Sternstunden des Universums
keine Rede sein. Die Fusion von Kohlenstoff mit einem Heliumkern zu Sauerstoff wird damit weitgehend unterdrückt (Abb. 30).
»Weitgehend« heißt jedoch nicht vollständig. Rund die Hälfte aller Kohlenstoff-Helium-Kollisionen führt trotz fehlender Resonanz zur Bildung von Sauerstoff. Schuld daran sind die Eigentümlichkeiten der Quantenmechanik, auf die wir hier aber nicht näher eingehen wollen. Wie bereits angedeutet, reduziert sich damit nochmals die Menge der in der ersten Fusionsreaktion gebildeten Kohlenstoffkerne. Am Ende dieser Reaktionskette, die mit der Fusion zweier Heliumkerne zu Beryllium beginnt und mit Sauerstoff endet, stehen etwa gleiche Mengen an Kohlenstoff und Sauerstoff, die beiden wichtigsten Elemente für die Entwicklung von Leben. Dass trotz aller »Verluste«, die im Lauf der Prozesse eintreten, Kohlenstoff dennoch das vierthäufigste Element im Universum ist, verdankt sich letztlich der unglaublich hohen Zahl von Kollisionen, die sich fortwährend zwischen den Reaktionspartnern ereignen.
Abb. 30: Energieniveaus des Elements Sauerstoff. Da die Gesamtenergie des Helium-Kohlenstoff-Paares bereits oberhalb des entsprechenden Energieniveaus des angeregten Sauerstoffkerns liegt, ist eine resonante Reaktion von C und He zu O nicht möglich.
Schließlich drängt sich noch die Frage auf, ob nicht in einer Folgereaktion auch der Sauerstoff mit einem weiteren Heliumkern zu Neon verschmelzen kann. Aufgrund von Auswahlregeln, die den Spin der beteiligten Kerne betreffen, ist dieser Schritt jedoch extrem unwahrscheinlich.
Die Entstehung von Kohlenstoff in den Sternen beruht also auf einer Reihe glücklicher Umstände. Bestünde keine Resonanz zwischen Kohlenstoff und dem Beryllium-Helium-Paar, so könnte kein Kohlenstoff entstehen. Bestünde dagegen Resonanz zwischen Sauerstoff und dem Kohlenstoff-Helium-Paar, so würde aller Kohlenstoff wieder vernichtet. Der Astrophysiker Fred Hoyle war über diese Feinabstimmung der Prozesskette so verwundert, dass er nicht mehr an eine Aneinanderreihung von Zufällen glauben mochte. Er war fortan überzeugt, dass sich hinter all dem ein auf ein Ziel gerichteter Sinn verbirgt. Seiner Meinung nach seien in der Natur keine blinden Kräfte am Werk, vielmehr müsse es eine höhere Macht geben, die an den Stellschrauben der Physik gedreht habe.
Kapitel 8
Warten auf den Knall
Angst? Nein, Angst muss man nicht haben. Aber man kann sich ja mal Gedanken machen, was passiert, wenn es passiert. Die Rede ist von Eta Carinae, einem der beeindruckendsten Sterne in unserer Galaxis. Zu finden ist dieses »Sternmonster« am Südhimmel, im Sternbild Schiffskiel, in einer Entfernung von 7500 Lichtjahren. Eta Carinae gehört zu der sehr seltenen Klasse der sogenannten Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen (LBV). Mit einer Masse von 100 bis 120 Sonnenmassen und einer Oberflächentemperatur von etwa 30000 Grad ist er so leuchtkräftig wie zusammen circa vier Millionen Sonnen. Im Bereich infraroter Strahlung gehört der Stern, neben unserem Sonnensystem, sogar zu den hellsten am Himmel. 99 Prozent seiner Leuchtkraft entfallen allein auf diesen Wellenlängenbereich. Könnte man Eta Carinae an die Stelle unseres Zentralsterns setzten, so würde er mit einem Durchmesser von rund 1,54 Milliarden Kilometern bis zur Bahn des Planeten Jupiter reichen (Abb. 31).
Man vermutet, dass Eta Carinae mit einer Masse von circa 150 Sonnenmassen »geboren« wurde. Aufgrund eines starken Sternwindes und zahlreicher Massenausbrüche hat er davon mittlerweile etwa 30 Sonnenmassen eingebüßt. Erstmals katalogisiert wurde der Stern im Jahr 1677 von dem englischen Astronomen und Mathematiker Edmond Halley, der auch den nach ihm benannten Halleyschen Kometen als Erster beobachtete. Eta Carinae war damals ein Stern mittlerer Helligkeit, also mit bloßem Auge zu erkennen. In den Jahren bis 1730 nahm seine Helligkeit kontinuierlich zu, so dass er sich schließlich zum hellsten Stern im Sternbild Schiffskiel entwickelte. In den folgenden Jahren verblasste er wieder zu seiner ursprünglichen Helligkeit, um sie bis zum Jahr 1820 allmählich wieder zu steigern. 1827 war er schon wieder zehnmal so hell. Dieses Schauspiel wiederholte sich noch zweimal in der Zeit bis 1837.
Abb. 31: Eta Carinae und der pilzförmige Homunkulus-Nebel. Der Pfeil markiert die Position des Sterns im 7500 Lichtjahre entfernten Carina-Nebel (NGC 3372). Das Nebelbild ist aus 48 hochaufgelösten, mit dem Hubble-Teleskop gemachten
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