Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
sich in der Nähe einer Antenne befinden sollte. Wie Michael Faraday zeigte, fließen elektromagnetische Wellen um die Oberfläche eines Metalls herum, aber nicht durch das Metall hindurch. Das heißt, ein Metallgehäuse um ein Telefon kann zu dem werden, was gemeinhin als Faradaykäfig bekannt ist, wodurch die ein- und ausgehenden Signale abgeschwächt werden. Das ursprüngliche iPhone war unten mit einem Kunststoffstreifen versehen, doch Ive fand, dass dies der Integrität des Designs abträglich sei. Er verlangte, die Außenkanten rundum mit einem Aluminiumband einzufassen. Als das schließlich klappte, entwarf Ive das iPhone 4 mit einer Stahlbandeinfassung. Der Stahl wäre die strukturelle Unterstützung, würde glänzend aussehen und außerdem als Teil der Antenne des Telefons dienen.
Die Herausforderungen waren beträchtlich. Damit die Stahlbandeinfassung als Antenne genutzt werden konnte, musste sie einen winzigen Spalt aufweisen. Wenn aber jemand diesen Spalt mit einem Finger oder einer verschwitzten Handfläche abdeckte, konnte es zum Signalverlust kommen. Die Ingenieure schlugen vor, dies durch einen Klarlacküberzug auf dem Metall zu verhindern, aber wieder war Ive der Meinung, dass das vom Look des gebürsteten Metalls ablenken würde. Das Problem wurde Jobs bei verschiedenen Meetings vorgetragen, aber seiner Ansicht nach machten die Ingenieure umsonst die Pferde scheu. Sie könnten das schaffen, sagte er. Und sie taten es.
Und es funktionierte, fast perfekt. Aber eben nicht komplett. Als das iPhone 4 im Juni 2010 auf den Markt kam, sah es fantastisch aus, aber bald machte sich ein Problem bemerkbar: Wenn man das Telefon auf eine bestimmte Weise in der Hand hielt, insbesondere in der linken Hand, sodass die Handfläche den winzigen Spalt bedeckte, dann konnte ein Problem auftreten, das bei 100 Anrufen vielleicht einmal vorkam. Da Jobs darauf bestand, seine noch nicht für den Handel freigegebenen Produkte höchst geheim zu halten (das Telefon, das der Redakteur von Gizmod o in einer Bar erbeutet hatte, war noch mit einem falschen Gehäuse versehen), durchlief das iPhone 4 nicht die für die meisten elektronischen Geräte üblichen Praxistests. Die Schwachstelle wurde deshalb auch nicht vor dem massiven Kaufansturm entdeckt. »Es stellt sich die Frage, ob sich die zwei Firmenrichtlinien, Design den Vorrang vor Technik zu geben und die Einhaltung einer höchsten Geheimhaltungsstufe für noch nicht für den Handel freigegebene Produkte, für Apple ausgezahlt haben«, sagte Tony Fadell später. »Im Großen und Ganzen zwar schon, aber eine nicht kontrollierte Leistung ist keine sichere Bank, und dann passierte, was passieren musste.«
Wäre es nicht um das Apple iPhone 4 gegangen – ein Produkt, das jeden in seinen Bann geschlagen hatte –, dann hätten es die paar unterbrochenen Anrufe wohl nicht in die Nachrichten geschafft. So aber wurde das Problem unter den Schlagworten »Death Grip« (»Todesgriff«) und »Antennagate« bekannt und kochte Anfang Juli hoch, als das Magazin Consumer Reports ein paar gründliche Tests durchführte und dann schrieb, das iPhone sei wegen des Antennenproblems »nicht empfehlenswert«.
Jobs war mit seiner Familie in Kona Village auf Hawaii, als der Sachverhalt zum öffentlichen Thema wurde. Zunächst verhielt er sich defensiv. Art Levinson hielt ständigen telefonischen Kontakt mit ihm, und Jobs beharrte darauf, dass das alles Googles und Motorolas Schuld sei, die Unruhe stiften wollten. »Sie wollen Apple abschießen«, sagte er.
Levinson drängte auf etwas mehr Zurückhaltung. »Lass uns doch erst einmal herausfinden, ob an der Sache etwas dran ist«, meinte er. Als er abermals darauf zu sprechen kam, dass man Apple als arrogant ansah, nahm Jobs das nicht besonders gut auf. Das alles richtete sich gegen seine Sichtweise der Welt, schwarz und weiß, richtig und falsch. Apple war seiner Meinung nach ein Unternehmen mit Prinzipen. Wenn andere das nicht erkannten, selbst schuld. Jedenfalls sei das kein Grund für Apple, sich in Zurückhaltung zu üben.
Jobs zweite Reaktion war Schmerz. Er nahm die Kritik persönlich und litt emotional. »Aus innerster Überzeugung heraus tut er nichts, wovon er glaubt, dass es offensichtlich falsch ist, wie einige echte Pragmatiker in unserer Branche«, so Levinson. »Wenn er also glaubt, im Recht zu sein, dann wird er einfach losstürmen, statt seine Prinzipien infrage zu stellen.« Levinson bekniete ihn, sich nicht entmutigen zu
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