Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
einem Bargeldkoffer auf Reisen zu gehen. Und falls die Behörden den Mandanten nach dem Grund für den Transfer fragen, liefert mancher Berater gleich eine Rechnung über eine angebliche Dienstleistung mit. Perfekter Service für eine Steuerhinterziehung.
Immer wieder haben gierige Anleger statt über Firmenkonstrukte in der Karibik wundersame Gewinne einzufahren Verluste hinnehmen müssen. In der Regel sind die Firmennetze so verschachtelt, dass für Außenstehende kaum zu durchblicken ist, wo sich der tatsächliche Firmensitz befindet und über wie viele Zwischen- und Untergesellschaften das Geld fließt. Um nicht den Fluch der Karibik zu erleben, lohnt sich für Investoren bei Offerten von Anbietern mit Firmensitzen in Steueroasen immer ein Check. Hellhörig werden sollte man vor allem dann, wenn es in Angeboten zu Kapitalanlagen heißt: Aus Wettbewerbsgründen könne man keine näheren Angaben machen, wie die offerierten Traumrenditen erzielt werden. So etwas endet meist damit, dass weder eine Rendite erzielt wird noch das eingesetzte Kapital übrig bleibt. Die Verluste sind dann natürlich steuerfrei.
Das System ist so einfach wie wirkungsvoll: Man nehme eine Firma aus Übersee, zum Beispiel aus den USA, und schaffe ein Netz von Gesellschaften, beispielsweise in der Karibik, in Mittelamerika und in Hongkong. Man bediene sich zudem einer Bank in Liechtenstein und einer Offshore-Gesellschaft in der Schweiz. Das investierte Kapital verschwindet in der Karibik oder in Asien. Ist das Geld erst einmal weg, erhält man in den Steueroasen an den Weltmeeren keine Hilfe bei der Aufklärung der kriminellen Transaktionen. Von den Hintermännern fehlt jede Spur, auch deren Briefkastenfirmen sind längst aufgelöst. In der Regel ist vor Ort niemand erreichbar. Miami zum Beispiel ist ein Tummelplatz für solche Offshore-Spezialisten. Von hier aus können sie Kontakte in die Karibik pflegen. Und für die Mandanten ist es unverdächtig, wenn der Anwalt, mit dem sie kommunizieren, statt in einem der Offshore-Zentren in den USA sitzt.
Nicht nur die Steuerflüchtigen selbst, auch die Helfer im Ausland machen sich strafbar, wenn sie Offshore-Gesellschaften gründen, obwohl sie wissen, dass ihre Mandanten Geld am Fiskus vorbeischleusen wollen. Sie leisten dann Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Leiten sie Schwarzgeld gar über Treuhandkonten weiter, ist das nicht nur Beihilfe, sondern Mittäterschaft. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Helfer der Hinterzieher ertappt werden, ist eher gering. In der Regel sind das Profis, die keine Spuren hinterlassen. Die größte Gefahr sind ihre Mandanten: Werden die überführt, weil sie Unterlagen herumliegen lassen oder weil ehemals Vertraute sie anzeigen, wird es auch für die Helfer brenzlig. Denn laut Gesetz können Hinterzieher nach ihrer Verurteilung als Zeuge gegen ihre Helfer aussagen – und die dann wegen Beihilfe verurteilt werden.
Umgekehrt gilt auch: Helfer sind häufig die größte Gefahr für ihre Mandanten. Schließlich haben sie umfassende Vollmachten über deren Vermögen. Und die Mandanten brauchen sie meist auch, um ihr Geld wieder aus den Tarnfirmen abzuziehen. Die Helfer haben damit ein Druckmittel, wenn es Streit um den Verbleib von Vermögensteilen oder die Gebührenabrechnung geht. Wehrt der Kunde sich hartnäckig, ist manchem Helfer jedes Mittel recht: Man werde beim Finanzamt eine „Anzeige wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung erstatten“, schrieb unlängst ein Schweizer Anwalt einem deutschen Kunden, der ihm Millionen zur treuhänderischen Verwaltung in einer Offshore-Gesellschaft in Singapur anvertraut hatte. So werden aus Steuerbetrügern oft selbst Betrogene.
Bisher hat der Staat kein Mittel gefunden, den Helfern das Handwerk zu legen. Die Fahnder wissen, dass es sie gibt, aber es ist schwer, an sie heranzukommen. Denn die Schwarzgeldschieber bewegen sich mit großem Geschick in einer rechtlichen Grauzone. Offiziell bieten sie „Offshore-Beratung“ oder „Asset-Protection“ an – wogegen nichts zu sagen ist. Jeder kann schließlich Firmen gründen und Geld deponieren, wo er will. Ein Gesetzesverstoß liegt erst vor, wenn beim Finanzamt Kapitalerträge aus im Ausland gebunkerten Vermögen nicht angegeben werden. Das Anleger sich aber die Mühe machen, im Ausland Scheinfirmen zu gründen, um in der Heimat redlich Steuern zu zahlen, dürfte wohl die Ausnahme sein. Auch scheint es vielen Dienstleistern egal zu sein, ob der Mandant den Fiskus betrügen
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