Sternschnupperkurs
hier wohne?« Lucille schaute besorgt. »Ich fühle mich schrecklich, wie ein gigantisches Verhütungsmittel. Es tut mir wirklich leid, dass ich euch in die Quere gekommen bin.«
»Bitte, ich
will
, dass du mir in die Quere kommst.«
Suzy kickte sich die Pumps von den Füßen und warf sich aufs Sofa. Dann erklärte sie Lucille ihre Die-ersten-sechs-Wochen-nicht-Regel.
Als sie fertig war, schaute Lucille beinahe so entsetzt wie zuvor Harry. »Wie,
nie
?«
»Tja, man soll nie nie sagen.« Suzy wackelte mit den Zehen. »Wir dürfen uns alle gelegentliche Ausrutscher erlauben. Manchmal wird man einfach mitgerissen.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Und dann … passiert es einfach.«
»Aber nicht mit Harry.«
»Nein, noch nicht«, räumte Suzy ein.
Lucille wirkte besorgt. »Andererseits hattest du auch nicht die Chance, oder? Meinetwegen.«
»Mach dir darüber keine Gedanken – ach, erzähle mir lieber, was heute in
EastEnders
passiert ist! Hat Peggy die Sache mit der Affäre herausgefunden?«
Mühelos wechselte Suzy das Thema – aber Lucille hatte mit ihrer letzten Bemerkung über Harry definitiv den Nagel auf den Kopf getroffen. Ach je, es sah nicht sehr vielversprechend aus, oder? Ihr ganzes Gerede vom Abenteuer des Wartens – wo war nun dieses Gefühl wachsender Vorfreude, wo war der Bungee-Sprung-Adrenalin-Rausch der Erwartung? Offenbar gerade in Urlaub.
Mit einem Schlag wurde Suzy klar, dass es einfach nicht funkte. Mittlerweile hätte sie in der Phase sein müssen, in der sie es kaum noch erwarten konnte, Harry die Klamotten vom Leib zu reißen.
Aber sie konnte es erwarten.
Dieser Blitzeinschlag des Begehrens auf der Autobahn M 4 war verpufft. Wenn es keinen Funken gab, konnte kein Funke überspringen.
Ich komme mir vor wie eine Schachtel Streichhölzer, dachte Suzy traurig, die man im Regen liegen ließ.
Und das Traurige war, dass sie wusste, warum es so weit gekommen war.
Harry war zu hingerissen.
Es war so einfach – und so lächerlich.
Lucille spürte, dass Suzy nicht wirklich den neuesten Entwicklungen in
EastEnders
folgte, und sagte: »Er mag dich wirklich, weißt du. Ich habe Harry seit Jahren nicht so hingerissen erlebt. Nicht seit …«
O Gott, dachte Suzy.
Panisch rief sie: »Sag jetzt nicht Sophia.«
Lucille bedachte sie mit einem Was-soll-ich-sagen-Blick. »Tut mir leid, aber so ist es. Er ist wirklich schwer verliebt.«
Suzy wollte nichts mehr davon hören. Sie rollte sich auf den Bauch, griff nach der Fernbedienung und zielte damit auf das Fernsehgerät. Wenn man verrückt nach jemand war, gab es nichts Besseres, als wenn man zu hören bekam, dass auch der andere verrückt nach einem war. Aber wenn man das nicht war, dann fühlte man sich nur irgendwie übel.
Ich muss mit ihm Schluss machen, beschloss Suzy. Das ist das einzig Anständige. Je eher, desto besser. Wenn ich es in die Länge ziehe, ist das unfair Harry gegenüber. Wenn ich es schnell zu Ende bringe, tue ich ihm damit einen Gefallen.
Ach herrje, das klang sehr danach, als müsse man seinen Hund einschläfern.
»Ach«, rief Lucille plötzlich, »ich habe ganz vergessen, dir von der Anzeige zu erzählen, die ich im Zeitungskiosk ausgehängt habe. Heute Abend haben drei Leute angerufen, deren Hunde ich ausführen soll. Ist das nicht toll?«
Suzy, die sich immer noch fragte, wie sie mit Harry Schluss machen sollte, sagte: »Hervorragend! Ich kaufe dir einen dieser Grasschlitten zum Geburtstag. Dann kannst du damit in den Ashton Court Park gehen und Hunderte von Hunden davorschnallen und dich meilenweit von ihnen ziehen lassen. Denk nur, wie viel Anstrengung dir das sparen wird. Ganz zu schweigen von dem vielen Geld, das du so verdienen kannst.«
»Wo wir gerade von Geburtstagen sprechen«, sagte Lucille. »Nächste Woche hat Harry Geburtstag. Hat er dir das gesagt?«
»Wie? Oh … ja, ja, das hat er.« Natürlich hatte er das, fiel Suzy wieder ein. Am siebzehnten, in genau einer Woche.
Und schon wallten in Suzy Schuldgefühle auf. Sie konnte Harry unmöglich in der Woche vor seinem Geburtstag den Laufpass geben – das ging einfach gar nicht!
Darum – nochmal Glück gehabt – konnte sie erst mal aufhören, sich darüber Sorgen machen zu müssen.
Den Rest der Woche hatte Harry Nachtschicht, sagte sich Suzy, darum würden sie sich ohnehin kaum sehen. Nein, sie musste Harry einfach nur nächsten Dienstag nett ausführen, ihm eine lustige Glückwunschkarte kaufen und ein Geschenk besorgen. Nichts allzu
Weitere Kostenlose Bücher