Sternhagelverliebt
selbstzerstörerischen Trip befindet. Ich wünschte auch, ich könnte behaupten, dass ich empört darüber gewesen sei, ausgerechnet
mir
würde jemand abnehmen, einen Entzug nötig zu haben. Aber das wäre gelogen. Außerdem ist es der erste Schritt zur Genesung, mir selbst einzugestehen, dass ich ein Problem habe, nicht wahr?
Also gut: Ich habe ein Problem.
Und mein Problem ist, dass ich so gern für
The Line
arbeiten will, dass ich bereit bin, wirklich alles dafür zu tun. Und wenn ich dafür mindestens 30 Tage lang in einer alkoholfreien Umgebung DM V N hinterherschnüffele, tja dann …
Einverstanden.
42 Minuten und vier kleine Fläschchen Whiskey mit Cola später (hey, ich darf in den nächsten 30 Tagen
überhaupt nichts
trinken, außerdem hatte ich schon immer ein bisschen Flugangst) landet die Maschine. Etwas unsicher gehe ich von Bord und trete auf das von der Sonne beschienene Rollfeld hinaus.
Nicht mal eine Stunde Fahrt von hier bin ich aufgewachsen. Meine Heimatstadt liegt am Rande eines kleinen Skigebiets und ist so winzig, dass es noch nicht einmal einen richtigen Supermarkt oder einen McDonald’s gibt. Die Arbeitslosenzahl ist enorm, die Highschool über 30 Kilometer entfernt, und die meisten Einwohner fahren nicht einmal Ski, auch wenn sich dieses echt nette Skigebiet praktisch direkt vor ihrer Hintertür befindet.
Meine Eltern sind die Ausnahme … Als Angehörige der gebildeten Mittelschicht verliebten sie sich in das Leben in der Natur und zogen in den späten 70 ern in einem Anfall von Hippietum in dieses Nest, um mit einigen gleichgesinnten Freunden eine Kommune zu gründen. Sechs Monate, vier zerbrochene Freundschaften und zwei Scheidungen später waren nur noch meine Eltern in dem halbfertigen Haus übrig geblieben. Als ich auf die Welt kam, war das Haus gerade fertig. Und als ein paar Jahre später meine Schwester geboren wurde, gab es sogar schon funktionierende Sanitäranlagen im Haus. Mom unterrichtet Englisch an der Highschool, und Dad arbeitet bei der Firma, die die Liftanlagen betreibt.
Am Tag nach meinem bestandenen Highschool-Abschluss verließ ich die Stadt, ohne je wieder einen Blick zurückzuwerfen.
Und jetzt sind schon vier Jahre vergangen, seit ich das letzte Mal zu Hause war.
Als ich aus dem Terminal torkele, wartet bereits eine hübsche Frau in meinem Alter auf mich. Sie hat karamellbraunes Haar, das ihr bis zu den Schultern reicht, und runde, braune Augen. Sie trägt eine Khakihose und ein dunkelblaues Poloshirt mit dem weißen
Cloudspin Oasis-
Logo darauf.
»Hallo, Katie. Ich bin Carol und in der
Oasis
für die Aufnahme neuer Patienten zuständig.«
»Hi, Carol. Danke, dass Sie mich abholen!«
Das mochte durchaus wie »Dange, dass Se mich abholn!« geklungen haben, aber ich bin mir nicht sicher.
»Haben Sie etwas getrunken, Katie?«
Hallo?! Selbstverständlich habe ich etwas getrunken. Ich soll schließlich eine
Alkoholikerin
mimen.
»Ich hatte im Flugzeug ein paar Drinks, um meine Nerven zu beruhigen.«
Umm meine Nerven su beruhign.
»Verstehe. Vor uns liegt noch eine halbe Stunde Autofahrt zur Klinik.«
»Ich weiß. Ich bin in der Gegend aufgewachsen.«
Sie lächelt. »Dann fühlen Sie sich sicher gleich wie zu Hause.«
So was von zu Hause …
Wir steigen in den Van, und Carol lenkt ihn auf den Highway. Ich fummele am Radio herum und suche nach dem Sender, den ich als Kind immer gehört habe. Schwach dringt er aus dem miesen Radio. Die Plain White T’s singen
Hey There Delilah.
Seltsam glücklich (ich höre einen guten Song und habe einen kleinen Schwips) kurbele ich das Fenster herunter und atme den Duft der Berge ein. Vielleicht riechen alle Wälder gleich, doch diese Mischung aus lehmigem Boden und würzigen Kiefern ist für mich der Duft nach Heimat.
Sieben Lieder später bremst Carol ab, um auf die Auffahrt zur
Cloudspin Oasis
zu biegen. Drei Autos stehen an der Straße. Ein paar düster aussehende Männer, die mit Fotokameras und glimmenden Zigaretten bewaffnet sind, lungern auf den Kühlerhauben herum. Als wir am Tor anhalten müssen, erhebt sich einer von ihnen halbherzig und kommt zu unserem Van. Ich lächele ihn an, aber er winkt nur enttäuscht ab, als er feststellt, dass ich die Mühe nicht wert bin.
Carol drückt einen Knopf an der in einen Metallpfosten eingelassenen Gegensprechanlage und murmelt etwas, das sich für mich wie »heiße Suppe« anhört. Quietschend öffnet sich das Tor, und sie fährt hindurch.
»Warum sind
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