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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Kammer sei, und der diensthabende Beamte meinte, sie müsse das nicht buchstabieren, so einen hätten sie auch.« Er ließ das Blatt sinken. »Damit werden sich Kollegen beschäftigen. Glauben Sie nicht, wir schaffen das für Sie aus der Welt.«
    »Nein«, sagte Dorian. »Das will ich nicht, das tut mir leid. Aber ich weiß nichts von Kemper. Ich weiß auch nichts von Robin, es ist verrückt, wenn du nichts weißt.«
    Er schloß die Augen. Robin rumorte und trat ihn mit Füßen. Robin keifte und schimpfte, doch sie hörten das nicht. Stellten sie sich taub oder konnten sie es wirklich nicht hören? Knallkopf, schrie er, blöder Depp. Ja, schrei. So bist du gewesen zum Schluß, hast dich aufgeführt, als wärest du zwei Meter groß und jeder müßte dich fürchten.
    Ja, ich seh dich, so ein Zwerg in verwaschenen Jeans, der auf der Straße einer Türkin hinterherbrüllte: Nimm’s Kopftuch ab, du Trulla, wir sind hier nicht in Anatolien. Ein Gernegroß, der im Taubenschlag einer Frau an den viel zu blonden Haaren riß und rief: Nuttenblond, frisch aus Ihrer Drogerie! Hast du gebrüllt, um nicht zu heulen, war es das? Bist durch dein Leben gestolpert, ohne diesen Platz zu finden, an dem dich jemand hält, der es dir warm macht und angenehm und der dafür sorgt, daß du nicht frierst, jemand, der dir auf die Finger bläst, weißt du? Komm her, es tut nicht mehr weh, soll ich pusten? Hast es überhaupt nicht leiden können, wenn man dein Verhalten ignorierte, da wurdest du so richtig wild. Billa Hufnagel stellte dir etwas zu essen hin, das hast du ihr vor die Füße gekippt, bin ich dein Testfresser, Fotze, hast du gefragt. Mann, ich seh euch noch einander gegenüberstehen wie träge Löwen vor der Schlacht – Billa war ja eh zu dickfellig, um dir eine zu scheuern oder dich wenigstens rauszuschmeißen; Karl hätte es gemacht, aber der war ja wieder nicht da. Billa tat, als sei es nicht wahr, als wär ihr Kittel nicht voll Gulaschsuppe, und du hättest stattdessen mit vollem Mund gesagt: Schmeckt gut. Sie guckte auf den leeren Teller, bevor sie in der Küche verschwand, das mochtest du nicht, hab ich recht? Wolltest, daß sie alle kuschen und vor Angst die Augen verdrehen, wolltest sie riechen, die Angst, wie ein Kampfhund, wenn er die Zähne fletscht. Hast uns alle beschimpft, mich auch, und noch im Schlaf kann ich dein Gekeife hören, doch weiß ich nicht mehr, was es bedeutet, du blöder Depp, du armer Irrer, warum hast du das gesagt? Ich hab dir nichts getan. Wann genau ist das gewesen, war es Abend, war es Tag? Guck doch hin, du Arsch, hast du geschrien, mit einer Stimme, die sich fast überschlug, guck hin. Warum, was willst du von mir, was tust du da, hör auf, sei still, halt endlich dein böses, gottverfluchtes Maul – sei still wie ein Baby, das schläft.
    Robbi, soll ich dir was sagen? Ich glaub, ich hab dich getötet, aber ich weiß nicht, warum.

[ 18 ]
    Ein Sturkopf, dein Junge, alles in allem – hat er das von dir? Selbst in seinem größten Elend scheint er die Kurve zu kriegen, um wie ein kleiner Junge blinzelnd wieder festen Boden zu betreten.
    »Ich kann also gehen?« fragte er.
    Ina nickte, sah ihn lächeln. Es lag kein Triumph darin und keine Häme, wie sie es oft bei Kerlen sah, die sie nach einer Vernehmung nach Hause schicken mußte, es war das warme Lächeln eines hübschen Jungen. In einer Kneipe hätte sie zurückgelächelt.
    »Ich bin zu Hause«, sagte er. »Ich stehe zur Verfügung.«
    »Schön.« Sie sah zu, wie er seine Jacke anzog und sorgsam in den Taschen nach Brieftasche und Schlüssel tastete. Hat ein bißchen was von einem Fisch, dein Junge, stimmt’s? Entgleitet deinen Händen, sobald du glaubst, daß du ihn hast. Als er draußen war, lehnte sie sich zurück und massierte sich die Schläfen. Kissels Stimme kam wie ein Kanonenschlag.
    »Bekloppt, bescheuert.« Er schien nach weiteren Worten zu suchen – wirr, rappelig, verdreht, was gab es denn da noch?
    »Das sind nur Phasen«, sagte sie, »hast du’s gemerkt? Ich wette, der trickst jeden Doktor aus.«
    »Ich merke alles«, sagte Kissel. »Auch wenn meiner Kollegin die Tränchen kommen.«
    »Es reicht halt noch nicht.« Ina schloß ihren Schreibtisch ab. »Was können wir ihm nachweisen?«
    »Weiter überwachen, basta. Ich will ihn kirre machen.«
    »Ich denke, das ist er schon?«
    »Er wird uns zu Mama führen.« Kissel spuckte seinen Kaugummi auf ein Blatt Papier, knüllte es zusammen und warf es in den Papierkorb. »Ich sehe

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