Sterntagebücher
geistig flexibleren Individuen eine neue, von Grund auf elektronifizierte Zivilisation. Was die Gelehrten jedoch am meisten beunruhigte, war die ungehemmte natürliche Vermehrung der Roboter. Die sogenannten Anti-Erotisatoren und Triebbremsen, die sowohl von Snodgrass als auch von Nuddlegg produziert wurden, vermochten den enormen Zuwachs nicht einzudämmen. Das Problem der Roboterkinder wurde auch für die Waschmaschinenproduzenten akut, denn es war augenscheinlich, daß sie diese unaufhörliche Perfektionierung ihrer Artikel nicht vorausgesehen hatten. Einflußreiche Fabrikanten begannen, der Gefahr einer Küchenmaschinen-Invasion entgegenzuwirken, indem sie einen Geheimvertrag über die Begrenzung der Ersatzteillieferungen abschlossen.
Die Folgen ließen nicht auf sich warten. Jedesmal, wenn in Kaufhäusern und Geschäften neue Warenlieferungen eintrafen, bildeten sich lange Schlangen humpelnder, stotternder, ja sogar ganzseitig gelähmter Wasch-, Wring- und Frottiermaschinen. Vielerorts kam es zu Unruhen, und schließlich wagte sich nach Einbruch der Dunkelheit kein ehrlicher Roboter mehr auf die Straße, denn er mußte gewärtig sein, von Räubern überfallen, zerlegt und edler Körperteile beraubt zu werden. Wenn sich die gewissenlosen Maschinen aus dem Staube machten, blieben auf dem Straßenpflaster nur die leeren Blechhüllen der Opfer zurück.
Im Kongreß erörterte man die Frage des langen und des breiten, aber man kam zu keinem konkreten Ergebnis. Unterdessen schossen, wie Pilze nach dem Regen, illegale Ersatzteilfabriken aus dem Boden, die teilweise von Waschmaschinengesellschaften finanziert wurden. Nuddleggs Modell »Washomatic« erfand ein Herstellungsverfahren aus Ersatzmaterialien, aber auch das brachte keine hundertprozentige Lösung. Die Waschmaschinen bezogen Streikposten vor dem Kongreß, sie verlangten verbindliche Antitrustgesetze, um den Diskriminierungen Einhalt zu gebieten. Abgeordnete, die die Interessen der Großindustrie vertraten, erhielten anonyme Briefe, worin ihnen die Entwendung lebenswichtiger Organe angedroht wurde. Das war – wie die Zeitschrift »Time« mit Recht betonte – eine ausgesprochene Niedertracht, zumal sich menschliche Körperteile nicht beliebig auswechseln lassen.
Soviel Staub diese Affäre auch aufwirbelte – sie verblaßte angesichts eines völlig neuen Problems, das durch die Rebellion der Bordrechenmaschine auf dem Raumschiff »Gottesgabe« akut wurde. Besagter Kalkulator erhob sich bekanntlich gegen Besatzung und Passagiere, entledigte sich ihrer, vermehrte sich und gründete einen Staat der Roboter.
Wer meine Reisetagebücher kennt, wird sich erinnern, daß ich damals selbst in die Affäre mit der Rechenmaschine verwickelt war und in gewisser Weise zu ihrer Entwirrung beitrug. Als ich jedoch auf die Erde zurückkehrte, mußte ich bedauerlicherweise feststellen, daß der Fall »Gottesgabe« kein Einzelfall war. Revolten von Automaten wurden in der kosmischen Fliegerei zu einer entsetzlichen Plage. Eine kleine Nachlässigkeit – zum Beispiel das Zuknallen einer Tür – genügte, um einen Bordkühlschrank in Aufruhr zu versetzen. So geschah es jedenfalls mit jenem berüchtigten Deep Freezer des Transgalaktikers »Horda Tympani«. Jahrelang flößte der Name Deep Freezer den Piloten im Raum der Milchstraße Angst und Schrecken ein. Er überfiel Raumschiffe, versetzte die Passagiere mit seinen stählernen Schultern und seinem eisigen Atem in Panik, raubte Pökelfleisch, hortete Geld und Juwelen. Gerüchten zufolge soll er einen ganzen Harem von Rechenmaschinen besessen haben, aber es läßt sich nicht sagen, was daran stimmte. Seine blutige Piratenkarriere endete erst durch den gezielten Schuß eines Polizisten, der einer kosmischen Patrouille angehörte. Der Polizist, ein gewisser Constablomatic XG-17, wurde zur Belohnung in der Vitrine eines New-Yorker Büros der Lloydschen In terstellargesellschaften ausgestellt, wo man ihn heute noch sehen kann.
Während der Weltraum vom Schlachtenlärm und von verzweifelten SOS-Rufen überfallener Raumschiffe widerhallte, machten die Meister des »Elektro-Jitsu«, des »Judomatic« und anderer Arten der Selbstverteidigung glänzende Geschäfte. Sie zeigten, wie man mit einem gewöhnlichen Büchsenöffner oder mit einer Kneifzange auch die gefährlichste Waschmaschine zur Strecke bringen kann.
Sonderlinge und Originale braucht man bekanntlich nicht zu sä
en, sie keimen seit je von selbst.
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