Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
als pornografisch eingestuft wurden.
Das Problem, dass Apple sozusagen Gouvernante spielte, wurde deutlich, als ein App mit den animierten politischen Cartoons von Mark Fiore mit der Begründung, seine Angriffe gegen die Politik der Bush-Regierung verletze die Diffamierungseinschränkung, abgelehnt wurde. Diese Entscheidung wurde publik und gab Anlass zu Gespött, als Fiore im April 2010 den Pulitzer-Preis gewann. Apple musste zurückrudern und Jobs entschuldigte sich öffentlich. »Wir geben zu, dass wir Fehler machen«, sagte er. »Wir tun unser Bestes, wir lernen, so schnell wir können – aber wir dachten, diese Regel sei sinnvoll.«
Es war mehr als ein Fehler. Es beschwor das Gespenst herauf, dass Apple alles kontrolliere, was man an Apps zu sehen oder zu lesen bekäme, wenn man iPad oder iPhone nutzte. Jobs lief Gefahr, zum Orwell’schen Big Brother zu werden, den er im »1984«-Spot so vergnügt zerstört hatte. Er nahm das Problem ernst. Eines Tages rief er den Kolumnisten Thomas L. Friedman von der New York Times an, um sich mit ihm zu beraten, wie man Grenzen setzen konnte, ohne gleich als Zensor dazustehen. Er bat Friedman, eine Beratergruppe zu leiten, die entsprechende Richtlinien erarbeiten sollte. Der Verleger der Times lehnte dies jedoch mit der Begründung eines Interessenkonflikts ab, und es wurde nie ein derartiges Komitee gebildet.
Auch das Pornografieverbot verursachte Probleme. »Wir sind der Ansicht, dass es unsere Pflicht ist, Pornografie aus dem iPhone herauszuhalten«, erklärte Jobs in einer E-Mail an einen Kunden. »Leute, die Pornografie haben wollen, können sich ein Android kaufen.«
Das wiederum löste einen Austausch von E-Mails mit Ryan Tate aus, dem Redakteur von Valleywag, der Internetseite für Klatsch aus der Technologiebranche. Eines Abends, Tate genoss seinen Stinger-Cocktail, schickte er einfach eine E-Mail an Jobs, in der er Apples umbarmherzige Kontrolle darüber anprangerte, welche Apps in das Raster passten. »Wenn Dylan heute 20 wäre, wie würde er über Ihr Unternehmen denken?«, schrieb Tate. »Hätte er das Gefühl, dass das iPad auch nur im entferntesten etwas mit ›Revolution‹ zu tun hätte? Bei Revolutionen geht es um Freiheit.«
Zu seinem Erstaunen antwortete Jobs ein paar Stunden später, nach Mitternacht. »Yep«, schrieb er, »Freiheit von Programmen, die persönliche Daten stehlen. Freiheit von Programmen, die die Batterie schrotten. Freiheit von Pornografie. Yep, Freiheit. Die Zeiten ändern sich, und einige der traditionellen PC-Leute haben das Gefühl, als würde ihnen ihre Welt entgleiten. Und sie tut es.«
In seiner Antwort brachte Tate ein paar seiner Gedanken zu Flash und anderen Themen vor, kehrte dann aber zum Problem der Zensur zurück. »Wissen Sie was? Ich möchte keine ›Freiheit von Pornografie‹. Pornografie ist doch gut! Und ich glaube, meine Frau würde dem zustimmen.«
»Es könnte sein, dass Sie sich über Pornografie mehr Gedanken machen, wenn Sie Kinder haben«, erwiderte Jobs. »Es geht hier nicht um Freiheit, es geht darum, dass Apple versucht, das Richtige für seine Nutzer zu tun.« Er beendete seine E-Mail mit einem echten Hammer: »Übrigens, was haben Sie eigentlich Großartiges geleistet? Erzeugen Sie irgendetwas oder kritisieren Sie einfach nur die Arbeit von anderen und machen deren Motive schlecht?«
Tate gab zu, beeindruckt gewesen zu sein. »Es ist selten, dass der CEO sich auf diese Weise mit Kunden und Bloggern auseinandersetzt«, schrieb er. »Jobs verdient große Anerkennung dafür, das Schema des typischen amerikanischen Managers durchbrochen zu haben, und zwar nicht nur, weil sein Unternehmen diese außergewöhnlichen Produkte herstellt: Jobs hat sein Unternehmen nicht nur auf einigen sehr starken Überzeugungen zum Thema digitales Leben gegründet und wiederaufgebaut, sondern er ist auch gewillt, in aller Öffentlichkeit dafür einzustehen. Energisch. Unverblümt. Und das am Wochenende um zwei Uhr früh.« Viele in der Bloggerszene stimmten dem zu und schickten Jobs E-Mails, in denen sie seine angriffslustige Haltung lobten. Jobs war ebenfalls stolz darauf; er leitete den Schriftverkehr zwischen Tate und ihm sowie einige der Komplimente an mich weiter.
Trotzdem, irgendwie ging Apple einigen immer noch auf die Nerven, indem es entschied, dass diejenigen, die Apple-Produkte kaufen, kontroverse politische Cartoons oder auch Pornografie nicht zu sehen bekommen sollten. Die Satireseite eSarcasm.com startete
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