Sternstunde der Liebe (German Edition)
Zeb blickte abermals zum Himmel empor. Keine Sterne.
Er hörte, wie die Tür leise hinter ihr zufiel. Das Klicken des Schlosses bewirkte, dass er sich zutiefst bedrückt fühlte. Es klang vertraut: Damals, als er noch hier lebte, hatte er das Geräusch millionenmal vernommen. Als er sich wieder umdrehte, fiel sein Blick auf das andere Haus – das grüne Cottage, in dem seine Familie einst gewohnt hatte.
Er dachte an die zahlreichen Abende, als sein Vater durch die Tür gekommen war, übellaunig nach dem dichten Verkehr auf dem Highway vom Kennedy Airport. Seine Mutter hatte ihm geraten, seinen Vater in Ruhe zu lassen, damit er abschalten und sich ein wenig entspannen konnte, bevor er ihn mit den Sorgen behelligte, die ihm im Kopf herumgingen.
Elizabeth war der einzige Mensch gewesen, über dessen Anwesenheit sich sein Vater zu freuen schien.
»Hi, Mr. Mayhew«, pflegte sie ihn mit einem strahlenden Lächeln zu begrüßen, bei dem ihre Grübchen sichtbar wurden, während sie an dem Lichtmast zwischen den Grundstücken hin- und herschwang.
»Hallo, Elizabeth.«
»Wie war Ihr Flug?«
»Lang. Wahrhaftig lang. Was ich brauche, ist eine Runde schwimmen und einen Drink, danach geht’s mir besser. Was ich nicht brauche, ist eine endlose Litanei darüber, was zu Hause alles schief gelaufen ist, während ich nach Brüssel und zurück geflogen bin.«
»Nun, ich freue mich jedenfalls, Sie zu sehen. Und ich habe keinen Grund zur Klage!«
»Das kannst du laut sagen. Du hast das Zeug zu einem richtigen Filmstar, weißt du das? Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
»Nur Sie, Mr. Mayhew!«
»Wenn du später berühmt bist, kannst du jedem erzählen, dass ein alter Nachbar dich als Erster entdeckt hat.«
»Sie sind nicht alt …«
»Ach komm.«
»Nein, ehrlich. Mrs. Mayhew muss die glücklichste Frau auf dem Kap sein. Als Ehefrau eines Piloten!«
Zeb und Rumer hatten in ihrem verborgenen Hochsitz auf dem Dach gelauscht und Zeb begann zu würgen, als sei ihm schlecht.
»Wie die ihm Honig ums Maul schmiert«, pflegte er zu sagen. »Die reinste Zeitverschwendung; was soll das?«
»Sie versucht nur, ihn weich zu kochen, dir und deiner Mutter zuliebe«, kicherte Rumer, unfähig sich zusammenzureißen, weil sie die Durchtriebenheit ihrer Schwester urkomisch fand. »Sie probiert ihre weiblichen Tricks bei ihm aus.«
»Auf die er voll reinfällt, wie man sieht. Er frisst ihr aus der Hand.«
»Das ist nicht böse gemeint. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob sie damit aufhören könnte.«
»Sie ist hübsch. Das steht fest.«
Hatte Rumer eifersüchtig auf seine Bemerkung reagiert? Zeb war sich inzwischen nicht mehr sicher. Sie hatte den Kopf auf die Seite gelegt, als würde sie angestrengt nachdenken, und hatte genickt – ihm uneingeschränkt beigepflichtet. »Nicht nur hübsch, sondern schön«, hatte sie geflüstert.
Und das war sie. Nicht einmal heute konnte Zeb die Schönheit seiner Ex-Ehefrau leugnen. Als Heranwachsende waren Rumer und sie völlig verschieden gewesen. Rumer war zierlich und schmal, ein richtiger Wildfang mit Sommersprossen und zerzausten Haaren in der Farbe von Schachtelhalmen. Elizabeth hatte dagegen üppige, kurvenreiche Formen, mit großem Busen, breiten Hüften und vollen Lippen.
Die Sache war die, dass Zeb nie eine andere als Rumer gewollt hatte. Ihre natürliche Schönheit gefiel ihm besser als alles, was die Natur selbst zu bieten hatte. Sie war unkompliziert, ungekünstelt und doch irgendwie vollkommen. Elizabeth war immer über das Ziel hinausgeschossen: Alles war zu. Zu schrill, zu sexuell, zu ehrgeizig, zu schockierend. Sobald ihr Blick auf etwas fiel, was sie begehrte, drehte sie die Lautstärke dermaßen auf, dass man sie nicht ignorieren konnte.
Als er an der Reihe war, hatte Zeb es gar nicht erst versucht. Sein Vater hatte einen Narren an ihr gefressen – dessen war er sich sicher, und er hatte schon in frühester Kindheit die Abneigung seiner Mutter gegenüber Elizabeth gespürt. Vielleicht war das eine Freudsche Geschichte – obwohl er Rumer liebte, hatte er sich mit der Schwester eingelassen, der sein Vater den Vorzug gab. Und als wäre das noch nicht abscheulich genug, war er selbst auch auf die alte Masche hereingefallen.
Er erinnerte sich nun daran, als er in dem Garten zwischen den Häusern stand, in denen sie ihre Kindheit verbracht hatten. Zwanzig Jahre war das her … Rumer und er waren sich im Sommer zuvor sehr nahe gekommen. Sie spürten, dass sie
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