste jemand sein, der tatsächlich den Eindruck vermittelte, eine Entziehungskur nötig zu haben, und der darüber hinaus aber auch noch ein echtes Talent zum Schreiben hatte. Niemand, der mit
Gossip Central
in Verbindung stand, aber jemand, dem sie vertrauen konnten. Sie grübelten und grübelten, bis DM V N aus der Klinik floh und sie die Idee wieder auf Eis legten.
Der Rest der Geschichte ist bekannt: Ich erschien halbbetrunken und vollkommen derangiert zu meinem Vorstellungsgespräch. Sie mochten meine Artikel, ehe sie mich kannten, doch dann lernten sie mich kennen. Das Crack-Video von DM V N tauchte auf, sie ging zurück in die Entzugsklinik, und da hatte Bob einen Geistesblitz: Was wäre, wenn die Autorin des Artikels selbst
wirklich
eine Entziehungskur nötig hätte? Dann würde sie sich nahtlos einfügen und hätte sogar die Chance, eine Freundschaft mit DM V N aufzubauen. Wen also kannten sie, der dazu geeignet war?
Und so kamen sie auf mich.
Gossip Central
wollte mich engagieren, um in die Entzugsklinik einzuchecken, DM V N auszuspionieren beziehungsweise eine Freundschaft mit ihr aufzubauen und darüber zu schreiben. Sie übernehmen die Kosten für meinen Aufenthalt (immerhin 1000 Dollar pro Tag) und zahlen mir pro Wort zwei Dollar. Und wenn ich mich gut anstelle (was bedeutet: trocken werden), würden sie mich für die Stelle bei
The Line
in Betracht ziehen, die noch immer zu besetzen war.
Nachdem ich meinen vor Überraschung offen stehenden Mund wieder geschlossen hatte, willigte ich ein.
Beschämend schnell.
Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass mir die Entscheidung nicht leichtgefallen sei und dass ich bei dem Gedanken gezögert habe, undercover eine Entziehungskur zu machen und dabei im Dreck zu wühlen, nur um die Geheimnisse dieses jungen Mädels aufzudecken, das sich auf einem
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