Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
überprüfen. Schließlich sitzt man ja nicht nur in einem Verwaltungsrat, da muss man sich auf die vom Management vorgelegten Daten verlassen können. Doch je mehr Mandate das einzelne Verwaltungsratsmitglied wahrnimmt, umso professioneller präsentiert sich die Gesellschaft ihren Kunden.
So wie seinerzeit Herbert Schöri (Name geändert), argloser Präsident einer Schweizer Kantonalbank und gleichzeitig Verwaltungsrat in 38 Unternehmen, unter anderem bei einer Treuhand- und Anlagegesellschaft im Schweizerischen Sevelen, das strategisch günstig gegenüber Vaduz in Liechtenstein gelegen ist. In solch ehrenwerter und fachkompetenter Gesellschaft fühlt sich auch der kritischste Anleger aus dem Ausland wohl und übergibt sein Schwarzgeld nur allzu gern in Profihände. Und wenn die Helfer sich dann auch noch um das ganze Bankprozedere kümmern, sind Schwarzgeldbesitzer erleichtert, dass sie schon kurze Zeit später wieder die Grenze Richtung Heimat überqueren können. Natürlich ohne Papiere oder Dokumente, die hat man ja auf Anraten des Treuhänders vorsichtshalber im Safe der Kanzlei gelassen. Schließlich könnte man auf der Rückfahrt in eine Kontrolle der Schleierfahnder geraten.
Häufig bekommen Anleger am Ende weder die Papiere noch ihr Geld wieder zu Gesicht. Mit dem verschwundenen Geld lässt es sich der Treuhänder dann gutgehen – die Karibik hat einige lebenswerte Plätze zu bieten. Doch es dauert meist nicht allzu lang, bis dessen Name als Direktor einer Treuhandgesellschaft an einem anderen Offshore-Finanzplatz wieder auftaucht.
Nicht weniger dreist war die Masche eines Devisenhändlers, der in eleganten Büros hoch über Zürich im Nobelviertel Dolderberg residierte. Das Traden hatte er in den 1980er-Jahren bei Marc Rich in Zug gelernt, dem damals erfolgreichsten und umstrittensten Rohstoffhändler der Welt. Rich stand nicht nur wegen Steuerhinterziehung in den USA jahrelang auf der Liste der „Most wanted“ des FBI , sondern auch wegen der Unterstützung linksrevolutionärer Regime mit Öl. Nach 17 Jahren Flucht im Ausland wurde Rich gegen Zahlung von 450.000 US-Dollar für die Clinton Library am letzten Arbeitstag von Präsident Bill Clinton begnadigt. Eine Amnestie, wie sie günstiger nicht hätte ausfallen können.
Unser Devisenguru verstand aber nicht nur das Geschäft mit dem sekundenschnellen Handel mit Währungen meisterhaft, er kannte sich auch bestens mit der Psyche von Schwarzgeldbesitzern aus. Er lockte mit Renditeversprechen und beruhigte, indem er das Schwarzgeld fortschaffte: Das wurde vom Ausland aus in Zürich in den lukrativen Handel mit Devisen investiert. Hohe Renditen und ein sicheres Versteck – die Kunden waren erleichtert. Auch konnten sie ihre Gewinne jederzeit in Zürich bar abholen, zum Beispiel um eine Schweizer Qualitätsuhr zu kaufen oder einen Urlaub in den Schweizer Bergen zu finanzieren.
Dabei mussten die Kunden ihr Schwarzgeld nicht einmal selbst über die Grenze bringen. Das wurde in Süddeutschland und Österreich von einer spezialisierten Vertretercrew vor Ort bei Handwerksmeistern und mittelständischen Unternehmern bar eingesammelt. Woche für Woche. Dieses Geld wurde dann nach München gebracht, gebündelt und anschließend von zwei Schweizer Rentnerehepaaren in Einkaufstüten im Auto über die Grenze nach Zürich transportiert – dreimal wöchentlich. Dort hat man die Gelder dann gepoolt und auf zwei zentrale Firmenkonten bei der Schweizer Post und der ehrwürdigen Barclays Bank in London eingezahlt. Gleichzeitig wurden die erhaltenen Zahlungen intern auf persönliche Kundenkonten verbucht.
Jeder Kunde konnte schon wenige Tage später den aktuellen Kontostand auf seinem Einzelkonto online abrufen, immer nach dem Firmenmotto „100 Prozent transparent und insolvenzgeschützt“. Sie wussten also alle, dass auch ihre letzten Zahlungen sicher in Zürich eingetroffen waren. So sammelten sich innerhalb von drei Jahren rund 30 Millionen Euro Schwarzgeld an.
Doch dann schloss sich die Schweiz dem EU -Verbraucherschutzgesetz Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) an. Es schreibt unter anderem vor, dass Kundenkonten vom Vermögensverwalter nicht mehr gepoolt werden dürfen, sondern einzeln zu führen sind. Der Devisenhändler wurde seitens der Schweizer Bankenaufsicht FINMA darauf aufmerksam gemacht, dass die Kontenumstellung bis Ende September 2008 durchzuführen sei. Eine Bank, um die einzelnen Kundenkonten zu führen, wurde schnell gefunden,
Weitere Kostenlose Bücher