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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Manöver, das uns, allerdings vernichtend, von der metaphysischen Mühsal befreien soll. Wir sind allein, und wir werden tun, was wir wollen, oder das, wozu uns unsere weiteren Entdeckungen führen werden. Der Duismus freilich ist bereits weiter gegangen; in ihm bist du gläubig, wenn du zweifelst, und du zweifelst, indem du glaubst; aber auch dieser Zustand kann nicht endgültig sein. Eini gen Prognositenpatern zufolge verlaufen Evolutionen und Revolutionen, das heißt Wendungen und Umstürze im Glauben, nicht im ganzen Kosmos identisch, es soll mächtige Zivilisationen geben, die im Rahmen einer antigöttlichen Provokation Einfluß auf die gesamte Kosmogonie zu erlangen trachten. Nach dieser Vermutung gibt es in den Sternen Völker, die versuchen, das schreckliche Schweigen Gottes durch eine an ihn gerichtete Herausforderung zu brechen, das heißt mit der Drohung eines KOSMOZIDS: Der ganze Kosmos soll sich an einem Punkt zusammenballen und sich selbst im Feuer eines solchen endgültigen Zusammenkrampfens verbrennen. Mit dem Aus-den-Angeln-Heben von Gottes Werk wollen sie also gewissermaßen irgendeine Reaktion von ihm erzwingen. Wir wissen zwar nichts Genaues darüber, aber in psychologischer Hinsicht erscheint mir diese Absicht durchaus möglich. Zugleich jedoch vergeblich: Kreuzzüge mit Antimaterie gegen den Herrgott zu veranstalten dürfte keine vernünftige Methode sein, einen Dialog mit ihm anzuknüpfen.«
      Ich konnte mich nicht einer Bemerkung enthalten, die sich mir auf die Lippen drängte. Eigentlich, so meinte ich, sei der Duismus ein Agnostizismus oder auch ein »sich seiner nicht vollkommen sicherer Atheismus« oder ein unaufhörliches Schwanken zwischen den Polen: Es gibt ihn, es gibt ihn nicht. Doch wenn in ihm wenigstens die Spur eines Glaubens an Gott sei, wozu diene dann das klösterliche Dasein? Wem nütze es, daß man in Katakomben hause?
      »Zu viele Fragen auf einmal«, sagte Pater Darg. »Moment mal. Was sollten wir denn deiner Vorstellung nach tun?«
      »Wieso? Zum Beispiel eine Missionstätigkeit entfalten.«
      »Also begreifst du noch immer nichts! Du bist noch immer so weit von mir entfernt wie zum Zeitpunkt deines Erscheinens«, sagte der Prior tieftraurig. »Du glaubst, daß wir uns mit der Verbreitung des Glaubens befassen sollten? Mit der Missionstätigkeit? Konvertiten schaffen? Bekehren?«
      »Bist du denn nicht dieser Meinung, Pater? Wie ist das möglich? Macht das nicht zu allen Zeiten eure Sendung aus?« fragte ich erstaunt.
      »Auf Dychthonien«, entgegnete der Prior, »ist eine Million Dinge möglich, von denen du dir keine Vorstellung machen kannst. Man kann bei uns durch ein einfaches Verfahren den ganzen Inhalt eines Personengedächtnisses wegwischen und das entleerte Gehirn mit einem neuen synthetischen Gedächtnis aufladen, das dann bei dem Operierten so wirkt, als habe er das, was er nicht erlebt hat, erlebt, als habe er empfunden, was er nicht empfand, mit einem Wort, man kann aus ihm einen anderen machen als den, der er vor dem Eingriff gewesen ist. Man kann den Charakter und die Persönlichkeit ändern, also kann man geile Gewalttäter in sanfte Samariter umwandeln und umgekehrt; Atheisten in Heilige oder Asketen in Zügellose; man kann Weise abstumpfen und Dummköpfe zu Genies machen; begreife bitte, daß das alles sehr leicht ist und nichts Materielles solchen Umarbeitungen im Wege steht. Und jetzt achte bitte darauf, was ich dir zu sagen habe.
      Nehmen wir an, ein starrsinniger Atheist könnte den Argumenten unserer Prediger Glauben schenken. Und nehmen wir ferner an, solche goldmündigen Sendboten unserer Orden bekehrten verschiedene Personen. Das Endstadium dieser missionarischen Bemühungen wäre, daß infolge von Veränderungen, die in ihren Köpfen erfolgt sind, ungläubige Menschen gläubig würden. Das ist offenkundig, nicht wahr?«
      Ich bejahte.
      »Ausgezeichnet. Und jetzt bedenke, daß diese Personen in Fragen des Glaubens neue Überzeugungen vertreten werden, weil wir ihnen vermittels beseelter Worte und Kanzelgesten Informationen lieferten und so ihre Hirne in bestimmter Weise bearbeitet haben. Dieses Endstadium nun – Hirne, die von tiefem Glauben und vom Verlangen nach Gott belebt sind – kann man millionmal schneller und sicherer erreichen, wenn man eine entsprechend gewählte Skala biotischer Mittel anwendet. Warum also sollten wir mit alt modischer Überzeugung, mit Predigten, Vorlesungen, Vorträgen missionarische

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