Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
der September näherte sich dem Ende. Das war der Zeitpunkt, an dem nicht nur die Kontentrennung erfolgen musste, sondern auch der Geldtransfer von den beiden Hauptkonten auf die rund 3.000 einzelnen Kundenkonten.
Was Außenstehende nicht wissen konnten – das Geld war bis auf etwas über fünf Millionen Euro verschwunden. Verbraucht für einen luxuriösen Lebenswandel, schnelle Autos und die Beteiligung an einer Zürcher Nobelbar. Jetzt musste unser Devisenhändler handeln, es blieben ihm nur wenige Tage bis zur Stunde der Wahrheit. Es war an einem Donnerstagabend Ende September, als er sein Händlerglück herausforderte. Dazu hebelte er die restlichen fünf Millionen Euro Kundengelder als „Spielgeld“ auf 280 Millionen herauf. Ein großer Geldeinsatz mit hohem Risiko, doch letztlich nur ein kleiner Beitrag zum weltweiten Devisenspiel. Vier Billionen Dollar wurden in dieser Nacht von Händlern rund um den Globus geschickt. Dann begann die Jagd nach dem fehlenden Geld. Gleichzeitig an sechs Bildschirmen fing unser Händler an, rund um den Globus Euro gegen US-Dollar, Schweizer Franken gegen Türkische Lira, Pfund gegen Yen, Norwegische Kronen gegen Südafrikanische Rand und andere Währungskombinationen zu handeln, stundenlang. Die ganze Nacht lang. Erst mit Erfolg, dann verließ ihn das Glück.
Als am Freitagmorgen die Mitarbeiter zum Dienst erschienen, flimmerten ihnen auf den Bildschirmen nicht nur endlose Zahlenkolonnen entgegen, auch der aktuelle Kontostand bei der Barclays Bank von 450.000 Euro blinkte auf. Das Verwirrspiel wurde sofort gestoppt, vom Devisenhändler keine Spur. Sollte alles nur ein Spuk gewesen sein? Der 1. Oktober kam: Ein Transfer der Kundengelder konnte nicht stattfinden, deren gesamtes Schwarzgeld war verbrannt.
Erst Mitte November 2007 meldet die „Neue Zürcher Zeitung“: „Ehefrau in Zürcher Hotelzimmer erdrosselt – Grosser Fall von Anlagebetrug nach Tötungsdelikt aufgeflogen“. Doch bereits am Nachmittag des 1. Oktober hatten Angestellte eines Luxushotels in der Zürcher Innenstadt einen verletzten Mann in seinem Hotelzimmer gefunden, im Bett liegend, daneben die Leiche seiner 27-jährigen Frau. Er hatte die Table-Dancerin erst wenige Monate zuvor in seiner Nachtbar kennen und lieben gelernt. Jetzt lag sie erdrosselt neben ihm, auch er hatte sich umbringen wollen. In seinem Abschiedsbrief hatte der Mann Hinweise auf einen Anlagebetrug zum Nachteil von rund 3.000 Kunden gegeben. Und Hinweise auf seine Beteiligung an der Nobelbar, ein damals wichtiger Kokainumschlagplatz in Zürich. Seine Angaben lösten umfangreiche Ermittlungen in der Zürcher Szene aus, für die die Staatsanwaltschaft für Gewaltdelikte des Kantons Zürich eine absolute mehrwöchige Informationssperre verhängte.
Die Untersuchung des Anlagebetrugs übernahm die Staatsanwaltschaft III für Wirtschaftsdelikte des Kantons Zürich . Schnell bestätigte sich der Verdacht, dass Anlagegelder in Millionenhöhe nicht in den Devisenhandel gelangt waren, sondern anderweitig Verwendung gefunden hatten. Und nicht nur, dass die betrogenen Kunden aus dem Ausland ihr Schwarzgeld verloren hatten: Jeder einzelne Kunde war zudem in der Buchhaltung mit Name, Adresse und eingezahlten Beträgen erfasst. Meldungen über diese pikanten Details gingen zwischenzeitlich von der Zürcher Staatsanwaltschaft aus an die zuständigen Heimatfinanzämter. Kunden, die sich bis dahin noch nicht selbst beim Fiskus angezeigt hatten, sahen sich mit unangenehmen Fragen und Strafen konfrontiert.
Abgeltungsteuer soll Fluchtgeld im Land halten
„Besser 25 Prozent von x als 45 Prozent von nix.“ Mit dieser Aussage spielte Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bei Einführung der Abgeltungsteuer Anfang 2009 auf vermögende Bürger an, die eigentlich 45 Prozent Steuern auf ihre Kapitaleinkünfte zahlen müssten, dies aber durch den Kapitaltransfer ins Ausland mehr oder weniger legal vermeiden.
In der Begründung für das neue Steuergesetz hieß es: „Die Einführung einer Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent mindert das Interesse privater Anleger, Kapital allein aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern.“ In jedem Fall hat die Abgeltungsteuer aber die Suche nach Steuersündern erschwert. Denn da bei Vermögenden in der Steuererklärung seit 2009 keine Kapitalerträge mehr angegeben werden, lässt sich deren Plausibilität auch nicht mehr überprüfen. Die Steuerfahndung kann so keine Spuren zu möglichem Schwarzgeld im
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