Sternstunde der Liebe (German Edition)
während Sehnsucht und Verlangen von Minute zu Minute wuchsen, hangelte er sich wieder von Ast zu Ast und setzte die Arbeit fort, mit der er vor Winnies Ankunft beschäftigt gewesen war.
Als Rumer abends aus der Praxis nach Hause kam, wollte sie nur noch eine Runde schwimmen und eine Tasse Tee. Sie hatte hämmernde Kopfschmerzen. Sogar beim Ausritt am Fluss entlang, auf Blue, mit Edward neben ihr auf Liffey, hatte sie sich nur mit Mühe auf Edwards Worte konzentrieren können. Sie hatte jeden Raubvogel, der hoch über ihnen schwebte, beobachtet und sich gefragt, ob der Fischadler auf dem Wege der Genesung sein mochte, hatte immer wieder an das erregende Gefühl gedacht, als Zebs Arme sie umfingen, nachdem sich der Vogel in die Lüfte erhoben hatte.
Als sie nun vor ihrem Haus vorfuhr, sah sie die gelben Maschinen und den Menschenauflauf; sie ließ den Kopf auf das Lenkrad sinken.
»Schau dir das an, Rumer!«, rief Annabelle. »Die reinste Invasion von Baufirmen und Bauarbeitern in der Cresthill Road! Sie haben sich am späten Nachmittag hier breit gemacht – Panel-Trucks, Kipplastwagen, Vans und ein Grabenbagger sind unter dem Eisenbahn-Viadukt durch aufs Kap gerumpelt, wie eine feindliche Armee auf dem Vormarsch.«
»Stimmt«, bestätigte Winnie, die sich in einer wallenden weiß-grün-orangefarbenen Robe, flankiert von zwei Gesangsschülerinnen, ebenfalls unter den Zuschauern befand. »So dramatisch das Ganze aus Annabelles Mund auch klingen mag, es mit ansehen zu müssen spottet jeder Beschreibung.«
Hecate schlich wie ein lichtscheues Tier durch ihren schattigen Garten und spähte um die Ecke ihrer Garage. Annabelles Töchter, in Strandkleidung, verschränkten die Arme und schüttelten die Köpfe.
»Wo ist mein Vater?«, fragte Rumer, während sie verstohlen nach Zeb Ausschau hielt. Die Bauarbeiter waren in seinem früheren Garten, sprachen mit dem neuen Besitzer.
»Sixtus ist nach Hawthorne gefahren, Kartenmaterial für den Segeltörn kaufen.«
»Hat irgendwer eine Ahnung, was da vor sich geht?« Rumer beobachtete das geschäftige Treiben auf dem alten Mayhew-Anwesen nebenan. Der neue Besitzer stand im oberen Teil des Gartens und deutete auf verschiedene Stellen, während sich der Bauunternehmer Notizen machte. Verdeckt vom dichten Laub der Bäume und der üppigen Vegetation, konnte man nur schwer erkennen, was sich dort tat. Die Kaninchen hatten sich ausnahmslos in Deckung begeben und waren von der Bildfläche verschwunden.
»Gute Frage«, ließ sich Winnie vernehmen.
»Muss eine große Sache sein«, erklärte Annabelle. »Ich hab durch die Scheibe des Trucks gespäht und einen ganzen Wust von aufgerollten Bauplänen gesehen.«
»Haben die noch nie etwas von der Lärmschutzverordnung gehört?«, fragte Winnie.
»Sie hämmern und bohren doch noch gar nicht«, warf Rumer ein; ihr Herz sank, als sie sah, wie die Bauarbeiter Schaufeln und Breithacken ausluden.
»Noch nicht«, sagte Hecate. »Aber bald … sehr bald … und dann erst der Krach, den die Förderbänder machen.«
»Dad hat es vorausgesehen«, ließ sich Rumer vernehmen. »Die neuen Besitzer waren ungemein an ›Renovierungsarbeiten‹ interessiert, wie wir bei der Begrüßung feststellen konnten …«
»Renovierungsarbeiten. Solche Veränderungen werden völlig überbewertet«, schnurrte Hecate mit ihren rollenden Rs und schüttelte den Kopf. »Was gibt es da zu verbessern, wo uns die Natur so viel Schönheit geschenkt hat, mitsamt den Sinnen und der Fähigkeit, sie zu genießen.«
Winnies Auto, ein orangefarbener Volvo, parkte auf der Straße, und die Frauen umringten ihn, als wollten sie sich wärmen. Rumer lehnte sich nach vorne, gegen die Fahrertür gepresst, und Winnie ließ ihre Schülerinnen stehen, kam zu ihr und legte die Hand auf ihren Arm.
»Darling, dein Busen. Den solltest du nie einquetschen«, sagte Winnie tadelnd und zog Rumer zurück. »Begleitest du mich den Hügel hinauf, den Feind ausspähen? Da das Grundstück zwischen deinem und Hecates liegt, solltet ihr beide mitkommen.«
Rumer blickte zum Wasser hinunter, zum Cottage, das Zeb gemietet hatte. Sie wünschte, er wäre jetzt bei ihnen, um ihnen den Rücken zu stärken, doch da sich nichts regte, nickte sie und ging voraus, die zerbröckelnden, von Glockenblumen und Taglilien gesäumten Steinstufen hinauf, während Winnie und Hecate ihr folgten.
»Mr. Franklin«, sagte Rumer, oben angekommen. »Darf ich Ihnen zwei Nachbarinnen vorstellen, Winnie Hubbard und
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