Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
Aufmerksamkeit, die die Firma brauchte, um in einer Windows-Welt zu bestehen.
Der im Jahr 2000 in die Läden gekommene PowerMac G4 Cube sah so eindrucksvoll aus, dass er es sogar bis ins New Yorker Museum of Modern Art schaffte – das Gehäuse ist ein perfekter Würfel von 20,32 Zentimeter Kantenlänge, etwa die Länge einer Kleenex-Schachtel, und der perfekte Ausdruck von Jobs’ Ästhetik. Die Verfeinerung war minimalistisch; keine Schalter störten die glatten Flächen, es gab keine CD-Schublade, sondern nur einen unauffälligen Schlitz, und wie der Ur-Macintosh hatte er keinen Ventilator. Reines Zen. »Wenn man etwas äußerlich derart Durchgestaltetes sieht, sagt man sich doch: ›Toll, das muss innen genauso schön sein‹«, so Jobs in der Newsweek . »Unser Fortschritt besteht im Vereinfachen; wir entfernen das Überflüssige.«
Der G4 Cube war in seiner Bescheidenheit schon fast wieder protzig, und er war ein schneller Rechner. Aber er war kein Erfolg. Er war als Tischgerät für Geschäftskunden entwickelt worden, aber Jobs wollte ihn, wie er es eigentlich bei jedem Produkt vorhatte, zu einem Massenartikel machen. Im Endeffekt passte der Cube weder in den einen noch in den anderen Markt wirklich hinein. Echte Schreibtischarbeiter wollten keine Skulptur, sondern ein Arbeitsgerät, und auf dem Massenmarkt ließ sich der gegenüber Rechnern mit vergleichbarer Leistung doppelt so hohe Preis nicht durchsetzen.
Jobs hatte Quartalsverkäufe von 200000 Cubes vorausgesagt. Im ersten Quartal erreichte der Cube die Hälfte dieser Zahl, im zweiten wurden nicht einmal mehr 30000 Stück verkauft. Später gab Jobs zu, er habe den Cube überdesignt und überteuert, wie es ihm auch schon beim NeXT-Rechner passiert war. Aber er lernte allmählich dazu. Bei Geräten wie dem iPod hielt er den Preis unter Kontrolle und ließ sich auf die nötigen Designkompromisse ein, um Zeitplan und Budget einzuhalten.
Es lag unter anderem am schlechten Verkauf des Cube, dass Apple im September 2000 eine ziemlich enttäuschende Bilanz vorlegen musste. Zur selben Zeit begann auch die Technologieblase zu platzen und Apples Anteil auf dem Schul- und Universitätsmarkt ging zurück. Der Aktienkurs, der zeitweise 60 Dollar überstiegen hatte, fiel an einem einzigen Tag um die Hälfte und lag Anfang Dezember unter 15 Dollar.
All das hielt Jobs keineswegs davon ab, sich weiter um distinktives, sogar ablenkendes Design zu bemühen. Als der Flachbildschirm endlich marktreif wurde, beschloss er, es sei an der Zeit, den iMac, der mit seinem durchscheinenden Gehäuse wirkte, als stamme er aus einem Jetsons-Comic, durch etwas Neues zu ersetzen. Ive entwarf ein ziemlich konventionelles Modell, bei dem die Elektronik auf der Rückseite des Bildschirms montiert war und das Jobs nicht gefiel. Wie er es schon oft bei Pixar und Apple getan hatte, machte er eine Vollbremsung und startete den Entwicklungsprozess neu. Dem Design fehle es an Absolutheit, meinte er. »Wenn man schon einen flachen Bildschirm hat, warum sollte man dann hinten wieder alles Mögliche drankleben?«, fragte er Ive. »Jedes Element sollte seine wahre Form behalten.«
Jobs ging an diesem Tag früher nach Hause, um über das Problem nachzudenken, und rief dann Ive zu sich. Sie gingen im Garten spazieren, den Jobs’ Frau in jenem Jahr mit Sonnenblumen bepflanzt hatte. »Ich stelle jedes Jahr etwas Verrücktes mit dem Garten an und damals waren es massenhaft Sonnenblumen; es gab sogar ein richtiges Sonnenblumenhaus für die Kinder«, erinnerte sie sich. »Jony und Steve grübelten über ihr Designproblem nach und dann fragte Jony plötzlich: ›Und wenn der Bildschirm von der Basis getrennt ist wie eine Sonnenblume?‹ Er wurde ganz aufgeregt und fing an zu skizzieren.« Ive wollte mit seinen Designs immer eine Geschichte erzählen, und die Form einer Sonnenblume sollte den Flachbildschirm so fließend und reaktionsfähig wirken lassen, als könne er sich wie diese nach der Sonne ausrichten.
Ives neues Design zeigte den Bildschirm des Mac auf einem biegsamen Chromhals, sodass er nicht nur an eine Sonnenblume erinnerte, sondern auch an eine Luxor-Lampe, sogar an die verspielte Persönlichkeit von Luxo Jr. im ersten Kurzfilm, den John Lasseter für Pixar gemacht hatte. Apple meldete zahlreiche Patente für dieses Design an, die meisten auf Ives Namen, aber in einem davon – das für »ein Computersystem, dessen Gehäuse an eine flache Anzeigeeinheit angeschlossen ist« – führte Jobs
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