Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Auch in jener Zeit fehlten sie nicht. Sie verkündeten Thesen, die sich weder mit dem gesunden Menschenverstand noch mit der herrschenden Meinung vereinbaren ließen. Ein gewisser Kathodius Mattrass, Philosoph mit hausbackener Bildung und Fanatiker von Geburt, gründete die Schule der sogenannten Kybernophilen. Ihre Lehre besagte, daß die Menschheit von ihrem Schöpfer erschaffen worden sei, um den Zweck zu erfüllen, den auch ein Baugerüst zu erfüllen habe: Hilfsmittel zu sein, Werkzeug – Werkzeug, um die vollkommenen Elektronenhirne zu entwickeln. Die Mattrass-Sekte hielt das Weiterbestehen der Menschheit für ein reines Mißverständnis. Sie schuf einen Orden, der sich der Kontemplation des elektronischen Denkens widmete, und gewährte, soweit dies möglich war, allen Robotern Zuflucht, die etwas auf dem Kerbmetall hatten. Kathodius Mattrass selbst, unzufrieden mit dem Erfolg seines Wirkens, beschloß einen radikalen Schritt auf dem Wege zur völligen Befreiung der Automaten vom Joch des Menschen. Zu diesem Behufe holte er zunächst den Rat einer Reihe hervorragender Juristen ein, erwarb ein Raumschiff und flog zu dem verhältnismäßig nahe gelegenen Nebelfleck des Krab. In dessen leeren Gefilden, die nur von kosmischen Staub erfüllt waren, vollführte er schwer zu beschreibende Handlungen, die einen unvorstellbaren Skandal auslösten.
      Am Morgen des 29. August brachten alle Zeitungen die geheimnisvolle Kunde: PASTA POLKOS VI/221 berichtet: Im Nebelfleck des Krab wurde ein Objekt von der Größe 520 mal 80 mal 37 Meilen ent deckt. Das Objekt macht schwimmähnliche Bewegungen. Die Beobachtungen werden fortgesetzt.
      Die Nachmittagsausgaben brachten nähere Erklärungen: Das Patrouillenschiff VI/221 der kosmischen Polizei habe in einer Entfernung von sechs Lichtjahren einen »Menschen im Nebel« gesichtet. Der »Mensch« – er entpuppte sich aus der Nähe als Riese von mehreren hundert Meilen Länge, bestehend aus Kopf, Rumpf, Händen und Füßen – sei von einer dünnen Staubhülle umgeben. Er habe dem Patrouillenschiff zugewinkt und sich dann abgewandt.
      Die Aufnahme der Funkverbindung bereitete keine Schwierigkeiten. Das seltsame Wesen gab vor, der ehemalige Kathodius Mattrass zu sein. Vor zwei Jahren sei er an diesen Platz gekommen und habe sich, die lokalen Rohstoffreserven nutzend, in Roboter verwandelt. Er werde sich auch weiterhin langsam, aber stetig vermehren, denn das sage ihm zu, und er bitte sich aus, ihn nicht daran zu hindern.
      Der Patrouillenkommandant tat, als akzeptiere er diese Erklärung, und verbarg seine kleine Rakete hinter einer Meteorenwolke. Nach einiger Zeit beobachtete er, daß sich der gigantische Pseudomensch allmählich in kleine Stücke teilte – jedes so groß wie ein gewöhnlicher Mensch. Die einzelnen Individuen verbanden sich miteinander, vereinigten sich zu einem kugelförmigen Gebilde, das aussah wie ein kleiner Planet.
      Das Polizeischiff verließ sein Versteck. Der Kommandant fragte über Funk, was diese kugelige Metamorphose zu bedeuten habe und was er, Mattrass, denn eigentlich sei: Roboter oder Mensch?
      Mattrass antwortete, daß er die Formen annehme, nach denen es ihn gerade gelüste. Als Roboter könne man ihn nicht bezeichnen, denn er sei aus einem Menschen entstanden, als Mensch aber auch nicht, denn er habe sich ja verwandelt. Weitere Erklärungen lehnte er entschieden ab.
      Der Fall Mattrass, der in der Presse breiten Widerhall fand, begann sich langsam zu einem Skandal auszuweiten. Raumschiffe, die den Krab passierten, fingen Bruchstücke von Funksprüchen auf, in denen Mattrass als »Kathodius der Erste« auftrat. Aus dem wirren Geschwätz war nur so viel zu entnehmen, daß Mattrass alias Kathodius der Erste zu anderen (anderen Robotern?) sprach, und zwar so, als ob sie seine eigenen Körperteile wären, als ob sich jemand mit seinen eigenen Händen oder Beinen unterhielte. Kathodius der Erste oder die aus ihm entstandenen Roboter schienen einen Staat gegründet zu haben. Das State Department ordnete sogleich eine genaue Untersuchung an. Patrouillen kundschafteten aus, daß sich im Nebelfleck des Krab ein metallisches Gebilde bewege, ein fünfhundert Meilen langes menschenförmiges Wesen, das die merkwürdigsten Selbstgespräche führe und auf Fragen nach seiner Staatlichkeit ausweichende Antworten erteile.
      Die Behörden beschlossen, den Machenschaften des Usurpators ein Ende zu setzen. Die Aktion sollte offiziellen Charakter

Weitere Kostenlose Bücher