Sternschnupperkurs
haarlose Brust.
Lucille fragte besorgt: »Dürfen wir das?«
Celeste besah sich die beinahe leere Nagellackflasche, zog eine Grimasse und warf sie über die Schulter.
Suzy packte das untere Ende der Sonnenliege und stellte fest, dass sie sich dank der Räder erstaunlich mühelos manövrieren ließ. Sie lächelte erst Celeste, dann Lucille an.
»Ach, ich finde, wir sollten es tun!«
Das i-Tüpfelchen des Ganzen verdankten sie der Inspiration durch Baxter, nachdem sie Les im Vorgarten abgestellt hatten, wo er den Blicken der Passanten frei zugänglich war. Als sie sahen, wie Baxter sein Bein am Zaun hob, nahm Celeste eine halbleere Flasche lauwarmes Evian aus ihrer Handtasche und goss den Inhalt vorsichtig über den Schritt von Les’ Jeans.
Suzy, die neidisch war, nicht selbst auf diese Idee gekommen zu sein, sagte: »Weißt du, manchmal mag ich dich beinahe.«
Ein Bus fuhr vorbei. Sie sahen, wie die Fahrgäste zu Les hinausschauten, einander anstießen und lachten.
»Komisch, dass du das sagst«, erwiderte Celeste fröhlich. »Ich denke nämlich nie, dass ich dich beinahe mag.«
Der Rolls war voll mit den Sachen von Lucille. Lucille und Baxter quetschten sich zusammen mit Dutzenden Tüten auf den Rücksitz.
»Ich liebe es, mir die Sachen anderer Leute anzuschauen.« Celeste wühlte beseelt durch eine der Tüten auf ihren Knien und zog einen Schminkbeutel heraus. »Es ist so toll, wenn man herausfindet, was der andere wirklich mag.« Sie öffnete den Beutel. »Ich meine, seht euch das an … Rimmel, Miners … mein Gott, Lucille, warum kaufst du denn so billiges Schminkzeugs?«
»Hetz den Hund auf sie«, sagte Suzy zu Lucille. »Sei nicht so neugierig.«
»Ist ja gut, ist ja gut, macht euch mal nicht in die Hose.« Celeste blieb unbeeindruckt. Sie lugte in die nächste Tüte und zog ein Fotoalbum in Taschenbuchgröße heraus. »He, was ist das denn? Deine Mutter und Lucilles Vater – sieh dir nur ihre Frisuren an!«
»Leg das zurück!«, zischelte Suzy genervt.
»Und was ist das?« Celeste ließ das Fotoalbum in die Tüte zurückfallen und zog dafür eine Handvoll CD s heraus, alle identisch mit der Aufschrift
Lucille
in unregelmäßigen, silbernen Buchstaben.
»Nichts. Das geht dich nichts an«, sagte Suzy.
Auf dem Rücksitz rief Lucille plötzlich: »Könntest du bitte meine Sachen in Ruhe lassen!«
Suzy warf einen Blick auf die CD s, die Celeste immer noch in der Hand hielt.
»Versprichst du, dich zu benehmen, oder muss ich anhalten und dich hinauswerfen?«
»Du klingst wie der alte Kerl, der früher unseren Schulbus fuhr«, schmollte Celeste. Sie spreizte die Finger und ließ die CD s betont lässig in die Tüte fallen. »Bitte schön. Seid ihr jetzt glücklich?«
»Total«, sagte Suzy.
Celeste wartete, bis sie in die Zetland Road bogen. Während Suzys Aufmerksamkeit darauf gerichtet war, einem Rentner auf einem Moped auszuweichen, befreite sie eine der Kassetten und schob sie in ihre Handtasche.
Das war nicht gestohlen; das war nur ausgeliehen.
14. Kapitel
Jaz kam bald zurück. Celeste lag in der Badewanne und stellte sich vor, was er gerade tat. Meistens gingen diejenigen, die es nicht eilig hatten, nach dem Treffen in ein Café auf eine Tasse Kaffee und ein informelles Gespräch. Diese Gespräche machten Celeste wahnsinnig. Es war, als sei man gezwungen, einem Haufen fetter Menschen zuzuhören, die sich über ihre Diäten unterhielten, wenn man selbst nur 48 Kilo wog und sein ganzes Leben lang noch nie hatte Kalorien zählen müssen.
Jaz fand das alles total spannend, weil die Anonymen Alkoholiker ihm das Leben gerettet hatten. Celeste verstand das und sie war dankbar, natürlich war sie dankbar, aber ihre Geduld wurde immer mehr strapaziert. Allmählich dachte sie, wenn sie jemals zu einer Alkoholikerin werden sollte, dann weil sie gezwungen war, auch nur an einem einzigen weiteren dieser unglaublich langweiligen Treffen teilzunehmen. Ehrlich, das konnte selbst den frömmlerischsten Abstinenzler in die Trunksucht treiben.
Celeste schloss die Augen und tauchte tiefer in die Schaumblasen. Sie erinnerte sich an den Abend, als sie Jaz zum ersten Mal begegnet war. Celeste lächelte angesichts der Erinnerung. Was für einen Dusel sie gehabt hatte. So ein Zufall! Aber so war eben das Leben. Man sah eine Gelegenheit und ergriff sie.
Sie hatte schon immer für Jaz Dreyfuss geschwärmt. Fotos von ihm, akribisch aus Zeitschriften ausgeschnitten, hatten seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr die
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