Sterntaler: Thriller (German Edition)
Tausendsassa, immer auf dem Weg zu einer neuen Aktivität.
Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens war sie Single gewesen. Es gab eine Exfreundin, die die Polizei mehrmals verhört hatte, und es war das Gerücht von einer neuen Beziehung umgegangen, doch hatte sich niemand gemeldet, und die Polizei hatte keinen Namen herausfinden können. Sie hatte einen großen Freundeskreis gehabt, und es schien, als wären alle mindestens einmal von der Polizei verhört worden. Das Gleiche galt für ihre Tutoren an der Universität, die Kollegen im Schwimmbad und die Mitglieder des Kirchenchors.
Die Ermittlungen hatten in einer Sackgasse geendet, und Peder war erleichtert, nicht ein Teil dieses trostlosen Falles gewesen zu sein. Er überflog Alex’ Notizen und ahnte, dass die Lage verzweifelt gewesen sein musste. Am Ende hatten die Polizisten darüber nachgedacht, ob sie vielleicht freiwillig verschwunden sein könnte. Hatte ein Streit mit der Mutter sie verärgert und ihre Pläne konkretisieren lassen, eine Zeit lang ins Ausland zu gehen? Der Vater wohnte nicht mehr in Stockholm, sondern war nach Göteborg gezogen, als Rebecca zwölf gewesen war. Die Polizei hatte auch ihn verhört.
Rebecca Trolle war an einem ganz normalen Werktag auf dem Weg zu einem Mentorenfest an der Universität verschwunden. Gegen achtzehn Uhr hatte sie noch mit ihrer Mutter telefoniert und von dem Fest erzählt. Danach hatte sie einen Anruf von einem Handy mit nicht registrierter Prepaidkarte entgegengenommen. Um neunzehn Uhr war ihr Nachbar im Studentenwohnheim Nyponet am Körsbärsvägen ihr im Flur begegnet. Da hatte sie einen Mantel angehabt und angeblich unter Stress gestanden. Um Viertel nach sieben hatten Zeugen sie in einem Bus der Linie 4 gesehen, der zum Radiohaus fuhr. Das hatte die Polizisten nachdenklich gemacht, denn die Universität lag in der entgegengesetzten Richtung. Die Freunde, die auf dem Fest auf sie warteten, berichteten, dass sie dort nie ankam. Und niemand wusste, wohin sie mit dem Bus Nummer 4 unterwegs gewesen sein könnte.
Kurz vor halb acht wurde sie noch einmal gesehen, als sie aus dem Bus ausstieg und in Richtung Gärdet ging. Danach gab es keine Zeugen mehr, und Rebecca blieb wie vom Erdboden verschluckt.
Peder zog eine Karte hervor, die bei der Ermittlung benutzt worden war. Sämtliche Personen, die in irgendeiner Weise mit der Ermittlung in Berührung gekommen waren und die in der Nähe des Radiohauses wohnten, waren auf dem Plan markiert worden. Niemand von ihnen war verdächtig gewesen. Es handelte sich um eine Handvoll Personen, und sie alle hatten ein glaubhaftes Alibi. Niemand von ihnen war an jenem Abend mit Rebecca verabredet gewesen. Niemand hatte sie seither gesehen. Bis jetzt– wenn sie es denn tatsächlich war, die in den Plastiksäcken lag.
Der Fundort lag am Rand des in den Fünfzigerjahren errichteten Wohngebiets Midsommarkransen. Wer in dem Fall hatte eine Verbindung zu diesem Stadtteil? Wahrscheinlich nicht viele, aber dennoch wäre es wert, das zu kontrollieren.
Potenzielle Täter waren in der gesamten Ermittlung zu Rebeccas Verschwinden Mangelware gewesen. Die Analyse ihrer Handyaktivitäten hatte nichts erbracht, die letzte Verbindung zum Sendemast bestätigte nichts anderes, als dass sie sich in der Nähe des Radiohauses befunden hatte, und dann verlief sich jegliche Spur. Man hatte keine dezidierten Feinde ausmachen können, aber das musste nicht heißen, dass es keine gab. Rebeccas Mutter hatte sich an einen Konflikt mit einem Arbeitskollegen im Schwimmbad erinnern können, doch diese Spur war schnell abgekühlt. Der Kollege war ehrlich erstaunt über die Information und nannte den Konflikt eine Bagatelle. Außerdem hatte er ein Alibi für den Abend, an dem Rebecca als vermisst gemeldet wurde.
Peder hielt inne. Wer vermisste eine alleinstehende junge Frau noch am selben Abend, an dem sie verschwand?
Der erste Bericht, der in der Sache geschrieben worden war, besagte, dass ein befreundeter junger Mann gegen elf Uhr abends die Polizei angerufen hatte. Rebecca war nicht wie versprochen zu dem Fest gekommen, und sie ging auch nicht ans Telefon. Die Reaktion der Polizei war zunächst eher kühl. Routinemäßig rief man die Eltern an, die auch nichts von ihr gehört hatten. Ihre Mutter war zunächst nicht einmal besorgt, sie meinte, ihre Tochter könne selbst auf sich aufpassen.
Um zwei Uhr war die Lage dann eine andere. Die Mutter hatte herausbekommen, dass ihre Tochter sich nach wie vor nicht bei
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