Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
nur das Erscheinen Reeds seine Augen zum Strahlen bringen.
Reed vergötterte seinen Vater. Kurz nachdem ich mit der Arbeit an diesem Buch begonnen hatte, kam er in den Raum, in dem ich mich aufhielt, und schlug mir vor, spazieren zu gehen, genau wie sein Vater es oft tat. Er erzählte mir mit einem intensiven, ernsten Blick, dass sein Vater kein kalter profitgieriger Geschäftsmann sei, sondern seine Motivation aus dem beziehe, was er tat, und aus dem Stolz auf die von ihm hergestellten Produkte.
Nachdem Jobs die Diagnose Krebs bekommen hatte, begann Reed, im Sommer in einem Onkologielabor der Stanford University zu arbeiten. Dort beschäftigte man sich mit DNA-Sequenzierung, um nach Genmarkern für Dickdarmkrebs zu suchen. In einem Experiment verfolgte er den Verlauf von Mutationen innerhalb von Familien. »Eine der wenigen guten Seiten an meiner Erkrankung ist die Tatsache, dass Reed eine Menge Zeit mit einigen sehr guten Ärzten verbringt«, bemerkte Jobs. »Seine Begeisterung ist exakt dieselbe, die ich in seinem Alter für Computer gefühlt habe. Ich glaube, die größte Erfindung des 21. Jahrhunderts wird die Überschneidung von Biologie und Technologie sein. Eine neue Ära beginnt, so wie damals das digitale Zeitalter, als ich so alt war wie er.«
Reed nutzte seine Krebsstudien als Grundlage für seine Abschlussarbeit, die er seiner Klasse an der Crystal Springs Uplands School vorstellte. Als er beschrieb, wie er Zentrifugen und Farbstoffe für die DNA-Sequenzierung von Tumoren verwendet hatte, saß sein Vater mit dem Rest der Familie strahlend unter den Zuhörern. »Ich stelle mir Reed vor, wie er sich mit seiner Familie hier in Palo Alto ein Haus kauft und als Arzt mit dem Fahrrad nach Stanford fährt«, sagte Jobs später.
Reed war 2009 schnell erwachsen geworden, als es so aussah, als würde sein Vater sterben. Er kümmerte sich um seine jüngeren Schwestern, während seine Eltern in Memphis waren, und entwickelte eine beschützende paternalistische Haltung. Als sich der Gesundheitszustand seines Vaters im Frühjahr 2010 jedoch stabilisierte, gewann die verspielte und neckische Seite seiner Persönlichkeit wieder die Oberhand. Eines Tages diskutierte er beim Abendessen mit seiner Familie, wohin er seine Freundin zum Essen ausführen sollte. Sein Vater schlug Il Fornaio vor, ein elegantes Restaurant in Palo Alto. Dafür hatte Reed aber keine Reservierung mehr bekommen. »Soll ich es einmal versuchen?«, fragte sein Vater. Reed lehnte dankend ab, er wollte das allein bewerkstelligen. Erin, seine etwas scheue zweitjüngste Schwester, schlug vor, für ihn im Garten ein Zelt hübsch zu dekorieren, und sie und Eve, die Jüngste, würden dort ein romantisches Essen servieren. Reed stand auf und umarmte sie mit dem Versprechen, dass er ein anderes Mal darauf zurückkommen werde.
Eines Samstags war Reed einer der vier Kandidaten des Quiz-Kids-Teams seiner Schule, das im lokalen Fernsehen auftrat. Die ganze Familie – außer Eve, die ein Reitturnier besuchte – war anwesend, um ihn anzufeuern. Als die Fernsehleute herumliefen und sich bereit machten, versuchte sein Vater, seine Ungeduld im Zaum zu halten und sich unter all den Eltern, die auf den Klappstühlen Platz genommen hatten, unauffällig zu verhalten. Aber er war aufgrund seiner Markenzeichen, Jeans und schwarzer Rollkragenpullover, deutlich zu erkennen. Eine Frau zog sich einen Stuhl neben ihn und begann, ihn zu fotografieren. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, stand er auf und setzte sich ans andere Ende der Reihe. Als Reed auf die Bühne kam, war er laut Namensschild »Reed Powell«. Der Moderator fragte die Schüler, was sie später einmal werden wollten. Reeds Antwort: »Krebsforscher.«
Jobs fuhr in seinem Zweisitzer-Mercedes SL 55 und nahm Reed mit, seine Frau folgte in ihrem eigenen Wagen mit Erin. Auf dem Heimweg fragte sie Erin, was sie für den Grund halte, warum ihr Vater sich weigert, ein Nummernschild an seinem Wagen anzubringen. »Weil er ein Rebell ist«, antwortete sie. Ich stellte Jobs später dieselbe Frage. »Manchmal folgen mir Leute, und wenn ich ein Nummernschild hätte, könnten sie herausfinden, wo ich wohne«, erwiderte er. »Aber dieser Grund ist mit Google Maps eher hinfällig. Ich glaube, der wirkliche Grund ist, weil ich einfach keines habe.«
Während Reeds Graduiertenfeier schickte mir sein Vater von seinem iPhone aus eine E-Mail, die ein einziger Jubelschrei war: »Heute ist einer der glücklichsten Tage meines
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