Sternstunde der Liebe (German Edition)
entschuldigen.
Die Wagentür wurde zugeknallt – doch am Fuß ihres eigenen und nicht des Franklinschen Hügels. Als sie sich nach hinten lehnte, erblickte sie ein vertrautes Gesicht, das mit gerunzelter Stirn zu ihnen heraufsah.
»Ah, oh.« Sie errötete, als wäre sie gerade auf frischer Tat ertappt worden.
»Zee«, sagte Zeb leise.
»Hallo, ihr beiden«, rief Elizabeth, brachte sich unter Kontrolle und setzte ein strahlendes Lächeln auf, als sie die Stufen hinaufkam. »Ich bin extra hergekommen, um den achtzehnten Geburtstag meines Sohnes zu feiern … wo steckt er denn?«
28
S ieht ganz so aus, als hätten die neuen Nachbarn ein kleines Kettensägen-Massaker veranstaltet.« Elizabeth lehnte sich auf dem verblichenen alten Sofa im Wohnzimmer zurück und sah zum Fenster hinaus. »Was ist mit den Bäumen passiert?«
»Alle weg. Die neuen Eigentümer bevorzugen einen ungehinderten Ausblick aufs Wasser und ein riesiges Faulbecken«, erwiderte Rumer, die in dem alten Lehnsessel aus Rosenholz saß.
»Das neue Statussymbol – eine Klärgrube, extragroß«, sagte Elizabeth trocken und erhaschte durch das Fenster einen Blick auf den neuen Eigentümer, der seinen Besitz abschritt.
Rumer schwieg. Zeb hatte sich verabschiedet, war geflüchtet, dachte Elizabeth. Feigling. Rumer saß mit unbewegter Miene da, bemüht, ihre wahren Empfindungen zu verbergen, was ihr gründlich misslang. Elizabeth sah, dass sich ihre Gefühle in Aufruhr befanden. Die Schwestern hatten früher Verstecken hinter den Möbeln gespielt, auf denen sie nun saßen. Ihre Mutter hatte ihnen – mehr als ein Mal – eingeschärft, in ebendiesem Raum: »Freunde werdet ihr im Leben viele haben, aber nur eine Schwester.« Elizabeth konnte die ganze Geschichte an den Augen ihrer Schwester ablesen, deren heiteres Gesicht von den Sturmwolken der Erinnerung überschattet war.
»Ich sehe schon, wir haben einen neuen Tiefpunkt erreicht«, sagte Elizabeth. »Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit meinen Schauspieler-Kollegen zusammengesessen und mich über Klärgruben unterhalten hätte.«
»Ich schätze, um das zu erleben, musstest du nach Hause kommen«, erwiderte Rumer finster. »Hier auf dem Kap reden wir nicht lange drumherum, sondern kommen ziemlich schnell auf den Punkt.«
Elizabeth räkelte sich, dann lächelte sie. »Bist du schon wieder auf den Barrikaden?«
»Barrikaden?«
Sie lachte. »Mit Sicherheit … das erkennt man schon daran, wie du das Wort ›Barrikaden‹ aussprichst. Ständig auf der Hut. Entspann dich, Rumer. Das ist kein Wortgefecht. Es sei denn … du legst Wert darauf.«
»Nein danke.« Rumer holte tief Luft, als müsste sie sich zwingen, Höflichkeit zu wahren. Elizabeth konnte beinahe beobachten, dass ihr Verstand auf Hochtouren arbeitete. »Es liegt nur daran, dass wir so lange nicht mehr miteinander geredet haben. Erzähl mir, was es Neues gibt, Elizabeth, alles. Aber zuerst, wie geht es Dad?«
»Ganz die pflichtbewusste Tochter, hätte ich mir denken können, dass diese Frage als Erstes kommt. Es überrascht mich nur, dass du es geschafft hast, sie so lange unter Verschluss zu halten. Dad war … nun, wie immer.«
»Und was heißt das?«
»Du weißt schon – schulmeisterlich, pathetisch. Und auf dem Sprung, wie gehabt.«
Rumer verzog keine Miene, obwohl ihr Elizabeths Beschreibung missfiel. Sie machte sie wütend, und schlimmer noch, traurig. Aber sie ließ es dabei bewenden. »Gesundheitlich alles in Ordnung mit ihm? War er guter Dinge?«
»Einigermaßen. Er machte einen seltsamen Ausflug mit mir, auf den Spuren der Erinnerung. Eine Dokumentation seines Lebens in Nova Scotia, in Miniaturformat. Als würde er den Geistern der Vergangenheit einen Besuch abstatten und gleichzeitig den nächsten Schritt in seinem Leben planen.«
»Wieso nächster Schritt? Er segelt nach Irland und anschließend nach Hause zurück – oder etwa nicht?«
Elizabeth zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich. Er ist alt geworden.«
»Das kommt dir nur so vor, weil du ihn lange nicht gesehen hast.« Rumer sah Elizabeth unverwandt in die Augen. Damit sie ihre Messerstiche umso besser anbringen kann, dachte Elizabeth und lächelte, bevor sie antwortete.
»Mein Leben war voll ausgelastet, eine Gabe, die nicht jedem vergönnt ist. Es erstaunt mich, dass du ihn allein mit dem Boot weggelassen hast. Er ist gesundheitlich nicht auf der Höhe – Arthritis, richtig?«
»Richtig, aber ich wollte ihn nicht aufhalten.
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