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Sternstunde der Liebe (German Edition)

Sternstunde der Liebe (German Edition)

Titel: Sternstunde der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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langen Beine schlug. Sie kletterten über eine alte Mauer aus Granitgestein, das von der Felsenküste hinter Winnies Anwesen stammte, keine fünfzig Meter entfernt.
    »Hast du dir vorgestellt, dass wir zwei am Schornstein hochklettern?«, fragte er.
    »Eigentlich nicht. Es gibt einen einfacheren Weg.«
    »Ich hoffe nur, dass wir nicht hinter Gittern landen.«
    »Jetzt komm schon.« Sie schenkte seinen Worten keine Beachtung, ging unbeirrt weiter.
    Er musste ihr nicht folgen; er wusste auch so, wohin sie ging. Die blitzartige Erkenntnis, wie viel Zeit sie gemeinsam und getrennt voneinander auf diesem Planeten verbracht hatten, erschütterte ihn bis ins Mark. Sie trat beiseite, und er blickte auf die Stelle, die ihm so vertraut wie seine Westentasche war: Sie lag unterhalb des flachen Felsens, direkt unter dem Azaleenbusch, neben dem Eingang zum Kaninchenbau. Er ging in die Hocke, schob seine Finger vorsichtig zwischen Felsgestein und weiche Erde und zog den Schlüssel hervor. Sein Herz hämmerte, als sich ihre Blicke trafen.
    »Der gehört mir nicht mehr«, sagte er. Vielleicht war es besser, das Dach und die Sterne zu vergessen; er sah blitzschnell zu ihrem Garten hinüber, gleich nebenan. Da war sie, die Überraschung, die er für sie hatte. Er wollte, dass sie sein Werk sah, aber sie wandte den Blick nicht von ihm ab.
    »Ich weiß.«
    »Und ins Haus gehöre ich erst recht nicht.«
    Sie schwieg. Spähte zwischen den Häusern hindurch zum Leuchtturm von Wickland Rock hinüber. Ihr Blick verweilte ein paar Sekunden, als schicke ihr der Leuchtstrahl eine Botschaft.
    »Ich denke doch. Nur heute Abend.«
    »Nur heute Abend?«
    »Das Haus ist im Moment eigentlich herrenloses Gut, könnte man sagen. Die alten Besitzer haben es verkauft; die neuen haben es noch nicht ins Herz geschlossen. Wenn du möchtest, finde ich es in Ordnung, aufs Dach zu klettern – ein letztes Mal.«
    Sie gingen zur Tür. Zeb spürte den Schlüssel in seiner Hand – das Metall war dünn, abgenutzt im Laufe der Zeit. Er hatte keine Ahnung, ob das Schloss ausgewechselt worden war. Die Fliegengittertür quietschte, als er sie aufzog. Die Holzstufen knarrten unter ihren Füßen. Über die kleine, ebenfalls mit Fliegengitter bespannte Veranda gelangten sie zur Küchentür: ein Paradies für Einbrecher. Eine Tür mit großen Glasscheiben, ein einfaches Schloss ohne weitere Sicherheitsvorrichtungen. Er steckte den Schlüssel hinein, er ließ sich leicht umdrehen, und schon hatten sie sich Zutritt verschafft.
    Im Haus roch es noch genau wie früher. Eine würzige Mischung aus salzhaltiger Meeresluft, mit Zimt bestreutem Toast, schimmeligen Kissen und fadenscheinigen, von seiner Mutter eigenhändig geflochten Läufern. Sie lagen immer noch da, bedeckten die dunklen Kiefernholzböden. Die letzten Besitzer hatten an all dem nichts verändert.
    »Mein Gott, das ist, als würde man die Uhr zurückdrehen«, flüsterte er.
    »Wie Winnie zu sagen pflegt: Warum an Dingen herumpfuschen, die perfekt sind?«, erwiderte Rumer, ebenfalls flüsternd.
    Sie eilten durch das Wohnzimmer, stiegen die alte Holztreppe hinauf. Zeb zählte: eins, zwei, drei, vier. Die vierte Stufe knarzte immer noch – ein fortwährendes Verhängnis, wenn er als Teenager versucht hatte, sich aus dem Haus zu stehlen.
    »Und die neuen Besitzer wollen wirklich alles von Grund auf verändern?«, fragte er.
    »Pssst! Lass uns heute Abend nicht mehr über sie sprechen …«
    Im Flur des ersten Stocks kamen sie am Zimmer seiner Eltern vorbei, das sich linkerhand befand. Er warf einen Blick hinein und sah das eiserne Bettgestell, in dem sie geschlafen hatten, eine dünne Chenille-Tagesdecke lag darauf. In dem gedämpften Licht erinnerte er sich, dass er einmal aus einem schlechten Traum erwacht und aufgestanden war, auf der Türschwelle gestanden und seine schlafenden Eltern betrachtet hatte.
    Jahre später hatten Elizabeth und er ein paar Mal in dem Zimmer übernachtet. Er fühlte sich in jene Zeit zurückversetzt, sah sich dort liegen, wo sein Vater zu schlafen pflegte, und Elizabeth auf der Bettseite seiner Mutter – näher zum Fenster, das auf den Strand hinausging. Zeb hatte es immer als unpassend empfunden, wenn Elizabeth und er gleich neben Rumer wohnten. Ihr Aufenthalt in diesem Haus war meistens kurz und unangenehm gewesen.
    Rumer betrat als Erste sein früheres Zimmer. Alles, was er damals mit Leidenschaft gesammelt hatte, war verschwunden, schon vor langer Zeit entsorgt: Insekten,

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