Sternstunde der Liebe (German Edition)
Deshalb dachte ich, als –« Er verstummte.
»Als was?«
Er wollte nicht wieder damit anfangen. Es tat ihm nicht gut, von Neuem zu hören, wie die Explosion in seinen Ohren widerhallte. Er hatte die Zähne zusammengebissen, so fest, dass seine Kiefermuskulatur schmerzte.
»Du hast das große Los gezogen – mit deinem Beruf. Tieren helfen zu können; ihnen das Leben zu retten. Wie bei dem Fischadler …«
»Wir wissen nicht, ob er überlebt hat«, gab sie zu bedenken.
»Er ist gesund und munter. Ich habe ihn heute gesehen.«
»Wirklich? Wann denn?«
Zeb holte tief Luft. Er saß neben der besten Freundin, die er jemals gehabt hatte, auf dem Dach, umgeben von Sternen und Geißblatt-Duft, und spürte den wahren Zauber einer Sommernacht in Hubbard’s Point.
»Heute Nachmittag.« Er deutete auf den Baum. »Als ich damit beschäftigt war.«
Rumer drehte den Kopf. Sie blickte vom Dachfirst hinab, über die Hecke, in ihren eigenen Garten. Der Mond stand nun über den Häusern auf der gegenüberliegenden Straßenseite, verfing sich in den hohen dunklen Kiefern. Sein Licht, das durch das Geäst schimmerte, leistete ganze Arbeit: Die Zweige der alten Eiche, die zwischen den beiden Häusern stand, bildeten ein fein gesponnenes Netz aus goldenen Fäden.
»Was ist denn das?«, fragte sie atemlos.
»Habe ich für dich gemacht.« Zeb nahm ihre Hand. »Weil ich möchte, dass du wieder an uns glaubst.«
»An uns glauben …«
»So wie früher. Als du sagtest, dass wir durch einen magischen, goldenen Faden miteinander verbunden sind.«
»Zeb …«
»Der niemals zerreißen kann.«
Rumer brachte kein Wort über die Lippen. Sie starrte den Baum an, das Mondlicht, das auf dem Netz aus feinem Messingdraht tanzte, und fühlte sich in die Vergangenheit zurückversetzt. Ihre Hand fühlte sich warm und geborgen in seiner an, und ihre Blicke trafen sich.
Als er über die Einhorn-Wetterfahne hinaus zum Himmel emporsah, entdeckte er Arkturus, den Bärenhüter, beim Durchgang durch den Meridian. Vom Dach aus betrachtet, hatte man den Eindruck, als sei der Himmelskörper auf das Horn des Tieres gespießt. Er dachte an die umgekehrte Perspektive, wenn man aus dem Weltraum auf die Erde hinunterblickte, und seine Kehle verengte sich. Er sah Rumer an und verspürte plötzlich das Bedürfnis, es ihr zu erzählen.
»Ich bin viele Male darüber hinweggeflogen …«, begann er.
»Über Hubbard’s Point?«
»Ja.«
»Du konntest es sehen? Genau erkennen?«
»Ich war mir hundertprozentig sicher. Ich konnte mir das Haus vorstellen; und deines, gleich nebenan.«
Rumer sperrte vor Staunen Mund und Nase auf.
»Aber meistens musste ich mich auf andere Dinge konzentrieren. Wir waren weit oben, und ich sah zum Fenster des Raumschiffes hinaus. Dort waren die Sterne, die Monde, die Planeten … und unten war die Erde.«
»Kann man sie so klar unterscheiden?«
Er nickte. »Er ist einmalig, dieser blau-weiße Planet … ja, man kann ihn klar unterscheiden.« Er blickte zum Himmel empor, erinnerte sich, wie es war, nach unten zu schauen.
»Ich dachte, aus der Entfernung sähe die Erde genau wie jeder andere Himmelskörper aus, wie der Mond oder ein Stern.«
»Tut sie aber nicht.« Zeb hörte sein Herz klopfen. Wieso eigentlich?, überlegte er. Im Helm seines Raumanzugs hallten alle Geräusche wider, und er war mit dem eigenen Pulsschlag im Ohr eingeschlafen, ein beruhigender, stetiger Klang. Doch hier auf dem Dach, während er sich mit Rumer über seine Flüge unterhielt, hörte er den Rhythmus seines eigenen Lebens.
»Nicht?«, fragte Rumer.
»Nein … sie ist alles, was zählt.«
»Ich weiß«, flüsterte Rumer.
»Ein kleiner Himmelskörper, weit weg, doch auf ihm befindet sich alles, was ich liebe … Bäume, Meere, Musik, Malerei … ich habe nie aufgehört, an den magischen Faden zu denken, der uns verbindet.«
»Aus Gold«, sagte Rumer und betrachtete den Mond.
»Und an die Menschen. An Michael.« Zebs Herz klopfte bis zum Zerspringen, als er seine Wange an ihre legte und flüsterte: »An dich.«
Rumer erschauerte und drehte sich plötzlich um, barg unverhofft ihr Gesicht an seiner Schulter. Er spürte ihren Atem auf seiner Haut, und die Berührung ließ ihn erzittern.
»Rumer …«
Sie regte sich nicht, aber er spürte, wie ihre Stimmung umschlug. Ein eisiger Hauch erfüllte mit einem Mal die Luft und umgab sie beide. »Warum?«, flüsterte sie.
»Warum was, Rumer?«
»Ach Zeb. Ich war überzeugt, dass nichts
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