Sternstunden des Universums
Einzelbildern zusammengesetzt.
Im Jahr 1841 überstürzten sich dann die Ereignisse. Ein gewaltiger Ausbruch, ähnlich einer Supernova, erschütterte Eta Carinae. An seinen Polen stieß der Stern etwa zehn Sonnenmassen an Materie aus, die mit einer Geschwindigkeit von circa 700 Kilometern pro Sekunde in den Raum hinausschoss und zwei riesige pilzförmige Gas- und Staubwolken, den sogenannten Homunkulus-Nebel, formte. Einer dieser »Pilze« ist so gerichtet, dass man seinen Kopf gut erkennen kann, der andere weist von uns weg. Trotz Eta Carinaes Entfernung von 7500 Lichtjahren machte ihn dieser Ausbruch 1843, neben Sirius, zum zweithellsten Stern am Nachthimmel. Anhand der Masse und der Ausbreitungsgeschwindigkeit der bipolaren Wolken konnten die Astronomen auch deren Bewegungsenergie berechnen und damit auf die Gewalt des Ausbruchs schließen. Es zeigte sich, dass Eta Carinae dabei eine Energiemenge freigesetzt hat, wie sie unsere Sonne in 200 Millionen Jahren produziert. Die beiden Wolken, die sich gegenwärtig bereits rund 6,4 Billionen Kilometer in den Raum hinaus erstrecken, dehnen sich noch immer mit einer Geschwindigkeit von etwa 660 Kilometern pro Sekunde aus.
In den Folgejahren verblasste Eta Carinae wieder, sodass er zwischen 1900 und 1940 mit bloßem Auge nicht mehr zu sehen war. Aber schon kurz darauf ging es wieder bergauf. Von 1998 bis 1999 verdoppelte sich seine Helligkeit. Zurzeit liegt sie knapp unterhalb der Sichtbarkeitsgrenze für das bloße Auge. Im Teleskop zeigt sich Eta Carinae heute nicht nur vom Homunkulus-Nebel eingehüllt, sondern auch von einer weiter entfernten hufeisenförmigen Gaswolke mit einem Durchmesser von etwa zwei Lichtjahren umgeben. Vermutlich stammt sie von einem Ausbruch, der sich bereits vor mehr als 1000 Jahren ereignet hat.
Warum sich Eta Carinae so spektakulär gebärdet, lässt sich anhand der gängigen Theorien zu Struktur und Entwicklung von Sternen verstehen. Je massereicher ein Stern, desto mehr Leuchtkraft besitzt er. Allerdings nimmt die Leuchtkraft nicht gleichmäßig mit der Sternmasse zu, sondern proportional zur Masse hoch 3. Ein Stern mit der doppelten Masse unserer Sonne hat demnach nicht die doppelte, sondern die achtfache Leuchtkraft. Sterne großer Masse machen sich daher mit einer gewaltigen Leuchtkraft bemerkbar. Im Massenbereich um die 100 Sonnenmassen entwickeln diese Sterne einen enormen Strahlungsdruck, der beträchtliche Mengen an Materie von der Oberfläche des Sterns in den Raum hinaustreibt. Pro Jahr verliert Eta Carinae die 500-fache Masse der Erde. Hinzu kommt, dass derart massereiche Sterne in hohem Maße instabil sind und wie ein schlagendes Herz pulsieren. Dabei beschleunigen sich die Fusionsprozesse im Zentrum periodisch und produzieren einen Überschuss an Strahlungsenergie. Wird der Abfluss der zusätzlichen Energie durch die äußeren Sternschichten behindert, so bläht sich der Stern auf. Da mit zunehmendem Abstand vom Zentrum die äußeren Sternschichten immer schwächer gebunden sind, übersteigt schließlich der nach außen wirkende Strahlungsdruck die nach innen gerichtete Gravitationskraft, was zu den beobachteten Massenauswürfen führt.
Und noch etwas ist interessant: Eta Carinae strahlt nicht vollkommen gleichmäßig. Im Bereich der Ultraviolett- und Röntgenstrahlung schwankt die Intensität geringfügig mit einer Periode von fünfeinhalb Jahren. Mittlerweile ist man sich ziemlich sicher, dass es sich bei Eta Carinae nicht um einen Einzel-, sondern um einen Doppelstern handelt, also um zwei eng benachbarte Sterne, die um ihren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen. Ein Beobachter, der parallel zur Rotationsebene der Sterne auf das System blickt, sieht, wie die Sterne bei jedem Umlauf voreinander vorbeiziehen und sich dabei gegenseitig abschatten. Wenn dem so ist, dann könnten die Ausbrüche auch durch die gewaltigen Gravitationskräfte hervorgerufen worden sein, die die beiden Sterne bei ihrem Tanz um den gemeinsamen Schwerpunkt aufeinander ausüben. Was die intensive Röntgenstrahlung betrifft, die von Eta Carinae ausgehend die irdischen Detektoren erreicht, so hat sie ihren Ursprung sehr wahrscheinlich in einem Bereich, in dem zwei Sternwinde aufeinanderprallen. Dabei wird die Materie stark verdichtet und bis zur Emission von Röntgenstrahlung aufgeheizt. In dem Doppelsternsystem trägt dazu jeder der beiden Sterne mit seinem Sternwind bei. Komplizierter wäre die Sache, falls es sich bei Eta Carinae um einen einzelnen Stern
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