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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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hoch.
    »Glaubst du wirklich, daß das die Ursache war?«
    »Natürlich war es das.«
    »Und er wollte nicht diese Situation ausnützen, um sich von mir wegzuschleichen?«
    »Ganz bestimmt nicht. Ich sage dir, Bill Bailey ist der unschuldigste Mensch, den man sich vorstellen kann; so unschuldig wie ein neugeborenes Kind.«
    Aus Myras Brust entrang sich ein tiefer Seufzer. Seine Beredsamkeit hatte sie überzeugt.
    »Halb-Irre«, sagte sie. »Wirklich wahr. Ich habe mich entsetzlich lächerlich benommen.«
    »Genau, was ich dir gesagt habe.«
    »Nicht allein Bills wegen; das könnte ich sofort wieder ins Reine bringen. Aber ich habe eben Archie Gilpin gesagt, daß ich ihn heiraten werde.«
    »Was ist denn daran so schlimm, daß du Archie Gilpin von deinen Heiratsplänen erzählst? Wahrscheinlich wird er dir ein Hochzeitsgeschenk machen.«
    »Sei doch nicht so dumm, Onkel Fred! Ich habe Archie gesagt, daß ich IHN heiraten werde!«
    »Was? IHN?«
    »Ja. IHN.«
    »Das ist ja unfaßbar. Warum hast du denn das nur getan?«
    »Einfach aus einer Laune heraus. Schon in der Schule haben sie immer in die Zeugnisse geschrieben ›sie ist manchmal zu impulsiv‹.«
    Ihre Stimme klang sehr mutlos. Seit dieser kurzen, schicksalhaften Unterhaltung mit Archie hatte sich ihrer ein unangenehmes Gefühl bemächtigt, daß sie sich auf etwas eingelassen hatte, was sie lieber wieder zurückziehen würde. Ihre Gefühle ähnelten denen eines nervösen Passagiers in der Achterbahn bei einem Volksfest, der nicht mehr aussteigen kann und der von panischer Angst erfaßt wird.
    Es hatte nicht den Anschein, daß sie Archie Gilpin sehr gerne mochte. Er war ein recht netter Kerl, ein angenehmer Partner für einen Ausflug oder für ein Tennismatch; aber bis zum Eintritt dieses fürchterlichen Ereignisses hatte sie ihn gar nicht beachtet, er war für sie ein fremder Gegenstand gewesen. Und jetzt plötzlich war sie mit ihm verlobt. In der TIMES würde die Anzeige erscheinen. Lady Constance würde sagen, wie sehr ihr Vater sich freuen würde und wie vernünftig es von ihr war, einzusehen, daß diese andere Angelegenheit nur reine Verblendung gewesen war. Sie wollte einfach nicht mehr leben. Am liebsten würde sie zum See hinuntergehen und einen der Ministranten fragen, ob er nicht gerne einen Schilling verdienen möchte und ihr den Kopf unter das Wasser halten könnte, bis ihr Lebenshauch erloschen sei.
    »Ach, Onkel Fred«, sagte sie.
    »Na, na«, sagte Lord Ickenham.
    »Ach, Onkel Fred!«
    »Sag’ nichts. Weine einfach. Es gibt keine bessere Medizin.«
    »Was soll ich denn nur tun?«
    »Rückgängig machen, natürlich. Ihm sagen, daß es ein Vergnügen war, seine Bekanntschaft gemacht zu haben – und ihn zum Teufel schicken.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Unsinn. Das kann man ganz einfach in ein Gespräch einflechten. Du machst mit ihm einen Mondscheinspaziergang. Er sagt zum Beispiel, wie sehr er sich auf euer gemeinsames Nest freut; und da sagst du, ›oh, ich habe ganz vergessen, dir davon zu erzählen. Es ist aus‹. Er sagt, ›Was?!‹ Du sagst, ›Du hast es doch gehört‹, worauf er errötet und sich nach Afrika absetzt.«
    »Und ich nach New York.«
    »Warum New York?«
    »Ich werde in Ungnade fallen, weil ich mit dem Neffen eines Duke meine Verlobung gelöst habe. Deshalb wird man mich dorthin zurückschicken.«
    »Sag’ mir nur nicht, daß Jimmy ein strenger Vater ist!«
    »So streng würde er aber sein. Er hat eine Vorliebe für die britische Aristokratie. Er bewundert sie grenzenlos.«
    »Das verstehe ich. Wir sind das Salz der Welt.«
    »Er würde darauf bestehen, daß ich mitkomme. Und dann würde ich meinen geliebten Engel Bill nie wiedersehen, denn er könnte sich die Fahrtspesen nach New York niemals leisten.«
    Lord Ickenham überlegte. Das war eine Schwierigkeit, die er nicht in Betracht gezogen hatte.
    »Verstehe. Ja, diese Möglichkeit besteht.«
    »Absolut.«
    »Da muß man andere Überlegungen anstellen. Du überläßt jetzt besser alles mir.«
    »Ich wüßte nicht, was du dabei tun kannst.«
    »Derlei Dinge sind für einen Ickenham bestimmt. Ich habe einmal meinem Freund gesagt, daß derartige Situationen mich ungemein anspornen. Und Dinge, die Frederick Altamont Cornwallis Twistleton, den fünften Earl des guten alten Ickenham, anspornen, bedeuten einiges.«

8
    Wenn man die Fleet Street hinunter geht und in eine der Seitenstraßen einbiegt, die zum Fluß führen, dann sieht man plötzlich ein riesiges Gebäude vor sich,

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