Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Chief Operating Officer der Bank kennen die Wahrheit. Und packt jemand aus, genießt er keinen „Whistleblower“-Schutz. Das ist in Offshore-Zentren ungeschriebenes Gesetz.
Was beachtet werden sollte, lässt sich für die Offshore-Insel Jersey im Ärmelkanal beispielsweise in drei Sprichwörtern zusammenfassen:
Hänge deine schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit auf.
Wirble keinen Staub auf.
Wenn es dir nicht passt, nimm das nächste Schiff.
Jersey ist überspannt von geheimen Insidernetzen, die meist mit dem Finanzsektor verknüpft sind. „Die Finanzindustrie ist wie eine Amöbe“, sagte mir Ende 2011 ein Inselbewohner, der nicht namentlich erwähnt werden will. „Wenn jemand die Finanzindustrie angreift, absorbiert sie den Angreifer und startet einen Gegenangriff. Sie ist Parasit auf Jersey. Sie hat die Insel eingenommen. Sie kontrolliert alles und entscheidet, was hier passiert.“
Obwohl Jerseys Finanzsektor lediglich knapp 15.000 Menschen direkt beschäftigt, also ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung, kommt er für rund 90 Prozent der Staatseinnahmen auf. Hier und auf der Nachbarinsel Guernsey verwalten 150 Banken insgesamt 875 Milliarden Euro – häufig über Trusts. Und: Es sollen auf den Inseln rund 200 Milliarden Euro Schwarzgeld von Steuersündern gebunkert sein, zum Teil verwaltet von den über 40.000 registrierten Offshore-Gesellschaften. Während die Piraten der Channel Islands früher stahlen, was andere transportierten, transportierten die Banker der Inseln in den vergangenen Jahrzehnten das zu den Geldhäusern auf den Inseln, was andere stahlen – dem Fiskus und damit dem Volksvermögen vor allem der Industrieländer.
Auf arglose Besucher machen die Channel Islands einen überaus britischen Eindruck. Aber mit dem Großbritannien, wie wir es kennen, haben sie wenig gemeinsam. Auf Druck der EU schlossen die Inseln mit Deutschland und anderen EU -Staaten ein Amtshilfe- und Auskunftsabkommen ab. Mit Geldwäsche, Steuerbetrug und -hinterziehung wollen sie offiziell nichts mehr zu tun haben.
Auf einer Insel kann man sich verstecken und auf einer Insel kennt jeder jeden. Enge Beziehungen sind unvermeidlich. Wegen der Möglichkeiten, einen Establishment-Konsens aufrechtzuerhalten und Unruhestifter kaltzustellen, eignen sich Inseln besonders gut als Offshore-Zentren.
Offshore-Zentrum City of London
Der Begriff „City of London“ bezieht sich auf die Finanzdienstleistungsindustrie in der britischen Hauptstadt, ansässig in der sogenannten Square Mile. Dabei handelt es sich um ein 1,22 Quadratkilometer großes Gebiet, das sich im Zentrum der Stadt vom Victoria Embankment an der Themse über die Fleet Street, das Barbican Centre, die Liverpool Street Station im Nordosten und dann etwas westlich vom Tower of London südlich der Themse erstreckt. Viele Hedgefonds sind darüber hinaus in Mayfair angesiedelt. Hier gibt es mehr ausländische Banken als in jedem anderen Finanzzentrum weltweit. 2011 ist der Finanzplatz London im internationalen Anleihe- und Devisenhandel, bei Börsengängen ausländischer Unternehmen, im Gold- und Rohstoffhandel weltweit führend. Die Finanzbranche trägt elf Prozent zu den Steuereinnahmen des britischen Staates bei. Wo heute Banker die Globalisierung vorantreiben und das britische Offshore-Netz steuern, trieb sich vor 150 Jahren Charles Dickens in Pubs mit Tagelöhnern und Prostituierten herum.
Keiner hat besser beschrieben, wie sie aussieht, die Armut, die heute so vielen droht. Der Einfluss der City auf die Offshore-Welt steuert einen Großteil dazu bei. Dickens’ Name ist heute in der City of London zum Reizwort geworden. Denn es gibt nur noch wenige Menschen, die sich hier eine Wohnung leisten können bei Quadratmeterpreisen bis zu 75.000 Euro. Vor allem Superreiche aus den europäischen Schuldenländern bringen ihr Geld nach Großbritannien.
Die Kluft zwischen Reich und Arm ist gewaltig in London, das Gefühl sozialer Ungerechtigkeit weit verbreitet. Die Banker mussten in den letzten Jahren eben nicht für die Probleme bezahlen, die sie verursacht hatten. Medien, zum Beispiel der „Evening Standard“, verstärken das Gefühl: „Acht Hedgefonds-Banker haben bei ihrer Weihnachtsfeier 2011 rund 71.000 Pfund für 24 Flaschen Wodka und sechs Magnum-Flaschen Dom Perignon in einem Nachtclub ausgegeben. Um die Nachbartische in Weihnachtsstimmung zu versetzen, warfen sie mit 50-Pfund-Scheinen um sich“, berichtete das Blatt im Dezember
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