Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
entwickelt wurde. Raskins Ziel war der preiswerte »Rechner für die Massen«, der wie ein Haushaltsgerät konzipiert war – mit eingebautem Bildschirm und Tastatur und fertig installierter Software – und eine grafische Benutzeroberfläche bieten sollte. Er versuchte, seine Kollegen bei Apple für ein großartiges Forschungszentrum gleich nebenan in Palo Alto zu begeistern, das hinsichtlich derartiger Konzepte Pionierarbeit leistete.
Xerox PARC
Das Palo Alto Research Center der Xerox Corporation, kurz Xerox PARC, war 1970 als Brutstätte für digitale Technologien gegründet worden. Es befand sich in sicherer Distanz von der fast 5000 Kilometer entfernten Xerox-Konzernzentrale in Connecticut und ihrem kommerziellen Druck – ob das nun gut oder schlecht war. Zu den Visionären, die dort arbeiteten, gehörte der Wissenschaftler Alan Kay, der zwei Maximen hatte, denen Jobs sich anschloss: »Man kann die Zukunft am besten vorhersagen, indem man sie erfindet.« Und: »Wer es mit seiner Software ernst meint, sollte auch seine eigene Hardware machen.« Kay hatte die Vision eines kleinen Heimcomputers, des sogenannten Dynabook, den auch Kinder aller Altersstufen benutzen können sollten. Deshalb arbeiteten die Ingenieure von Xerox PARC an benutzerfreundlichen Grafikdisplays, um die Programmzeilen und DOS-Abfragen abzulösen, die Computerbildschirme so abschreckend aussehen ließen. Sie verglichen ihr Konzept mit einer Schreibtischplatte, einem Desktop . Man sollte auf dem Bildschirm zahlreiche Dokumente und Ordner ablegen können und dann einfach mit der Maus auf denjenigen klicken, den man öffnen wollte.
Diese grafische Benutzeroberfläche – abgekürzt GUI für Graphical User Interface – wurde durch eine weitere von Xerox PARC entwickelte Neuerung unterstützt: Bitmapping . Bisher arbeiteten Computer meistens auf Basis eines Zeichencodes. Man tippte eine Taste, und der Computer erzeugte das entsprechende Zeichen auf dem Bildschirm, gewöhnlich in Phosphorgrün auf schwarzem Grund. Wegen der begrenzten Anzahl von Buchstaben, Ziffern und Symbolen brauchte man dafür nur eine geringe Kapazität. Bei einem Bitmap-System wird dagegen jedes einzelne Pixel auf dem Bildschirm von Bits im Speicher des Computers gesteuert. Um auf dem Bildschirm etwas darzustellen – etwa einen Buchstaben –, muss der Rechner also jedem einzelnen Pixel sagen, wie hell oder dunkel es sein soll; bei Farbdisplays zusätzlich noch den Farbwert. Das verbraucht viel Rechenkapazität, ermöglicht aber wunderschöne Grafiken, verschiedene Schrifttypen (Fonts) und eine ausgefeilte Bildschirmgestaltung.
Bitmapping und grafische Benutzeroberflächen fanden sich bald in den Rechnerprototypen des Xerox PARC, zum Beispiel im Alto, und wurden in die dort entwickelte Objekt-orientierte Programmiersprache Smalltalk eingebaut. Jef Raskin war überzeugt, dass hier die Zukunft der elektronischen Datenverarbeitung lag, und drängte Jobs und seine Kollegen bei Apple, sich Xerox PARC anzusehen.
Raskin hatte allerdings ein Problem. Jobs hielt ihn für einen unerträglichen Theoretiker, oder, um es in Jobs’ eigener Terminologie auszudrücken, für »einen widerlichen Idioten«.Raskin rief seinen Freund Atkinson zu Hilfe, der in Jobs’ Einteilung der Welt in Genies und Idioten auf der richtigen Seite stand, um Jobs davon zu überzeugen, sich mit den Entwicklungen in Xerox PARC zu befassen. Raskin wusste allerdings nicht, dass Jobs bereits an einem komplexeren Übereinkommen feilte. Die Investitionsabteilung von Xerox wollte sich an der für Sommer 1979 angesetzten zweiten Ausgabe von Apple-Anteilen beteiligen. Jobs machte folgendes Angebot: »Ich lasse euch eine Million Dollar in Apple investieren, wenn ihr im PARC den Vorhang öffnet.« Xerox stimmte zu, Apple die neuen Technologien vorzuführen, und durfte im Gegenzug 100000 Anteile zu je zehn Dollar erwerben.
Als Apple ein Jahr später an die Börse ging, war der Xerox-Anteil von einer Million bereits 17,6 Millionen Dollar wert. Aber Apple hatte letztlich mehr von dem Geschäft. Jobs und seine Kollegen besuchten im Dezember 1979 Xerox PARC und ließen sich die neuen Technologien vorführen; als Jobs merkte, dass ihm längst nicht alles gezeigt worden war, kam er einige Tage später wieder zu einer ausführlicheren Vorführung. Larry Tesler war einer der beteiligten Xerox-Forscher; er freute sich, seine Arbeit präsentieren zu können, die seine Chefs an der Ostküste nie interessiert zu haben schien.
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