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Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus

Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus

Titel: Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Lothar Merten
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2011.
    Tagsüber haben die Banker, Fondsmanager und Anwälte in der City mit Globalisierung, Finanzkrise, Hedgefonds und Offshore-Aktivitäten zu tun, abends stehen sie – wie vor der Finanzkrise 2008 – in den Pubs und lassen die Champagnerkorken knallen. Obwohl das Land noch immer unter den Folgen der Finanzkrise leidet, ist bis heute kein Spitzenbanker zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
    Trotzdem: Alle wollen nach London, damals wie heute. Hierher drängen Engländer und Immigranten aus den alten Kolonien und Schwarzafrika, aber auch Reiche aus dem Rest der Welt. So hatte die City in den 1980er-Jahren alles darangesetzt, reiche Araber zu ködern. In den 1990er Jahren waren es dann wohlhabende Japaner und ölreiche Afrikaner. In jüngster Zeit umschwärmt sie mithilfe von Verbindungsparadiesen wie Zypern in aggressiver Weise russische Oligarchen. Mitte 2008 waren 100 Unternehmen aus der ehemaligen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) an der Londoner Börse notiert, die Wertpapiertransaktionen von Unternehmen aus diesen Ländern beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf fast 950 Milliarden Dollar.
    London ist ein Magnet für Geld und immer noch eine Stadt zum Leben – solange man nicht arm ist. Heute haben sich allein über 300.000 Russen in London niedergelassen. Sie und die vielen anderen Ausländer werden von den lockeren Steuergesetzen und der Verschwiegenheit der City angelockt.
Geldwäschezentrum London
    Dabei müssen Wirtschaftskriminelle oder Steuerhinterzieher für Taten im Ausland in London keine Konsequenzen fürchten. Dazu äußerte Anfang 2010 Alexander Swjaginzew , der stellvertretende russische Generalstaatsanwalt, dass „Londongrad“, wie es zuweilen genannt wird, „eine gigantische Waschmaschine für kriminelles Geld“ darstelle. Die Pariser Untersuchungsrichterin Eva Joly fasst die Sichtweise jenseits des Ärmelkanals so zusammen: „Die City of London, dieser Staat im Staat, hat nicht ein einziges Mal auch nur das kleinste Beweisstück an ausländische Ermittler ausgehändigt.“
    Der offen zur Schau gestellte Reichtum russischer Oligarchen in London, die Immobilienkäufe von Investoren aus Griechenland und den nordafrikanischen Umsturzregionen sowie der ostentative Luxus afrikanischer Diktatorenfamilien haben der City den Ruf eingebracht, Europas größtes Zentrum für Geldwäsche zu sein. Selbst edelste Bankinstitute drücken gegenüber ihren hofierten Edelkunden alle Augen zu. Die Londoner Finanzaufsicht FSA hat deshalb Anfang 2012 demonstrativ Großbritanniens edelste Bank Coutts mit einer Strafe von zehn Millionen Euro belegt. Zu deren Kunden zählt auch Königin Elisabeth II.
    Laut FSA hat es Coutts versäumt, bei fast zwei Dritteln der Kunden aus politischen Kreisen darauf zu achten, dass deren Geldgeschäfte nicht gegen das Geldwäschegesetz verstießen. Das Versagen der Bank sei „gravierend, systematisch und über die letzten drei Jahre erfolgt“. Sie hatte weder nachgeprüft, woher der Reichtum stammte oder ob er rechtens erlangt worden war, noch, ob Vorwürfe wegen Geldwäsche oder andere Finanzkriminalität gegen die Kunden vorlagen. Selbst wenn Vorwürfe bekannt waren, sei denen nicht nachgegangen worden.
    Der Fall zeigt, in welcher Zwickmühle einige Edelbanken heute stehen. Während sie früher von guter Vermögensanlage für wohlhabende Kunden gelebt haben, machen ihnen heute Gesetze gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Insiderhandel einen Strich durch viele Geschäftspraktiken.
Steuerfrei durch die Domicile-Rule
    London hat noch eine weitere Offshore-Attraktion: die Domicile-Rule. Das „Konzept des Domizils“ hatte ursprünglich den Zweck, die Identifizierung von Kolonialisten, die in verschiedenen Teilen des einstigen Weltreichs lebten, zu vereinfachen. So galt ein englischer Kolonialverwalter in Indien als in Indien ansässig, aber in England domiziliert. Im Gegensatz dazu war ein Inder, der in London lebte, noch immer in Indien domiziliert, konnte also nie ein „echter“ Brite werden. 1914 wurde die Steuerverordnung so zurechtgebogen, dass jene, die in England ansässig, aber nicht domiziliert waren, keine Steuern auf ihr weltweites Einkommen entrichten mussten. Es wurden nur die Gewinne beziehungsweise Einkünfte besteuert, die sie tatsächlich in Großbritannien erzielt hatten. Und so sieht die Situation im Prinzip auch heute noch aus.
    So kann beispielsweise der Eigentümer eines nicht domizilierten („non-dom“) Hedgefonds dafür sorgen, dass sein

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