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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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Person lediglich bei einer einzigen Zelle mit Zerstörungen im Zellkern zu rechnen. Da Eta Carinae circa 2,5-mal so weit entfernt ist, und da überdies die Menge der Neutrinos pro Flächeneinheit mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, dürfte dem Leben auf der Erde auch von dieser Seite keine Gefahr drohen.
    Nächster Punkt ist die von einer SN ausgehende Röntgen- und Gammastrahlung. Deren Energie geben die Physiker in Elektronenvolt (eV) an. Umgerechnet in die mittlerweile vertraute Energieeinheit Joule entspricht 1 eV lediglich 1,6 × 10 -19 Joule. Beschleunigt man ein Elektron zwischen zwei Platten, die eine Spannungsdifferenz von einem Volt aufweisen, so gewinnt es die Energie von 1 eV. Ein Kilo-eV (keV) entspricht 1000 eV, und ein Mega-eV (MeV) sind eine Million eV. Man kann Röntgen- und Gammastrahlung aber auch durch ihre Wellenlänge klassifizieren. Dabei gilt: Je kürzer die Wellenlänge, desto »härter«, das heißt durchdringungsfähiger, ist die Strahlung. Beispielsweise hat sichtbares Licht grüner Farbe eine Wellenlänge von rund 534 Nanometer (nm), wogegen harte Gammastrahlung nur eine Wellenlänge von etwa 1 Hunderttausendstel nm hat. Dabei ist 1 nm der millionste Teil eines Millimeters. Vergleicht man die Energien der jeweiligen Photonen, so besitzt Röntgenstrahlung mittlerer Härte rund 5000-mal mehr Energie als ein »grünes« Photon, harte Gammastrahlung 50 Millionen Mal mehr.
    Röntgen- und Gammastrahlung sind nicht klar voneinander abgegrenzt, ihre Bereiche überlappen sich. So findet man beispielsweise die Angabe: Röntgenstrahlung umfasst den Wellenlängenbereich von 10 bis 0,001 nm (124 eV bis 1,24 MeV), Gammastrahlung den Bereich von 0,1 bis 1 Hunderttausendstel nm (12,4 keV bis 124 MeV). Andere Tabellen zeigen größere oder auch kleinere Überschneidungen. Für die Abschätzung hinsichtlich der von einer SN ausgehenden Strahlengefahr ist das jedoch ohne Bedeutung.
    Ein als SN kollabierender Stern setzt im Energieintervall von 1 bis 10 keV pro Sekunde im Mittel 10 32 bis 10 33 Joule an Röntgenstrahlung frei. Sollten diese Werte auch für Eta Carinae gelten, dann würde unser Planet pro Quadratzentimeter und Sekunde rund 150 Billiardstel (1,5 × 10 -13 ) Joule an Röntgenenergie abbekommen. Ob damit die Schwelle dessen, was biologische Strukturen »verkraften« können, überschritten wird, soll ein Vergleich mit der Röntgendosis zeigen, die uns während eines »solaren Flares« erreicht.
    Solare Flares sind durch Magnetfelder in der Sonnenatmosphäre verursachte Eruptionen, die mit einem enormen Materieauswurf und einer intensiven elektromagnetischen Strahlung vornehmlich im Röntgenbereich einhergehen. Während eines Ausbruchs kann eine Energie von bis zu 6 × 10 25 Joule freigesetzt werden. Das ist etwa 10 Millionen Mal mehr als bei einem Vulkanausbruch. Die dabei von der Sonne ausgehende elektromagnetische Strahlung sowie ein Strom geladener Teilchen können auf der Erde die Kommunikation und die Stromversorgung ganzer Landstriche lahmlegen. Starke Flares, sogenannte X-Flares, überschütten die Erde im oben angegebenen Energiebereich mit einer »Röntgenenergie« von 1 × 10 -8 Joule pro Quadratzentimeter und Sekunde (Abb. 33). Man hat aber auch schon Flares beobachtet, beispielsweise am 16. August 1989, am 2. April 2001 und am 4. November 2003, bei denen von geostationären Satelliten Röntgenintensitäten von 2 × 10 -7 bis 4,5 × 10 -7 Joule pro Quadratzentimeter und Sekunde gemessen wurden. Das waren Flares der Größenklasse X20 beziehungsweise X45. Vergleicht man das mit den 1,5 × 10 -13 Joule pro Quadratzentimeter und Sekunde, mit denen Eta Carinae die Erde bestrahlen würde, so zeigt sich, dass die Strahlenbelastung eines Sonnenflares die einer Eta-Carinae-SN um einen Faktor 50000 bis 3 Millionen übertrifft. Umgerechnet in Entfernungen heißt das: Eta Carinae dürfte nicht weiter als 9 pc von der Erde entfernt explodieren, damit es zu einer ähnlich hohen Röntgenstrahlenbelastung wie bei einem X-Flare kommt. Für die deutlich stärkeren, aber sehr selten auftretenden X20- beziehungsweise X45-Flares ergeben sich noch kleinere Entfernungen von 2 pc beziehungsweise 1,3 pc.

    Abb. 33: Bei der gewaltigen Eruption auf der Südhalbkugel der Sonne am 15. Februar 2011 schoss ein Flare der X-Klasse (grellweißer Fleck rechts unterhalb der Sonnenmitte) in Richtung Erde. Das Bild zeigt die Sonne im fernen UV-Licht, aufgenommen um 01:53 Uhr Greenwich-Zeit vom die Erde umkreisenden

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