Stets zu Diensten
taufen.«
»Natürlich. Noblesse oblige. Ein Freund von dir?«
»Busenfreund. War mit ihm in Oxford.«
»Sag’ ihm, er soll hierher kommen.«
»Geht nicht. Ich muß mich mit ihm in der Milton Street treffen.«
»Wo ist das?«
»In South Kensington.«
Lord Ickenham spitzte die Lippen.
»South Kensington? Wo die Sünde nackt durch die Hinterhöfe schleicht? Versetz’ diesen Mann. Der hält dich nur zum Narren.«
»Der hält mich bestimmt nicht zum Narren. Weißt du auch warum? Erstens einmal ist er ein Hilfsgeistlicher, und zweitens heiratet er. Wir sind beim Standesamt in der Milton Street verabredet.«
»Bist du sein Trauzeuge?«
»Richtig.«
»Und wer ist die Braut?«
»Eine Amerikanerin.«
»Nettes Mädchen?«
»Bill spricht von ihr in den höchsten Tönen.«
»Wie heißt sie?«
»Schoonmaker.«
Lord Ickenham sprang von seinem Sitz hoch.
»Du liebe Güte! Doch nicht die kleine Myra Schoonmaker?«
»Ich weiß nicht, ob sie klein ist oder nicht. Ich habe sie noch nie gesehen. Aber sie heißt jedenfalls Myra. Warum … kennst du sie?«
Lord Ickenhams edles Gesicht nahm einen zärtlichen Ausdruck an. Er drehte sentimental an seinem Schnurrbart.
»Ob ich sie kenne? Wie oft habe ich sie doch gebadet. Nicht in letzter Zeit natürlich, aber vor vielen Jahren, als ich in New York mein Geld verdiente. Damals war ich sehr eng mit Jimmy Schoonmaker befreundet. Heute habe ich in diesem Land Gottes nicht mehr viel verloren, weil deine Tante das für besser hält. Aber ich habe mich schon oft gefragt, wie es ihm gehen mag. Als ich ihn kannte, hatte es den Anschein, daß er einmal ein hohes Tier in der Finanzwelt werden würde. Obwohl noch ziemlich jung, konnte er damals schon die Zigarre von einem Mundwinkel in den anderen schieben, ohne dabei die Finger zu benützen – und jeder weiß, daß dies der erste Schritt für die Etablierung eines einflußreichen Mannes ist. Heute ist er bestimmt der Wolf von Wall Street und vermutlich jedesmal gekränkt, wenn er nicht mindestens jede zweite Woche vom Senat zu Rate gezogen wird. Das alles kommt mir wirklich ziemlich seltsam vor.«
»Was ist seltsam?«
»Seine Tochter heiratet ganz einfach auf einem Standesamt. Man sollte doch meinen, daß sie eine Riesenhochzeit mit Kirchenchor, Brautjungfern, Bischöfen und dem ganzen Drum und Dran haben würde.«
»Ach so, jetzt verstehe ich, was du meinst.« Pongo blickte vorsichtig über die Schulter. Es schien jedoch niemand in Hörweite zu sein. »Ja, das sollte man eigentlich annehmen, nicht wahr? Aber Bills Heirat muß in absoluter Stille und sehr geheim begangen werden. Die Entwicklung dieser großen Liebe war ziemlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Höllenhunde haben Pfeile hineingetrieben.«
»Und was sollten das für Höllenhunde gewesen sein?«
»Besser gesagt, ein Höllenhund. Du kennst ihn – eine Höllenhündin: Constance Keeble.«
»Was? Die liebe, alte Connie? Dieser Name ruft in mir seltsame Erinnerungen wach. Erinnerst du dich noch daran, als wir nach Blandings Castle reisten – ich als der verrückte Arzt, Sir Roderick Glossop, und du als sein Neffe Basil?«
»Und ob ich mich daran erinnere«, sagte er, wobei es ihn schüttelte. Dieser Besuch hatte ihm Monate lang Alpträume eingebracht.
»Herrliche Tage waren das! Wirklich herrliche Tage! Wie sehr habe ich doch diesen Aufenthalt genossen. Ich möchte ihn sofort wiederholen. Diese frische Luft, die angenehme Gesellschaft, der gelegentliche, erfreuliche Anblick von Lord Emsworths Schwein. All das wirkte so belebend und vertrieb sämtliche düsteren Gedanken. Aber was hat denn Connie in dieser Angelegenheit zu tun?«
»Sie hat das Verbot ausgesprochen.«
»Ich kann dieser Geschichte immer noch nicht folgen. Wieso soll sie in der Lage sein, etwas Derartiges zu tun?«
»Die Geschichte ist folgende: Sie und Schoonmaker sind zwei alte Freunde – ich habe das von Bill erfahren und nehme an, daß es stimmt – er wollte, daß seine Tochter eine Saison in London mitmacht, hat sie hierher gebracht und sie in Lady Constances Obhut gestellt.«
»Soweit ist mir alles klar.«
»Und plötzlich entdeckte Lady Constance inmitten dieser Londoner Saison, daß dieses Biest mit Bill ausging. Als sie erfuhr, daß er nur ein Hilfsgeistlicher war, wurde sie sauer wie eine Zitrone.«
»Mag sie keine Hilfsgeistlichen?«
»Dieser Eindruck könnte entstehen.«
»Merkwürdig. Mich mag sie ja auch nicht. Wirklich sehr schwierig, dieser Frau zu gefallen. Was ist denn
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