Sternschnupperkurs
war nur ein harmloses Phantasiebild, mehr nicht. In der Phantasie durfte man solche Sachen machen.
Zum einen würde es das katzenhafte, schaut-wen-ich-mir-geangelt-habe-bin-ich-nicht-schlau-Grinsen aus Celestes Gesicht wischen und ihrer unerträglichen Überheblichkeit ein Ende setzen.
Zum anderen war Jaz immer gnadenlos gut im Bett gewesen, selbst wenn er betrunken war. Wenn er schon betrunken so gut war, hatte Suzy oft gedacht, wie um alles in der Welt mochte er dann wohl sein, wenn er nüchtern war?
Die Eheleute Lennox waren den ganzen Tag bei der Arbeit. Da sie aber unbedingt ihre Fünf-Zimmer-Reihenhaushälfte am Mariner’s Drive so schnell wie möglich verkaufen wollten, hatten sie Suzy den Ersatzschlüssel übergeben und ihr versichert, dass sie potenzielle Käufer jederzeit herumführen könnte.
»Elegante Haustür«, meinte Mrs. Lacey-Jones zustimmend, als sie im Rolls von Suzy vorfuhren.
»Sehr.« Suzy nickte auch, zufrieden, dass die Eheleute Lennox ihrem Rat gefolgt waren. Die erste Regel beim Hausverkauf lautete immer: Haustür streichen. Vorzugsweise in einem glänzenden Dunkelblau. Und alle Messingteile auf Hochglanz polieren. Denn der erste Eindruck zählte, und die Leute trafen innerhalb eines Wimpernschlags, nachdem sie einen allerersten Blick auf das Objekt geworfen hatten, die Entscheidung, ob sie interessiert waren oder nicht.
Dieselbe Wimpernschlagdauer, wie wenn man einen neuen Mann erblickte.
Im Haus hallten ihre Schritte auf dem glänzend polierten Eichenholzparkett wider. Colonel Lacey-Jones schlenderte in seinen gleichermaßen glänzenden Lederschuhen darüber hinweg, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Beim Anblick des Gartens durch die Terrassentüren zuckte sein militärischer Schnauzer zustimmend. Mrs. Lacey-Jones sagte: »Reizende Einrichtung.« Sie fuhr mit der Hand über einen georgianischen Sekretär zu ihrer Linken. »Man erkennt sofort, dass das Haus einer guten Familie gehört.«
Suzy spürte, dass Mrs. Lacey-Jones beeindruckt sein würde, und ergänzte: »Esther Lennox leitet das Women’s Institute.«
»Ehrlich? Ach, dann sind wir uns ja schon begegnet!« Mrs. Lacey-Jones war sichtlich entzückt. Sie stapfte hinter ihrem Mann die Treppe hoch. »Eine wunderbare Frau! Sieh dir nur die Holzvertäfelung an, Herbert. Hervorragend. Ach, und wessen Schlafzimmer mag das wohl sein?«
Sie hatte die erste Tür nach der Treppe erreicht, und ihre Hand umklammerte bereits den Türknauf.
»Das ist ein Badezimmer.« Suzy sah auf ihrem Grundriss nach. »Ein nach Süden gehendes, großes, sonniges Einzelbad. Es wird Ihnen gefallen …«
» AAAAHHH !«, schrie Mrs. Lacey-Jones, als sie die Tür öffnete.
»Ruf die Polizei!«, bellte Colonel Lacey-Jones, drängte sich an ihr vorbei und griff sich die nächstbeste Waffe, was in diesem Fall eine Klobürste mit Onyxgriff war. »Los schon, Daphne, ruf die Polizei – ich halte sie in Schach.«
»O mein Gott«, stöhnte die junge Frau in der Badewanne, mit Gänsehaut und zitternd vor Angst. »Tun Sie es bitte nicht, rufen Sie nicht die Polizei …«
Aufgrund ihres Zitterns schlugen die schweren Ketten um ihre Hand- und Fußgelenke gegen die Wände der Emaillebadewanne. Der junge Mann, der mit ihr in der Wanne saß, hievte sich auf die Beine und ragte wie ein Grizzlybär auf, weswegen die blassblauen Augen von Mrs. Lacey-Jones beinahe aus den Höhlen geploppt wären.
»Was zum Teufel geht hier vor sich?«, donnerte er.
Suzy erkannte die junge Frau von dem posierten Abschlussfoto auf dem Kaminsims. Sie lächelte entschuldigend und sagte: »Eines Tages werden wir an diesen Moment denken und laut lachen.«
Colonel Lacey-Jones, die Klobürste immer noch drohend erhoben, drehte sich langsam zu ihr um und starrte sie ungläubig an.
»Aber dieser Tag ist noch nicht gekommen.«
8. Kapitel
»Die Arme stand unter Schock«, berichtete Suzy Donna, als sie eine Stunde später wieder im Büro war. »Sie teilt sich in Hotwells ein Haus mit sechs anderen Leuten – absolut Null Privatsphäre. Ihr Freund wohnt noch zu Hause, mit seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern. Die beiden wollten einfach einmal ein paar Stunden lang allein sein.«
»Und das machen sie, wenn sie allein sind?« Donna kräuselte amüsiert die Nase. »Meine Güte, diese jungen Leute von heute. Es angekettet in der Badewanne zu treiben, also ehrlich, soll das bequem sein?«
Suzy zuckte mit den Schultern. Ihr taten die jungen Leute leid. »Sie haben ja
Weitere Kostenlose Bücher