Sterntaler: Thriller (German Edition)
wartend im Dickicht.
»Komm, Svante.«
Es war ihm schon immer schwergefallen, sich Gehör zu verschaffen und Respekt einzufordern. Sein Chef hatte darauf in unzähligen Personalgesprächen hingewiesen, und seine Frau hatte ihn aus genau diesem Grund verlassen. »Du machst dich so verdammt klein, dass du unsichtbar wirst«, hatte sie an dem Abend, als sie auszog, zu ihm gesagt.
Und nun stand er in einem ihm fremden Wald mit einem Hund, der ihm nicht gehörte. Seine Schwester hatte darauf bestanden, dass er bei ihr einzog, solange er auf Svante aufpasste. Es drehe sich schließlich nur um eine Woche, und Jörgen könne es doch eigentlich egal sein, wo er in dieser kurzen Zeit wohnte.
Doch darin hatte sie sich getäuscht, das spürte Jörgen mit jeder Faser seines Körpers. Es war überhaupt nicht egal, wo man wohnte. Weder er noch Svante schienen mit diesem Arrangement besonders glücklich.
Zwischen den Bäumen drangen schwache Sonnenstrahlen hindurch und erleuchteten die morgendlich feuchten Bäume zu goldenen Säulen. Still und friedlich. Das Einzige, was störte, war das ewige Wühlen von Svante in dem Erdhaufen. Die Vorderbeine schlugen wie Trommelschlägel auf den Boden, und die Erde spritzte in alle Richtungen.
»Komm schon«, versuchte Jörgen es erneut.
Das klang schon etwas strenger, doch der Hund war taub für seine Bitten und begann vor Eifer oder Frustration zu jaulen. Jörgen seufzte. Mit müden Schritten ging er zu Svante hinüber und tätschelte ihm linkisch den Rücken.
»Hör mal, wir müssen jetzt nach Hause. Schließlich waren wir gestern auch schon hier. Und morgen kommen wir wieder.«
Er wusste genau, wie er sich anhörte. Als redete er mit einem kleinen Kind. Doch Svante war kein Kind, er war ein fast dreißig Kilo schwerer Schäferhund, der die Witterung von etwas aufgenommen hatte, das weitaus interessanter war als der in einem Mooshaufen vor sich hin stampfende müde Bruder seines Frauchens.
Jörgen streckte wieder seine Hand aus, diesmal, um den Hund an die Leine zu nehmen. Sie würden jetzt nach Hause gehen, und wenn er Svante den ganzen Weg zum Haus hinter sich herziehen müsste.
»Du musst ihm zeigen, wer der Chef ist«, hatte seine Schwester gesagt. »Deutlich sein.«
Vogelgezwitscher ließ Jörgen aufschauen. Plötzlich hatte er das unangenehme Gefühl, dass jemand in der Nähe war.
Mit einem Klick war Svante an der Leine, und als sich Jörgen gerade für den letzten Kampf bereitmachen wollte, den Hund nach Hause zu zerren, sah er den Plastiksack, den Svante freigelegt hatte.
Die Kiefer des Hundes gingen auf, die Zähne schlugen durch das Plastik, bissen, zerrten und rissen ein großes Stück heraus.
Eine Leiche?
Ein toter Mensch in der Erde?
»Svante, au s !«, brüllte Jörgen.
Der Hund erstarrte mitten in der Bewegung und trat den Rückzug an. Zum ersten und einzigen Mal gehorchte er seinem zeitweiligen Herrn.
Vernehmung der Zeugin FREDRIKA BERGMAN , 02.05.2009, 13 :15 Uhr (Tonbandaufnahme) nwesend: Urban S., Roger M. (Vernehmungsleiter 1 und 2), Fredrika Bergman (Zeugin)
US : Können Sie uns von den Ereignissen am späten Nachmittag des 30. April auf Storholmen berichten?
Bergman : Nein.
(Zeugin wirkt verärgert)
US : Nein? Und warum nicht?
Bergman : Ich war nicht dabei.
RM : Aber von den Hintergründen der Ereignisse sollten Sie uns doch berichten können.
(Schweigen)
US : So wie die Dinge liegen, verstößt es gegen das Gesetz, nicht mit uns zusammenzuarbeiten, Fredrika.
(Schweigen)
RM : Im Grunde wissen wir bereits alles, zumindest glauben wir das.
Bergman : Wozu brauchen Sie mich dann noch?
US : Sie wissen genau, Fredrika: Glauben hat in der Polizeiarbeit nichts zu suchen. Und Peder Rydh ist für uns alle drei ein Kollege. Wenn es irgendwelche mildernden Umstände gibt, dann wüssten wir gern davon. Und zwar jetzt.
(Zeugin sieht müde aus)
RM : Die letzten Wochen waren die Hölle für Sie, wir wissen das. Ihr Mann saß in Untersuchungshaft, und Ihre Tochter…
Bergman : Wir sind nicht verheiratet.
RM : Wie bitte?
Bergman : Spencer und ich sind nicht verheiratet.
US : Egal, diese Ermittlung war jedenfalls verdammt anstrengend, und…
Bergman : Sie sind doch bescheuert, verdammt noch mal! Mildernde Umstände? Wie viele davon braucht ihr denn noch? Sein Bruder Jimmy ist tot. Tot! Kapiert?
(Schweigen)
RM : Wir wissen, dass Peders Bruder tot ist. Und wir wissen, dass Peder sich in einer Gefahrensituation befand. Aber die Verstärkung war
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