Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
Neue Kämpfe: Und die alten hallen nach
Google : offen vs. geschlossen
Einige Tage nach der Enthüllung des iPad im Januar 2010 hielt Jobs ein »Townhall Meeting« mit Mitarbeitern auf dem Apple-Campus ab. Statt aber seiner Begeisterung über das neue marktverändernde Produkt Ausdruck zu verleihen, begann er gegen Google wegen deren Entwicklung des konkurrierenden Android-Betriebssystems zu wettern. Jobs war wütend, dass Google sich entschlossen hatte, den Wettbewerb mit Apple im Telefongeschäft aufzunehmen. »Nicht wir sind ins Suchmaschinen-Business eingestiegen«, so Jobs, »sondern sie ins Telefongeschäft. Macht euch keine Illusionen. Sie wollen das iPhone abservieren, aber wir werden das nicht zulassen.« Ein paar Minuten später, nachdem sich die Besprechung bereits einem anderen Thema zugewandt hatte, setzte Jobs seine Tirade fort und nahm Googles berühmten Werte-Slogan ins Visier. »Ich werde gleich auf diese Frage zurückkommen, möchte aber vorher noch eines sagen. Dieses ›Don’t be evil‹-Mantra (›Sei nicht böse‹) ist absoluter Schwachsinn.«
Jobs fühlte sich persönlich verraten. Google-CEO Eric Schmidt war während der Entwicklung von iPhone und iPad ein Mitglied des Apple-Board gewesen, und die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin hatten ihn als Mentor behandelt. Jobs fühlte sich übers Ohr gehauen. Der Touchscreen von Android übernahm immer mehr der von Apple entwickelten Funktionen – Multi-Touch, Swipe-Funktion, ein Raster mit App-Icons.
Jobs hatte versucht, Google von der Android-Entwicklung abzubringen. 2008 hatte er den Firmensitz von Google in der Nähe von Palo Alto besucht und sich mit Page, Brin und Andy Rubin, dem Chef des Android-Entwicklerteams, ein lautstarkes Wortgefecht geliefert. (Da Schmidt damals noch im Apple-Board saß, lehnte er die Teilnahme an Diskussionen zum Thema iPhone aus Befangenheitsgründen ab.) »Ich sagte, wir würden im Fall guter Beziehungen Google den Zugang zum iPhone und ein oder zwei Icons auf dem Homescreen garantieren«, erinnerte er sich. Sollte Google die Android-Entwicklung jedoch fortsetzen und irgendwelche iPhone-Funktionen verwenden, beispielsweise Multi-Touch, würde er vor Gericht gehen, drohte er. Zunächst hatte Google es vermieden, bestimmte Funktionen zu kopieren, aber im Januar 2010 stellte HTC (High Tech Computer Corporation) ein Android-Telefon vor, das nicht nur Multi-Touch, sondern auch einige andere Aspekte der grafischen Benutzeroberfläche des iPhone aufwies. Dies war der Kontext von Jobs’ Aussage, das »Don’t be evil«-Mantra von Google sei absoluter Schwachsinn.
Apple reichte deshalb gegen HTC (und infolgedessen auch gegen Android) Klage ein und machte die Verletzung von 20 Patenten geltend. Dazu zählten unter anderem verschiedene Multi-Touch-Gesten, die Swipe-Bewegung zum Öffnen von Apps etc., das doppelte Antippen für die Zoom-, Pinch- und Expand-Funktionen und die Sensoren, die ermitteln, ob das Gerät hochkant oder quer gehalten wird. Bei einem Besuch in seinem Haus in Palo Alto in der Woche vor der Klageeinreichung erlebte ich Jobs wütender als jemals zuvor:
Unsere Klageschrift legt dar, dass Google verdammt noch mal das iPhone geklaut und uns im großen Stil abgezockt hat. Schwerer Diebstahl. Wenn es sein muss, werde ich das bis an mein Lebensende und mit jedem Penny der 40 Milliarden Dollar von Apple, die auf der Bank liegen, richtigstellen. Ich werde Android zerstören, denn es ist ein geklautes Produkt. Ich bin bereit, dafür einen thermonuklearen Krieg anzufangen. Sie schlottern vor Angst, weil sie wissen, dass sie schuldig sind. Abgesehen von der Suchmaschine sind die Google-Produkte – Android, Google Docs – einfach Schrott.
Einige Tage nach diesem Wutanfall erhielt Jobs einen Anruf von Schmidt, der im Sommer zuvor das Board von Apple verlassen hatte. Er schlug vor, sich in einem Café in einem Einkaufszentrum von Palo Alto zu treffen. »Die Hälfte der Zeit haben wir über private Angelegenheiten gesprochen, die andere Hälfte über seine Ansicht, dass Google die Designs der Apple-Benutzeroberflächen geklaut habe«, erinnerte sich Schmidt. Beim zweitgenannten Thema führte Jobs das Gespräch fast allein. Google habe ihn abgezockt, sagte er in recht farbiger Ausdruckweise. »Wir haben euch in flagranti erwischt«, erklärte er. »Ich bin nicht an einem Vergleich interessiert und ich will euer Geld nicht. Und wenn ihr mir fünf Milliarden Dollar anbietet, ich will sie nicht. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher