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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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kein Schwein Besuch bekommen.«
    Kissel sah unzufrieden aus. »Tja, dann wäre der Dorian erst mal raus«, sagte er zögernd. »Dienstag hatte er ab zwölf Uhr dienstfrei. Ich hab diese Wirtin des Taubenschlag befragt, seine Stammkneipe. Hab’s schon mal vorsichtshalber ausgedehnt, aber die sagt, er wäre Dienstag ab Mittag da gewesen, die machen um elf Uhr auf. Erst am frühen Abend wär er gegangen, die konnte sich erinnern, weil er versucht hat, einen Bierhahn zu reparieren, der dann trotzdem nicht funktionierte. Hat anschließend noch Gitarre gespielt. Das macht er da wohl öfter, ist ja auch der Sohn einer berühmten Sängerin.« Er schmiß den Zettel auf den Tisch. »Gestern abend, sagt die Wirtin, war er auch noch mal da.«
    »Das ist das Letzte, was du machst«, sagte Ina.
    Kissel verschränkte die Arme. »Was ist jetzt wieder?«
    »Alibi vom Kollegen prüfen, wenn du noch nicht mal die genaue Todeszeit hast.«
    »Was hast du denn bei diesem Hollstein gemacht? Ich meine mich zu erinnern, daß du ihn gefragt hast, wo er Dienstag war.«
    »Das war ja wohl was anderes«, sagte sie.
    Kissel lächelte. »Nein.«
    Mit den Lippen formte sie eine Beschimpfung, dann schlug sie ihr Notizbuch wieder auf. »Es gibt noch ältere Verletzungen bei ihm. Der Pathologe meint, man hätte ihm mal was reingesteckt.« Sie sah Pagelsdorfs Stirnrunzeln und fügte hinzu: »Ältere Verletzungen im Analbereich. Es könnte sich um brennende Kippen handeln, meint er, oder um etwas Größeres. Damit meine ich« – sie seufzte, als sie Kissels Lächeln sah – »einen Stock oder so, einen Stiel. Einen Gegenstand.«
    »Ja.« Pagelsdorf zog sein Jackett aus und hängte es über die Stuhllehne. »Wir haben jetzt begriffen, was Sie nicht meinen. Weiter?«
    »Er könnte ein Stricher gewesen sein, Gelegenheitsstricher vielleicht, er soll ja auch ein bißchen gejobbt haben. Sein Bruder sagt, er wäre bei allen möglichen Typen untergekrochen.«
    »Haben Sie Anhaltspunkte?« fragte Pagelsdorf.
    »Ja, dieser Hollstein, bei dem er zuletzt gewohnt hat, stromert wohl öfter am Bahnhof rum. Ich hab mich erkundigt, der ist in der Szene dafür bekannt, daß er Ausreißer aufnimmt, manchmal Mädchen, meistens Jungs. Frührentner.«
    Pagelsdorf lächelte. »Ist Frührentner ein Verdachtsmoment?«
    »Na ja.« Sie malte ein Männchen ins Notizbuch. »Dann haben wir noch das Ehepaar Tillmann, da waren beide Brüder als Kinder in Pflege. Die haben wir noch nicht erreicht, außerdem suchen wir dringend die leibliche Mutter. Wir möchten uns auch mit einem Herrn Kemper unterhalten, wenn wir wüßten, wer das ist. Mit dem hat diese Kammer in grauer Vorzeit mal zusammengelebt, die Adresse existiert seit über zehn Jahren nicht mehr. Bei der scheint alles graue Vorzeit zu sein.«
    »Ja, wird schwer«, sagte Kissel. Er sah unzufrieden aus, denn er haßte Komplikationen. »Gemeldet ist die unter einer Uraltadresse, das ist noch nicht mal die, die uns der Dorian genannt hat, die ist noch älter. Da allerdings ist eine Frau Katja Kammer ebenfalls nur schwache Erinnerung.«
    »Katja Kammer?« fragte Stocker. »Diese Sängerin etwa?«
    Kissel verschränkte die Arme. »Er hat’s erfaßt.«
    Ina schüttelte den Kopf. »Jetzt sagen Sie bloß, Sie kennen die.«
    »Oh ja«, sagte Stocker.
    »Na, da sind Sie aber scheint’s der einzige.«
    »So eine Verrückte in schwarzen Klamotten. Sie selber würden ausgeflippt sagen. Ja doch, die trug nur Schwarz, so der Typ Großstadtrebellin.« Stocker nickte bedächtig. »Ich selber konnte damit nichts anfangen, was daran liegen mag, daß jemand aus der Provinz wie ich sich einen Sinn für das Bodenständige bewahrt hat.«
    »Ach was«, sagte Ina. »Ich komm auch aus der Pampa. Wetterau.«
    Stocker lächelte sie an, als wolle er sagen: Das merkt man. »Nun«, fuhr er fort, »wir haben uns aber ein Konzert von ihr angesehen, weil meine Frau sie toll fand. Ich kannte meine Frau noch nicht lange, es muß also bald fünfzehn Jahre her sein. Ich glaube, wir waren im ersten Semester, die Kammer ist im Audimax aufgetreten. Riesenfete, das halbe Publikum war betrunken, die andere Hälfte bekifft.«
    »Zu welcher Hälfte gehörten Sie denn?« fragte Pagelsdorf, doch Stocker hob nur lächelnd die Schultern.
    Ina lehnte sich zurück. Stocker war undurchschaubar. Er ließ sich von niemandem duzen, hörte Mozart und ähnlichen Kram, war eitel, bissig und ließ sie bisweilen spüren, daß sie im Gegensatz zu ihm nicht studiert hatte, doch konnte

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