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Sternhagelverliebt

Sternhagelverliebt

Titel: Sternhagelverliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine McKenzie
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raus bin.
    »Genau.«
    Sie springt hoch und runter. »Also, fangen wir jetzt an, oder was?«
    »Lauf vor, Nike.«
    Wir laufen in einem mittelschnellen Tempo los. Minuten später brennt meine Lunge, und ich fühle mich, als würde ich jeden Augenblick kollabieren. Die großen Kiefern um uns herum halten den Sonnenschein ab, und ich verspüre Beklemmungen. Stumm zähle ich bis 100 und versuche, mich abzulenken, doch es klappt nicht.
    Plötzlich muss ich stehen bleiben und beuge mich vor. Ich habe fürchterliches Seitenstechen.
    »Ist alles in Ordnung?«
    Ich umklammere meine schmerzende Seite. Ich kann nicht glauben, dass irgendetwas – abgesehen von einer Geburt – dermaßen weh tun kann. Nicht, dass ich schon mal ein Kind geboren hätte. Ich habe nur gehört, dass es die allerschlimmsten Schmerzen sein sollen.
    »Wie lange laufen wir schon?«, keuche ich.
    Sie wirft einen Blick auf die Uhr. »Ungefähr fünf Minuten.«
    Fünf Minuten! Wie können es nur fünf Minuten gewesen sein? Es fühlt sich an, als wären es mindestens 15 oder 20  Minuten gewesen.
    »Wie lange bist du normalerweise unterwegs?«
    »So um die fünfzig Minuten.«
    50 ? Zehnmal so lange. Unmöglich.
    »Ich glaube, du solltest ohne mich weiterlaufen.«
    »Bist du dir sicher?«
    Ich atme ein paarmal tief durch. Die Schmerzen bringen mich immer noch um.
    »Ja. Ich höre auf und gehe zurück.«
    »Dann sehen wir uns später im Zimmer.«
    Sie dreht sich um und joggt locker weiter. Schon bald verschwindet ihre schmale Silhouette hinter der nächsten Kurve.
    Unterdessen setze ich mich auf einen Stein, versuche, wieder zu Atem zu kommen, und massiere meine Seite, damit der Schmerz endlich nachlässt. Wie habe ich es geschafft, so aus der Form zu geraten? Oh, richtig. Ein Drink nach dem anderen.
    Wenn ich ein besserer Mensch wäre, würde ich diese Zeit der erzwungenen gesunden Lebensweise nutzen und mit Sport beginnen. Es würde mich schließlich nicht umbringen, stimmt’s? Selbst wenn dieser Schmerz in der Seite sich anfühlt, als würde ich ihn nicht überleben, kommt das nur daher, dass ich seit Jahren keinen Sport mehr gemacht habe.
    Okay. Zeit für Vorsätze. Ich werde jeden Tag laufen und zwar jeden Tag eine Minute länger. Das bedeutet, dass ich morgen sechs Minuten jogge. Sechs Minuten und keine Ausreden.
    Ich kann nicht glauben, dass ich noch immer Seitenstechen habe. Vielleicht reichen fünf Minuten morgen auch, und ich werde es übermorgen auf sechs Minuten steigern. Oder auf fünfeinhalb. Mal sehen, wie ich mich morgen fühle. Aber ganz bestimmt werde ich fünf Minuten laufen.
    Als der Schmerz endlich abnimmt, stehe ich auf und beschließe, eine Weile zu gehen. Ich folge dem Weg, der schließlich aus dem Wald führt und sich über eine nach Klee duftende Wiese mit frischem Gras und Wildblumen schlängelt. Auf der anderen Seite der Wiese steht DM V N in der Sonne und starrt düster auf die Sicherheitsmauer. Sie trägt eine abgetragene Jeans und ein schwarzes T-Shirt und sieht müde aus. Tatsächlich ist es das erste Mal, dass ich sie erblicke und nicht von ihrer Schönheit erstaunt bin.
    »Denkst du über Flucht nach?«, frage ich, als ich näher komme.
    Sie wendet die Augen nicht von der Mauer. »Meinst du, dass ich sie überwinden könnte?«
    »Hast du irgendwelche Superkräfte, von denen ich nichts weiß?«
    »Nein.«
    »Dann glaube ich nicht, dass es dir gelingt.«
    Sie lächelt kurz, ehe ihre Miene sich wieder verfinstert.
    »Amber, ist alles in Ordnung?«
    »Nein, aber das ist doch sowieso scheißegal, oder?«
    »Sag das nicht. Es gibt viele Leute, denen es nicht egal ist.«
    Genau genommen nimmt sogar die ganze Welt Anteil an ihrem Schicksal. Wenn es niemanden interessieren würde, wäre ich gar nicht hier.
    Sie schüttelt sich, und ich kann praktisch sehen, wie die Schauspielerin in ihr die Führung übernimmt. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht ist nicht länger düster, sondern mit einem Mal freundlich.
    Sie wendet sich mir zu. »Vergiss es. Was machst du überhaupt hier draußen?«
    »Ich denke darüber nach, mit dem Joggen zu beginnen.«
    Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht.
    »Was ist daran so komisch?«
    »Du kommst mir nicht gerade wie der Typ fürs Joggen vor.«
    »Und wie sieht dieser Typ genau aus?«
    »Ach, ich weiß nicht. Irgendwie ernsthafter.«
    »Okay …«
    »Ich muss nur an einen Bekannten denken, der joggt.«
    »Dein Freund?«
    »O nein. Ich bin viel zu verkorkst für ihn. Er hält mich für selbstsüchtig.

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