Sterntaler: Thriller (German Edition)
Spencer sich am eigenen Schopf packen und endlich alles richtig machen wollen. Doch daraus war nur noch mehr Unglück entstanden.
Mehrere Monate lang war er krankgeschrieben gewesen. Als er zum ersten Mal Vater wurde, hatte er gerade erst wieder zu gehen gelernt. Während der Geburt hatte er nicht gewusst, ob er sitzen oder stehen sollte. Die Hebamme hatte ihm angeboten, eine Pritsche für ihn in den Kreißsaal zu rollen. Doch das hatte er freundlich, aber bestimmt abgelehnt.
Mit dem Kind kamen neue Energie und die Kräfte zur Erholung, und auch die Trennung von Eva gestaltete sich in keiner Weise so dramatisch, wie er befürchtet hatte. Sein Umzug wurde zwar von dem Autounfall überschattet, der ihn fast das Leben gekostet hatte, doch seine Exfrau sagte kein Wort, als die Umzugsleute stundenlang seine Habseligkeiten aus ihrem gemeinsamen Haus trugen. Spencer selbst war zugegen, um dafür zu sorgen, dass alles ruhig vonstattenging, und beobachtete die Umzugsarbeiten von seinem Lieblingssessel aus. Als der Laster gepackt war, fühlte es sich wie eine symbolische Handlung an, sich aus dem Sessel zu erheben und ihn als letztes Packstück hinaustragen zu lassen.
»Pass auf dich auf«, sagte er, als er in der Tür stand.
»Du auch«, erwiderte Eva.
»Wir hören voneinander.« Er hob die Hand zu einem zögerlichen Abschiedsgruß.
»Ja, das tun wir.« Sie lächelte, als sie das sagte, doch ihre Augen glänzten von Tränen. Und als er gerade die Eingangstür hinter sich zuziehen wollte, hörte er sie flüstern: »Aber manchmal hatten wir es auch gut, oder?«
Er zeigte ihr mit einem Nicken, dass er der gleichen Meinung war, doch der Kloß im Hals war zu dick, als dass er etwas hätte sagen können. Er schloss die Tür zu dem Haus, das fast dreißig Jahre lang ihr gemeinsames Zuhause gewesen war, und ließ sich von einem der Umzugsleute die Treppe hinunterhelfen.
Das war jetzt fast zehn Monate her, und er war seither nicht ein einziges Mal dorthin zurückgekehrt.
Doch das Leben nach dem Autounfall hatte so manche andere Rückkehr für ihn bereitgehalten. Zum Beispiel die Rückkehr zur Arbeit. Das Gerücht, dass der geschätzte Professor Ehefrau und Haus verlassen hatte, um in Stockholm mit einer jungen Frau zusammenzuleben, die soeben ihr gemeinsames Kind zur Welt gebracht hatte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer an der Fakultät. Dass die Leute nicht wussten, ob es sich schickte, ihm zu seiner Vaterschaft zu gratulieren, quittierte er mit einem Lächeln.
Das Einzige, was ihm, abgesehen von der eingeschränkten Beweglichkeit, in seinem neuen Leben schwerfiel, war der Umzug nach Stockholm. Irgendwie fühlte sich plötzlich alles fremd an. Und immer wenn sein Zug in Uppsala ankam, wollte er am liebsten nie wieder nach Stockholm zurückfahren. Uppsala machte nicht nur beruflich, sondern auch privat einen großen Teil seiner Identität aus. Stockholm lag ihm dagegen nicht so sehr. Er vermisste Uppsala mehr, als er zugeben wollte.
Inzwischen hatte er die Universität erreicht. Der Leiter des Instituts für Literaturwissenschaft, Erland Malm, und Spencer kannten einander, seit sie frisch bestellte Doktoranden gewesen waren. Sie hatten sich nie besonders nahegestanden, waren aber auch nie Feinde, nicht einmal Konkurrenten gewesen. Man konnte sagen, dass die Beziehung gut war, aber auch nicht mehr.
»Setz dich, Spencer«, sagte Erland.
»Danke.«
Es tat Beinen und Hüfte gut, nach dem Marsch auszuruhen. Der Stock durfte an der Armlehne des Stuhls stehen.
»Ich fürchte, ich habe eine etwas beklemmende Information für dich«, sagte Erland.
Beklemmend?
»Erinnerst du dich an Tova Eriksson?«
Spencer dachte nach. »Die habe ich im letzten Herbst betreut, und zwar zusammen mit der neuen Doktorandin, Malin. Das war kurz nachdem ich angefangen hatte, halbtags zu arbeiten.«
»Wie hast du die Zusammenarbeit mit Tova Eriksson in Erinnerung?«
Ein Geräusch vom Flur erinnerte sie daran, dass die Tür zu Erlands Zimmer offen stand. Erland erhob sich und schob sie zu.
»Meiner Erinnerung nach war die Zusammenarbeit unproblematisch.« Spencer hob kurz die Hände. Er wünschte, er hätte eine Tasse Kaffee bekommen. »Sie war allerdings nicht sonderlich ehrgeizig, und sowohl Malin als auch ich fragten uns, warum sie ein derart kompliziertes Thema für ihre Arbeit gewählt hatte. Es war nicht leicht, sie aufs richtige Gleis zu setzen, und am Ende fiel sie durchs Abschlussseminar.«
»Hattest du viele Treffen mit
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