Sternstunde der Liebe (German Edition)
Diese Reise war schon immer sein großer Traum. Aber was glaubst du, warum er mich nicht angerufen hat, bevor er nach Irland weitergesegelt ist?«
Elizabeth zuckte die Schultern. Es kam ihr absonderlich vor, wieder in ihrem Elternhaus zu sein. Die ganze Dynamik im Beziehungsgeflecht der Larkins überflutete sie mit einem Mal wieder; es würde sie nicht überraschen, wenn Rumer nach wie vor die »Hüterin« der Familie war – über das Wohl jedes Einzelnen mit Argusaugen wachte. Sie hatte oft das Gefühl gehabt, als sei die Reihenfolge der Geburt umgekehrt und Rumer die Ältere, Verantwortungsbewusste, die ihr den Part des egoistischen, nur mit sich selbst beschäftigten Nachkömmlings zugedacht hatte.
»Ich hatte den Eindruck, dass ihm ziemlich viel im Kopf herumging.«
»Was beispielsweise?«
»Darling, ich kann keine Gedanken lesen. Dad hat sich mir noch nie anvertraut, bevor er auf das nächste offene Meer abgedampft ist. Alles klar?«
Sie wollte das Thema so rasch wie möglich abhaken und auf Zeb zu sprechen kommen, musste aber umsichtig vorgehen. Es kam ihr seltsam vor, dass Rumer in dieser Beziehung nicht mehr Schuldgefühle zeigte; schließlich hatte Elizabeth trotz der Scheidung ein größeres Anrecht auf ihn, wegen des gemeinsamen Sohnes und der Ehe, und war der Ansicht, dass ihre Schwester diese Tatsache zur Kenntnis nehmen sollte.
Aber Rumer saß einfach da und starrte aus dem Fenster auf den Long Island Sund hinaus, als könnte ihr Vater wie durch ein Wunder jeden Moment mit seinem Segelboot auf der Bildfläche erscheinen.
Elizabeth räusperte sich. »Du bist ja völlig aufgelöst.«
»Nur … beunruhigt. Besorgt, genauer gesagt.«
»Er ist erwachsen.«
»Ich weiß, aber …«
»Es steht ihm zu, ein paar Geheimnisse vor seiner Tochter zu haben. Niemand hat das Recht, zu verlangen, dass er über jeden Schritt Rechenschaft ablegt – vielleicht möchte er endlich tun und lassen können, was er will. Nur weil er mit dir unter einem Dach wohnt, muss er sich doch nicht bevormunden lassen.«
»Das ist mir klar.« Rumers Augen waren gefährlich verschleiert vor Zorn.
Elizabeth biss sich auf die Lippe; sie verstand nicht ganz, warum sie ihrer Schwester dermaßen zusetzte. Sie verspürte einen schmerzhaften Druck in der Brust, von der Wut, die sich in ihr selbst aufstaute.
»Tut mir Leid«, sagte sie steif. »Bei dir hat man nur das Gefühl, dass du andere bisweilen mit deiner Fürsorge erstickst.«
Rumer starrte sie an, zwei rote Flecken zeichneten sich auf ihren Wangenknochen ab. Elizabeth musste sich das Lachen verkneifen; sie verstand es noch immer, die richtigen Knöpfe zu drücken, um bei ihrer Schwester bestimmte Reaktionen auszulösen, genau wie früher als Kind. Dann berührte sie Rumers Hand, nahm die Spitze zurück.
»Vermutlich ist es genau das, was dich als Tierärztin so genial macht«, fügte sie beschwichtigend hinzu.
»Dass ich meine Patienten mit meiner Fürsorge ersticke?«
»Nun, der Ausdruck mag schlecht gewählt sein. Vielleicht sollte ich sagen, mit deiner ›Zuwendung‹. Gegenüber all den kleinen Hündchen und Kätzchen, damit es ihnen ja an nichts fehlt. Vor allem, weil sie nicht für sich selbst sprechen können …« Elizabeth lächelte. »Du hast es schon immer verstanden, selbst die verborgensten Gefühle ans Tageslicht zu holen – bei Menschen und Tieren.«
»Vergiss es.« Rumers Unruhe wuchs. »Jetzt mache ich mir wirklich Sorgen. Er muss doch etwas gesagt haben – ich frage mich langsam, warum er überhaupt so wild auf die Reise war.«
»Das wird er dir sicher nach seiner Rückkehr erzählen.« Elizabeth stand auf und schlenderte durch den weitläufigen Raum, nahm Bilder, Bücher und Schneckengehäuse in Augenschein. Jeder Gegenstand beschwor Erinnerungen herauf – an ihre Eltern, an sie selbst, an Rumer, an Zeb.
»Und wann kommt er zurück?«
»Wenn er soweit ist, Rumer«, erwiderte Elizabeth, deren Geduld sich langsam erschöpfte.
»Du hast ihn ja gesehen. Dad ist nicht mehr der Jüngste; was ist, wenn ihm unterwegs etwas passiert?«
»Denk nicht mehr daran; wie mir scheint, hast du ja jemanden gefunden, der dir dabei hilft.«
Rumer saß schweigend da, die roten Flecken wurden kräftiger. Elizabeth konnte nicht umhin zu bemerken, dass ihre Haare völlig naturbelassen waren. Silberne Fäden verschmolzen mit dem Weizenblond. Elizabeth fiel keine einzige gute Freundin in ihrem Alter ein – sei es in Kalifornien, New York oder Europa –, die
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