Stets zu Diensten
verlassen!«
Lord Ickenham schien überrascht zu sein.
»Das hatte ich nicht geplant. Sind Sie sicher, daß Sie mich meinen?«
»Und Sie werden Mr. Bailey mitnehmen. Wie konnten Sie es nur wagen, diesen unmöglichen jungen Mann hierher zu bringen?«
Lord Ickenham strich nachdenklich über seinen Schnurrbart.
»Oh, Bill Bailey. Ich verstehe. Ja, das war ein gesellschaftlicher Mißgriff. Aber überlegen Sie doch bitte. Ich habe es nur gut gemeint. Zwei junge Herzen, die im Frühling füreinander erglühten … na ja, nicht gerade im Frühling vielleicht, aber so genau müssen wir das nicht nehmen. Ich wollte die Dinge einrenken. Ich bin überzeugt, Jimmy hätte diesen Akt der Nächstenliebe sehr gebilligt–«
»Da bin ich anderer Meinung.«
»Er möchte doch, daß sein Lämmchen glücklich ist.«
»Das möchte ich auch. Deshalb werde ich es nicht zulassen, daß sie einen bettelarmen Hilfsgeistlichen heiratet. Aber darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Es gibt …«
»Das wird Ihnen noch leid tun, wenn Bill plötzlich zum Bischof ernannt wird.«
»… gute Züge …«
»Warum nur habe ich um diese edle Sache nicht mehr gekämpft, werden Sie sich sagen.«
»… den ganzen Tag über. Ich würde Ihnen den um 2 Uhr 15 empfehlen«, sagte Lady Constance. »Guten Morgen, Lord Ickenham. Ich halte Sie jetzt nicht mehr länger auf.«
Ein etwas sensibler Mensch hätte diesen Worten eine Andeutung entnommen – vielleicht eine versteckte – daß seine Anwesenheit nicht mehr länger erwünscht sei, aber Lord Ickenham blieb weiter auf seinem Stuhl kleben. Er blickte bekümmert drein.
»Ich gebe zu, daß Sie vielleicht Recht haben, wenn Sie diesen Kerl auf den 2 Uhr 15 Zug schicken möchten«, sagte er. »Das ist sicherlich ein hervorragender Zug. Aber es gibt Schwierigkeiten, ob Bill und ich ihn erreichen können.«
»Ich sehe keine.«
»Ich werde versuchen, mich etwas klarer auszudrücken. Haben Sie Bill Bailey bei seinem Besuch hier eingehend unter die Lupe genommen? Er ist ein seltsamer Bursche. Würde normalerweise keiner Fliege etwas zuleide tun – ich habe es zumindest noch nie gesehen …«
»Es interessiert mich nicht, was Mr ….«
»Aber wenn man ihn grob und unberechtigterweise herausfordert … Man würde annehmen, daß er – als Hilfsgeistlicher – diese Fotos bei sich behalten würde; ich finde auch, daß er das tun sollte. Aber selbst Hilfsgeistlichen kann es zu dumm werden – und ich fürchte, falls Sie ihn zwingen, das Schloß zu verlassen, wie schön und luxuriös der 2 Uhr 15 Zug auch sein mag, dann wird es ihm zu dumm werden.«
»Lord Ickenham!«
»Sie sagten?«
»Was reden Sie denn für Zeug daher?«
»Habe ich das noch nicht gesagt? Entschuldigen Sie. Ich habe diese unangenehme Angewohnheit, schneller zu denken als ich spreche. Ich meinte die Fotos, die er von Beach gemacht hat. Und ich glaube, daß – wenn man ihn vor die Tür setzt – er so verbittert sein wird, daß er sie in der Öffentlichkeit verbreiten wird. Rachsüchtig, zweifellos, und keineswegs eine Tat, die man einem Seelenhirten zutrauen würde. Aber ich versichere Ihnen, er wird es tun.«
Lady Constance legte eine Hand auf die Stirn, die inzwischen fieberte. Nicht einmal in einem Gespräch mit ihrem Bruder Clarence hatte sie jemals so sensationelle Dinge erfahren.
»Fotos? Von Beach?«
»Wie er die Zeltschnüre durchschnitt und damit die Ministranten völlig verwirrte und erschreckte. Aber wie dumm von mir; ich hatte Ihnen das ja gar nicht erzählt. Die Sache war also die: Bill Bailey konnte heute früh nicht schlafen – vermutlich weil die Liebe sich bei ihm so auswirkt – und beschloß, einen Spaziergang zu machen. Er sah in der Halle die Kamera des kleinen George liegen und nahm sie mit, weil er vermutlich die hiesige Fauna fotografieren wollte. Er war natürlich sehr überrascht, als er unten am See Beach entdeckte, der gerade die Zeltschnüre durchschnitt. Er hat einen ganzen Film von ihm geschossen, und die Bilder sind anscheinend hervorragend. Darf ich rauchen?« sagte Lord Ickenham und holte sein Etui hervor.
Lady Constance antwortete nicht. Sie schien – wie Lots Eheweib – zu einer Salzsäule erstarrt zu sein. Man hätte vermutet, daß sie sich im Verlauf ihres Lebens auf Blandings Castle an derartige Vorfälle gewöhnt hätte, die ja anscheinend in diesem hektischen Heim jeden Tag passierten. Man hätte gedacht, daß sie nichts – aber auch gar nichts – überraschen könnte. Doch Lady
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