Sternstunden des Universums
handeln würde. Dann müssten beide Sternwinde von einem Stern abströmen, beispielsweise ein schneller und ein langsamer, und in einer gemeinsamen Stoßfront kollidieren.
Wie es mit Eta Carinae weitergeht, darüber sind sich die Astronomen einig. Circa drei Millionen Jahre ist der Stern erst alt – und doch schon am Ende seines Lebens. Die Astronomen schätzen, dass nur noch 10000 bis 20000 Jahre vergehen werden, bis es bei Eta Carinae zum finalen Knall kommt. In astronomischen Maßstäben ist das eine sehr kurze Zeitspanne. Zum Vergleich: Unsere Sonne hat heute bereits 4,5 Milliarden Jahre auf dem Buckel, und aller Voraussicht nach wird sie noch weitere vier bis fünf Milliarden Jahre scheinen wie bisher. Bei Eta Carinae schreitet die Entwicklung jedoch sehr viel schneller voran. Aufgrund seiner enormen Masse herrschen im Zentrum Temperaturen, bei denen die Kernfusionsprozesse – zunächst verschmilzt Wasserstoff zu Helium, dann Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff und nach einigen weiteren Stufen schließlich Silizium zu Eisen und Nickel – rasend schnell ablaufen. Der letzte Schritt vom Silizium zum Eisen wird nur noch Stunden dauern. Wenn schließlich aller Brennstoff verheizt ist und der von innen nach außen wirkende Strahlungsdruck wegfällt, wird der Stern in Sekunden unter seiner eigenen Schwerkraft zusammenbrechen und in einer Supernova explodieren.
Supernovae (SN) gehören zu den spektakulärsten Ereignissen im Kosmos. Die dabei freigesetzte Energie ist von einer Dimension, die unser Vorstellungsvermögen auf eine harte Probe stellt. Als Beispiel mag die Supernova 1987A (SN 1987A) dienen, die am 24. Februar 1987 in einer circa 180000 Lichtjahre entfernten Begleitgalaxie unserer Milchstraße, der Großen Magellanschen Wolke, aufleuchtete. Bei dem Vorläuferstern, der sein Leben in dieser SN ausgehaucht hat, handelte es sich um einen sogenannten Blauen Überriesen mit einer Masse von etwa 17 Sonnenmassen und einer Oberflächentemperatur von 30000 bis 40000 Grad. Als der Stern explodierte, wurde eine Energie von insgesamt 10 45 bis 10 46 Joule freigesetzt. Eine schwache Vorstellung davon, wie groß diese Energiemenge ist, liefert folgender Vergleich: Um ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius, genauer von 14,5 auf 15,5 Grad Celsius, zu erwärmen, sind 4,18 Joule nötig. Mit 10 46 Joule könnte man somit die milliardenfache Menge des Wassers aller Weltmeere 20 Milliarden Mal von null auf 100 Grad erhitzen.
Die von einer SN abgegebene Energie verteilt sich auf drei Säulen. Rund 99 Prozent der Energie tragen winzige Teilchen von sehr geringer Masse davon, sogenannte Neutrinos. Sie entstehen bei den Fusionsprozessen in den Sternen, insbesondere jedoch beim Kollaps eines massereichen Sterns. Etwa 1 Prozent der Energie steckt in der kinetischen Energie der in den Raum hinauskatapultierten Sternmassen, und nur circa 0,01 Prozent entfällt auf elektromagnetische Strahlung, das heißt auf Gammastrahlung, Röntgenstrahlung und sichtbares Licht sowie auf kosmische Strahlung. Im Gegensatz zu den erstgenannten Strahlungsarten gehört die kosmische Strahlung nicht zu den elektromagnetischen Wellen, vielmehr handelt es sich dabei um eine Teilchenstrahlung, vornehmlich bestehend aus nahezu lichtschnellen Elektronen, Protonen und Heliumkernen.
Angesichts dieser enormen »Energieausschüttung« einer SN drängt sich die Frage auf: Besteht Anlass zur Sorge, wenn Eta Carinae explodiert? Können die Neutrinos und die Strahlung dem irdischen Leben gefährlich werden? Oder ist Eta Carinae weit genug von uns entfernt, so dass sich die freigesetzte Energie im Raum verliert? Für eine Antwort muss man die Wirkung der bei einer SN auftretenden Strahlungsformen abklären. Anhand der Ergebnisse kann man dann versuchen, das Maß der Gefährdung abzuschätzen. Auf Erfahrungswerte kann man sich dabei nicht stützen, denn zum Glück ist die Menschheit noch nie mit einer nahen SN konfrontiert worden. Schwierig zu bestimmen ist insbesondere die Wechselwirkung der Strahlung mit der irdischen Atmosphäre, denn durch sie muss die Strahlung ja erst hindurch, ehe sie auf belebte Strukturen auf der Erde trifft. Außerdem ist die Wirkung von Neutrinos auf biologisches Gewebe noch nicht ausreichend erforscht. Und überhaupt weiß niemand, wie heftig die SN Eta Carinae ausfallen wird. Mit anderen Worten: Präzise Aussagen, welches Gefährdungspotenzial in Eta Carinae steckt, kann man nicht erwarten. Vielmehr wird man sich mit ein paar groben
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