Sternschnupperkurs
und schrien.«
»Er hätte getötet werden können«, flüsterte Suzy.
»Natürlich hätte er getötet werden können.« Leo klang grimmig. »Und du hast den Rest noch nicht gehört.«
Suzy schloss die Augen. »Erzähle weiter.«
»Sie fuhren in Höchstgeschwindigkeit zum Hafen. Gott allein weiß, wie Harry es fertigbrachte, sich so lange festzuklammern. Dann krachten sie durch einen Zaun am Baltic-Kai. Der Wagen raste schnurstracks auf den Fluss zu. Kurz bevor er abhob, sprangen die Teenager aus dem Auto. Harry klammerte sich noch an der Kühlerhaube fest. Der Wagen flog ins Wasser und begrub ihn unter sich. Dabei brach er sich die Rippen, einen Arm und ein Bein und zog sich eine Schädelfraktur zu.«
Einen Moment, da stimmte doch etwas nicht.
»Jetzt hast du mich abgehängt …« Suzy schüttelte verwirrt den Kopf. »Wer hat die Kinder aus dem Auto befreit?« Und warum um alles in der Welt, hatte der Reporter idiotischerweise vom Georgs-Orden geredet?
Als ob Leo ihre Gedanken lesen konnte, drehte er kurz den Kopf und sah sie an. »Harry hat sie befreit.«
»Aber du hast doch gesagt …«
»Ich weiß, er hat es trotzdem geschafft, sie da herauszuholen. Gott allein weiß, wie. Vermutlich, weil sonst keiner da war. Die beiden Teenager hatten sich aus dem Staub gemacht. Offenbar gab es ein paar Rentner, die das Ganze beobachteten, aber sie konnten nicht helfen. Und jede Sekunde zählte.«
Suzy schaute zu Lucille, die ihre Augen weit aufgerissen hatte. Da sie die Fähigkeit zu sprechen verloren zu haben schien, redete Suzy weiter. »Dann hat also Harry beide Kinder gerettet? Aber wie denn?«
»Er tauchte zum Wagen hinunter, öffnete eine Tür, zog das Mädchen heraus, löste die Gurte des Kindersitzes und holte auch das Baby heraus … Die Polizei traf ein, als er mit beiden Kindern in den Armen am Ufer auftauchte. In dem Moment, als man ihm die Kinder abnahm, brach er zusammen. Die Sanitäter konnten es nicht glauben, als sie ihn untersuchten. Laut den Ärzten hat Harry quasi eine übermenschliche Tat vollbracht.« Leo schwieg kurz. »Und wo warst du heute Abend bis nach Mitternacht? Wer war der Kerl, an den du dich geklammert hast?«
»Niemand. Nur ein Freund.« Suzy wurde durch den abrupten Themenwechsel eiskalt erwischt und spürte, wie sie rot wurde. Sie wirbelte herum, suchte Unterstützung bei Lucille. »Wir waren eine ganze Gruppe. Harry ist nicht aufgetaucht, darum sind wir ausgegangen – mehr war da nicht!«
»Harry ist nicht aufgetaucht, darum seid ihr ausgegangen«, wiederholte Leo, wie ein anklagender Staatsanwalt vor Gericht. Nicht leise genug flüsterte er: »Meine Güte, wie loyal.«
»Tja, was hätte ich denn denken sollen?« Aufgebracht wie sie war, erhob Suzy die Stimme. »Ach je, Harry verspätet sich, wahrscheinlich liegt er am Grund des Flusses und rettet unschuldige Kinder aus einem gekidnappten Auto?«
»Sie hat versucht, ihn anzurufen«, warf Lucille ein. »Mehrmals.«
»Harry hat sich schon gedacht, dass du es bist.« Leo warf Suzy einen raschen Blick zu, als er vor dem Eingang des Frenchay-Krankenhauses vorfuhr. »Er hörte, wie sein Handy in der Jackentasche klingelte. Leider konnte er sich nicht melden – er klammerte sich in diesem Augenblick an zwei Scheibenwischer.«
»Ist ja gut, ist ja
gut
«, schoss Suzy zurück und strich sich das Haar genervt aus dem Gesicht, während Leo parkte. »Ich bin dennoch nicht losgezogen und habe mir einen anderen Mann für die Nacht gesucht.«
»Nein, es waren sechs oder sieben«, meinte Leo trocken. »Und bevor wir jetzt hineingehen, möchtest du vielleicht etwas ablegen. Harry mag einen Schädelbruch haben, aber nicht einmal er wird glauben, dass dieses Jackett dir gehört.« Er warf ihr einen kalten Blick zu.
Suzy wusste, dass Fotografen in der Nähe waren, das machte sie nervös. Sie wollte nicht oberflächlich und eitel wirken – schließlich waren sie nur auf ein Foto von Harry aus –, aber trotzdem.
Sie folgte Leo durch ellenlange Korridore, gleichzeitig versuchte sie, ihre Frisur zu retten. Und – ja, hurra! – sie fand noch einen Lippenstift in ihrer Handtasche. Sie stieß Lucille mit dem Ellbogen an, damit sie ihre Handtasche hielt, während sie mit ihren Haaren kämpfte.
Leo sah über seine Schulter und murrte: »Versuch doch nur ein einziges Mal, nicht an dich zu denken.«
Empört erwiderte Suzy: »Ich will doch nur gut für Harry aussehen.«
»Hm.« Leo ließ sich keine Sekunde lang täuschen – verdammt, sie
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