Sternschnupperkurs
unterstreichen. Er sah auch furchtbar aus. Dass er auf dem Wohnzimmerboden seines besten Freundes schlafen musste, forderte sichtlich seinen Tribut. Seine Haare standen ab, dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, und sein Anzug war zerknittert, als ob er ihn einfach aus einer der schwarzen Mülltüten gezogen und angezogen hätte.
Suzy wollte eine sarkastische Bemerkung machen, aber zu ihrem Entsetzen sah sie Tränen in Martins Augen aufwallen. Sofort schloss sie den Mund und wandte sich ab.
Das hier war mehr als sie verkraften konnte. Suzy riskierte einen kurzen Blick über die Schulter und sah, wie Martins Adamsapfel beängstigend schnell auf und ab hüpfte.
Hilfe.
Frauen weinten ständig, mit Frauen war das leicht. Wenn sie von ihrem Freund abserviert wurden, dann heulten sie sich ordentlich aus, man umarmte sie fest, und bevor man sich versah, saß man zusammen in der nächstbesten Weinstube, kippte glücklich mehrere Flaschen eiskalten Frascati und tauschte Was-für-ein Mistkerl-Geschichten aus.
Aber Männer … Männer waren anders. Männer sollten nicht weinen. Wenn sie es doch taten, fand Suzy das regelrecht alarmierend.
Und das besonders, wenn der Grund, warum der Mann weinte, eine Ehefrau war, die ihn an die frische Luft gesetzt hatte, weil
er
so ein Mistkerl war.
Bis jetzt hatte Suzy gedacht, Martin sei einfach wütend, weil seine Frau ihn beschuldigte – ob zu Recht oder nicht –, eine Affäre zu haben. Jetzt wurde ihr zum ersten Mal klar, dass er offenbar fürchtete, sie für immer verloren zu haben.
Suzy wurde sofort weich. Sie wartete, bis Martin sich wieder unter Kontrolle hatte.
Gewissermaßen unter Kontrolle.
Vielleicht zu vierzig Prozent.
»Also gut, wen hast du heute Morgen auf deiner Liste?«
Für gewöhnlich hatte er all seine Termine im Kopf, darum ließ sich ermessen, in welch gepeinigtem Zustand er sich befand, als er in seinem Terminkalender nachschauen musste. »Äh, Mr. und Mrs. Newman. Sie wollen, dass man ihr Gartenhaus schätzt. Victoria Street 14 um 10 Uhr 30 .«
»Gut, ich kümmere mich darum.« Suzy schrieb es sich auf. »Du nimmst dir jetzt ein paar Stunden frei. Geh nach Hause, dusche, zieh dich um … wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?«
Martin schaute verwirrt. »Ich weiß nicht mehr. Kebab am Mittwoch?«
»Wenn das so ist, dann frühstücke etwas.«
Hüpf, hüpf, machte Martins Adamsapfel.
»Ich kann nicht nach Hause. Nancy lässt mich nicht ins Haus.«
»Dann geh in die Wohnung deines Kumpels. Wo immer du gerade untergekommen bist.«
»Du solltest seine Bude mal sehen«, sagte Martin verzweifelt. »Ein Schweinestall. Es gibt nicht einmal heißes Wasser.«
Seufzend warf ihm Suzy ihre Schlüssel zu. Wenigstens war Lucille nicht zu Hause.
»Die Gästehandtücher liegen im Wäscheschrank. Das Bügeleisen und das Bügelbrett findest du unter der Treppe. Und im Kühlschrank gibt es reichlich zu essen. Bediene dich einfach.« Hastig fügte sie hinzu: »Nur nicht an dem Käsekuchen von Marks & Spencer.«
Na ja, sie war auch nur ein Mensch.
Einen Moment lang fürchtete Suzy, Martin würde neuerlich in Tränen ausbrechen. Glücklicherweise klingelte das Telefon und lenkte sie beide ab. Martin räusperte sich und murmelte »Ist gut, danke«, und nahm dann den Hörer ab, den er ihr gleich darauf entgegenstreckte. »Für dich.«
»Ich bin’s«, meldete sich Harry. Er klang freudig erregt. »Schnell, lauf zum nächsten Kiosk und kauf ein Dutzend Ausgaben von
Hi! –
wir sind auf der Titelseite!«
»Mach ich.« Wenn sie neben ihren eigenen Terminen auch noch die von Martin übernehmen musste, würde sie kaum noch Zeit zum Pinkeln haben, dachte Suzy insgeheim. Da war es völlig unmöglich, dass sie bewundernd Fotos von sich selbst in einem Hochglanzmagazin anstarrte.
»Ach, und stell dir vor: Ich werde heute Nachmittag entlassen! Ist das nicht großartig?«
Oh.
Oh
, dachte Suzy entsetzt. So bald schon? Sie hatte sich daran gewöhnt, dass Harry im Krankenhaus lag, an die ganze Besuchsroutine.
»Kommt das nicht ein wenig plötzlich?« Sie achtete darauf, besorgt zu klingen, nicht panisch. »Ich meine, sind die Ärzte sicher, dass es dir gut genug geht, um schon nach Hause entlassen zu werden? Du darfst dich von ihnen nicht hinauswerfen lassen, wenn du dich nicht bereit fühlst …«
»Süße, ich bin jetzt seit zehn Tagen hier drin.« Harry klang amüsiert. »Natürlich fühle ich mich bereit. Es gibt da nur ein kleines Problem.«
Probleme? Ha,
Weitere Kostenlose Bücher